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Cactus
01.03.2014, 16:16
Seit dem Herbst hat sich in der Ukraine viel getan. Aus Protest darüber, dass Präsident Janukowitsch ein Abkommen mit der EU gestoppt hat, kam es zu andauernden Protesten, vor allem auf dem Maidan in Kiew. Teilweise waren hunderttausende Ukrainer auf der Straße, es kam zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen. Schlussendlich wurde Präsident Janukowitsch abgesetzt, woraufhin er nach Russland flüchtete. Und mittlerweile überschlagen sich die Ereignisse, vor allem auf der Krim, einer autonomen Teilrepublik mit einer großen russischstämmigen Bevölkerungsgruppe. Russische Truppen sollen bereits Flughäfe eingenommen haben, und auch die russische Duma hat schon einer Intervention in der Ukraine zugestimmt, während der Westen droht, dass ein solches Eingreifen Konsequenzen haben würde.

Auf vielen Newsseiten gibt es Liveticker, u.a. SPON (http://www.spiegel.de/politik/ausland/ukraine-liveticker-zur-krim-a-956416.html).

Wie nehmt ihr die Ereignisse wahr? Habt ihr die Entwicklungen in den letzten Monaten beobachtet, und was haltet ihr davon?

Yajack Landratasady
01.03.2014, 16:40
Sehr heftige Sache, die da grad abgeht! Im Tagesschau-Ticker les ich grad, dass das russische Parlament einem Militäreinsatz in der Ukraine zugestimmt hat! Das Hissen der russischen Flagge auf dem Parlamentsgebäude in Simferopol war erst der Anfang! Ich fürchte, da wirds ordentlich krachen! :kotz:
Ich kann da echt nur mit dem Kopf schütteln! :rolleyes:

Sternmull
01.03.2014, 18:43
Wenn die Leute auf der Krim mehrheitlich selbst so gern zu Rußland gehören wollen, dann sollen sie da halt eine Abstimmung machen und die Krim den Russen geben. Wozu sollte man jemanden zum Verbleib zwingen, der sowieso nicht will.
Anschließend sollte der Westen die restliche Ukraine dann schön unterstützen, damit die Zeit unter Janukowitsch und russischem Einfluß ausgemerzt werden kann, während sich die Leute auf der Krim in den fantastischen russischen Lebensverhältnissen suhlen und mal darüber nachdenken können, ob es eine kluge Entscheidung war sich an Putin zu klammern. ;)

JackCrow
01.03.2014, 20:09
Putin hat sich die "responsibility to protect" aber mal ganz fix von der NATO abgeschaut.

Selten schlechtes Verhalten von der EU an der Stelle. Erst handelt man mit allen Beteiligten ein Friedensabkommen aus und einen Tag später ist der nicht mehr das Papier wert, auf dem er stand. Wieder mal so ein Beispiel, bei dem wir massiv an Glaubwürdigkeit eingebüßt haben. Jetzt bleibt nur zu hoffen, dass die Spaltung der Ukaine nicht noch weiter von Außen befeuert wird, sondern unter Einbeziehung aller Parteien an eine friedlichen Lösung gearbeitet wird.

RainMaker
01.03.2014, 20:56
Das ist der potentiell gefährlichste Krisenherd auf der Welt gerade. Wenn Putin ernst macht wirds auch nicht lange dauern, bis die "Weltpolizei" eingreift ... und dann haben wir die Kacke richtig am Dampfen.

rantanplan
02.03.2014, 01:23
Putin hat sich die "responsibility to protect" aber mal ganz fix von der NATO abgeschaut.

Selten schlechtes Verhalten von der EU an der Stelle. Erst handelt man mit allen Beteiligten ein Friedensabkommen aus und einen Tag später ist der nicht mehr das Papier wert, auf dem er stand. Wieder mal so ein Beispiel, bei dem wir massiv an Glaubwürdigkeit eingebüßt haben. Jetzt bleibt nur zu hoffen, dass die Spaltung der Ukaine nicht noch weiter von Außen befeuert wird, sondern unter Einbeziehung aller Parteien an eine friedlichen Lösung gearbeitet wird.

Mit welchen Parteien ist denn mit einer friedlichen Lösung zu rechnen? Ich sehe da weder in der Ukraine welche, noch außerhalb. Die EU/NATO möchte gerne den Einfluss erweitern, ist aber nicht bereit, irgendwelche Hilfsmaßnahmen einzuleiten. Russland möchte genau das gleiche und dürfte sich ziemlich verarscht vorkommen, wo man doch seit Ewigkeiten schon die Ukraine unterstützt und billiges Gas hinliefert. Ich würds sogar verstehen, wenn der starke Mann in Russland hier mal mit Waffengewalt die russische Interessenpolitik durchsetzt, der Westen verkommt ohnehin dabei zu einer Lachnummer. Da finden drei Außenminister aus der EU eine Lösung, auf die offensichtlich dort keiner Lust hat, weder die amtierende Regierung, noch die Opposition, noch Russland. Das kann man in Deutschland als diplomatischen Erfolg verkaufen, aber eben auch nur da, hat ja in der Syrien-Frage auch schon so gar nicht geklappt. Und in der Ukraine? Hey, bis vor ein paar Tagen hat kein Mensch über die Krim berichtet, das sagt doch alles über das (geo-)politische Verständnis von deutschen Journalisten. Man wollte halt diesen (deutschen) Ukrainer Klitschko an der Macht haben, ignorierend, dass der vielzitierte Maidan, den man so gar nicht als Einheit benennen dürfte, gar keinen Bock auf Klitschko hat. Ignorierend, dass Julia Timoschenko und ihre Kohorte genauso korrupt ist, wie Janukowitsch. Einfluß ja, aber zahlen wollte die Zeche doch keiner, man kann jedenfalls hoffen, dass westliche Entscheider die Krim auf der Rechnung hatten, wenn schon nicht die Medien.

Brian Lee
02.03.2014, 02:13
Die EU/NATO möchte gerne den Einfluss erweitern, ist aber nicht bereit, irgendwelche Hilfsmaßnahmen einzuleiten.

Das würde nur einen Kredit nach dem anderen bedeuten. Ukraine braucht ja schon 35 Milliarden Euro, um bis 2015 nicht zu bankrottieren.

Sugar Landy Ratannah
02.03.2014, 07:13
Die EU/NATO möchte gerne den Einfluss erweitern, ist aber nicht bereit, irgendwelche Hilfsmaßnahmen einzuleiten. .

Die NATO kommt das vielleicht gar nicht ganz ungelegen. Kann man sein Raketenschild aufbauen und die Russen darauf hinweisen das man ja in ein souveränen Staat einmarschiert ist.

Der_Wrestling_Fan
02.03.2014, 11:28
Na ja, die Krim und Russland/Ukraine lässt sich vage mit Südtirol und Österreich/Italien vergleichen. Die Krim war halt schon immer mehr russisch und wurde quasi aus rein öknomischen Gründen an die Ukraine überstellt. Nikita Cruschtschow wollte damals, dass sich aus Gründen der Einfachheit nur eine Sowjetrepublik um diese wichtige Mündung des Don und den Zugang zum Schwarzen Meer zu kümmern hat.

Die Krim genoss daher schon immer ein gewisse Autnonomie und Selbstverwaltung innerhalb der Ukraine und war kulturell immer Russland näher; eigentlich ist es ja auch ein Teil von Russland. Kritischer wäre es, wenn die Russen Truppen in den Osten der Ukraine schicken, in dem zwar auch viele Russen leben (in Grenzgebieten halt keine Seltenheit), der aber eben mehr zur Ukraine gehört als die Krim.

Das ist der potentiell gefährlichste Krisenherd auf der Welt gerade. Wenn Putin ernst macht wirds auch nicht lange dauern, bis die "Weltpolizei" eingreift ... und dann haben wir die Kacke richtig am Dampfen.

Meiner Meinung nach wird da gerade zu viel Hysterie drum gemacht. Natürlich lässt Russland jetzt die Muskel spielen; der Zugang zum Schwarzen Meer ist für die Russische Föderation aus strategischer und auch öknomischer Sicht einfach zu wichtig. Umstürze, wie sie in der Ukraine geschehen sind, bedeuten immer auch ein Machtvakuum und Anarchie. Auf diese Faktoren müssen die Nachbarländer reagieren, da sonst die Gefahr besteht, dass eigene Interessen gefährdet werden können.

Die Russen möchten jetzt halt Präsenz zeigen. Nach der Absetzung des Pro-Russischen Präsidenten Janukowitsch möchte mann der Ukraine sagen "Hört mal, auch wenn ihr jetzt pro westlich seit haben wir Ansprüche auf der Krim." Das daraus jedoch mehr als eine diplomatische Verstimmung wird, wage ich zu bezweifeln.

Die "Weltpolizei" muss sich nach den Jahren im Irak und Afghanistan erstmal wieder neu sortieren, zudem plant man, dass Militär zu verkleinern und umzustrukturieren. Die EU ist zu sehr auf Russisches Öl angewiesen, als dass man da einen Konflikt riskiert und Russland hat momentan ebenfalls andere btw. wichtigere Probleme als einen globalen Konflitk mit dem Westen zu riskieren. Diese sind zwar noch möglich, aber deutlich schwerer als früher, da heute alles irgendwie verzahnt ist, als das ein solcher Grenzkonflikt da etwas auslösen könnte. Da sehe ich das Erstarken von radikalem Terrorismus in Nordafrika für uns (also die EU) als deutlich schwierigeren Krisenherd der Zukunft.

Ich denke, dass ganze wird sich in den nächsten Wochen wieder legen bzw. wir man auf allen Seiten die Neuwahlen in der Ukraine abwarten. Die Russen und die dann im Amt sitzende, neue Regierung der Ukraine werden einen Vertrag aushandeln, der die Autonomie der Krim und Russlands Ansprüche am schwarzen Meer garantieren wird und die Russen ziehen dann wieder ab.

Der Zerquetscher
02.03.2014, 17:02
Die "Weltpolizei" muss sich nach den Jahren im Irak und Afghanistan erstmal wieder neu sortieren, zudem plant man, dass Militär zu verkleinern und umzustrukturieren. Die EU ist zu sehr auf Russisches Öl angewiesen, als dass man da einen Konflikt riskiert und Russland hat momentan ebenfalls andere btw. wichtigere Probleme als einen globalen Konflitk mit dem Westen zu riskieren. Diese sind zwar noch möglich, aber deutlich schwerer als früher, da heute alles irgendwie verzahnt ist, als das ein solcher Grenzkonflikt da etwas auslösen könnte. Da sehe ich das Erstarken von radikalem Terrorismus in Nordafrika für uns (also die EU) als deutlich schwierigeren Krisenherd der Zukunft.


Wir können uns zwar furchtbar irren, aber wenn ich tippen müsste, würde ich sagen, dass Du Wort für Wort recht hast. So ungefähr habe ich das auch schon seit Tagen kommentiert.

DocKeule
03.03.2014, 08:05
Das sehe ich wieder komplett anders. Die Gefahr, durch einen Terroranschlag zu Schaden zu kommen ist statistisch in Europa (und den USA) praktisch Null und steht in keinem Verhältnis zu den "Maßnahmen gegen den Terrorismus" - ganz abgesehen davon, daß wir diesen Terroristen den Boden relativ leicht entziehen könnten (oder einfach mal aufhören, selbst ständig die Grundlage dafür zu erneuern).

In der Ukraine sehe ich vor allem das Problem, daß man es mit einer sehr komplexbeladenen ehemaligen Großmacht zu tun hat, die das Gefühl hat, nicht mehr den Platz in der Welt einnehmen zu können, der ihr zusteht. Das führt nicht unbedingt zu rationalem Handeln. Langfristig ist da die Frage, ob das ein Dauerzustand wird oder eher ein Symptom unter vielen für die Rückzugsgefechte der alten Kräfte ist.

Dazu kommt eben, daß die EU mit einer westlich geprägten Ukraine objektiv nicht viel anzufangen weiß. Es gibt jetzt schon schon genug "Pflegefälle" im Osten, die weder wirtschaftlich noch politisch stabil sind, als daß man sich jetzt den nächsten Patienten anlachen wollte/sollte. Gleichzeitig will man Putin nicht einfach gewähren lassen.

Ich kann mir vorstellen, daß sich Russland vergleichbar mit Georgien vor einigen Jahren eine kurze militärische Aktion in der Krim im Auge haben könnte, auch um sich den Zugang zum schwarzen Meer ein für alle Mal zu sichern.

Das Problem ist eher, was im Moment wieder an diplomatischem Porzellan zerschlagen wird. Das wird jede Zusammenarbeit in den kommenden Jahren nicht einfacher machen. Die großen Verlierer sind die Menschen in der Ukraine. Das war aber von Anfang an klar, nachdem da nie wirkliche Führungspersönlichkeiten ohne fragwürdige Hintergründe zur Debatte standen.

Der_Wrestling_Fan
03.03.2014, 13:31
Die Krimkriese lässt die Aktienkurse einbrechen o.o"
http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/grenzkonflikt-ukraine-russland-krim-krise-schockt-russische-maerkte-a-956539.html

Coach CoC
03.03.2014, 16:34
Hey, bis vor ein paar Tagen hat kein Mensch über die Krim berichtet, das sagt doch alles über das (geo-)politische Verständnis von deutschen Journalisten. Man wollte halt diesen (deutschen) Ukrainer Klitschko an der Macht haben, ignorierend, dass der vielzitierte Maidan, den man so gar nicht als Einheit benennen dürfte, gar keinen Bock auf Klitschko hat. Ignorierend, dass Julia Timoschenko und ihre Kohorte genauso korrupt ist, wie Janukowitsch. Einfluß ja, aber zahlen wollte die Zeche doch keiner, man kann jedenfalls hoffen, dass westliche Entscheider die Krim auf der Rechnung hatten, wenn schon nicht die Medien.

Die Frankfurter hat berichtet. Einfach nur ne gute Zeitung lesen. Ansonsten sind wir etwa so nah an einem internationalen Krieg wie am Jupiter. Putin setzt lediglich konsequent die Medwedew-Doktrin um, die versucht den vorhandenen Einfluß in russischen Grenzstaaten zu bewahren.

Es bleibt wie fast immer: Nicht von der Medienhysterie anstecken lasssen und die Tagesschau nicht für Nachrichten halten.

Aliminator
03.03.2014, 17:38
Was Russland (oder Putin:rolleyes:) da betreibt, ist ganz klare Weltmachtpolitik . Da werden gerade Einflusssphären abgesteckt und Putin ist nicht bereit die Ukraine als Ganzes zu verlieren.
Meine Befürchtung ist, dass es am Ende auf ein de-facto Regime auf der Krim hinauslaufen wird, in dem Kiew gar keinen Einfluss mehr haben wird, vergleichbar mit Transnistrien in Moldawien, bloß bedeutender. Der Westen wird sich nicht so sehr einmischen, um dies zu verhindern, zu großes Risiko. Ausbaden werden es die Ukrainer, was sehr traurig ist.

Insgesamt ist es schon erstaunlich, wie es Russland geschafft hat, wieder zu so einer Machtposition zu kommen, wenn man sich anschaut wie am Boden dieser Staat in den 90ern war.

Brian Lee
03.03.2014, 18:03
Meine Befürchtung ist, dass es am Ende auf ein de-facto Regime auf der Krim hinauslaufen wird

Also das Zweite nach dem in Kiew.

Aliminator
03.03.2014, 18:29
Also das Zweite nach dem in Kiew.

Nein, die Ukraine ist ein weltweit anerkannter Staat, also auch de-jure ein solcher!

CM Landratomaniac
03.03.2014, 18:31
So ist eben eine Revolution. Ganz einfach. Der ukrainische Staatsapparat ist stark geschwächt, also kommen jetzt auch Sorgen und Nöte zum Vorschein und ruhiggestellte Gruppen erheben sich jetzt ebenfalls. Die ukrainische Opposition ist sich ja jetzt schon nicht einig darüber, wie es weitergehen soll. Da ist die Krim für meinen Geschmack eher ein Nebenschauplatz. Die Krim wird über kurz oder lang noch mehr Autonomie erlangen, vielleicht wird es sogar irgendwann so kommen wie in Serben, wo sich der Kosovo und Montenegro abspalteten. Für mich unverantwortlich ist der Ruf aus der Ukraine nach der NATO. Diplomatie mit einem Militäreinsatz erzwingen - wunderbar. Die ukrainische Opposition wollte Freiheit und wollte den Sturz von Wiktor Janukowytsch. Und nun soll das Recht der Bewohner auf der Krim unterdrückt werden? Am Ende auch noch mit der NATO? Scheinheiligkeit, meine Damen und Herren!
Putin ist ein Apparatschik. Der wird keinen Krieg riskieren. Das ist nur Säbelrasseln. Platt gesagt: Dem Putin geht doch die Autonome Republik Krim am Hintern vorbei. Die Ukraine hat er schon verloren, da schert er sich nicht um eine kleine Halbinsel. Wenn die NATO dumm genug ist und tatsächlich Hilfe leistet, spielen sie allerdings Putin in die Karten. Wie gesagt, er ist ein Apparatschik, ein kühl berechnender Apparatschik. Ob die NATO und die EU so kühl bleiben, bleibt abzuwarten. Es wurde hier ja schon erwähnt: In der Republik Krim sollte es eine Volksabstimmung geben - Demokratie, liebe ukrainische Opposition; das wolltet ihr doch - und wenn die Mehrheit einen eigenen Staat will, dann ist das eben so.

Aliminator
03.03.2014, 18:45
Sorry, aber das was da auf der Krim abgeht, hat doch nix mit Demokratie zu tun. Wo wurden denn bisher demokratische Rechte der (russischsprachigen) Krimbewohner verletzt?

Und als Marinestützpunkt der russischen Armee hat die Krim sehr wohl eine herausgehobene Bedeutung für Putin, nur unter dem letzten Präsidenten konnte der Pachtvertrag schließlich verlängert werden. Wer weiß an wen die Zahlungen für den Hafen fließen, wenn die Krim (mit Sewastopol) nicht mehr unter Kontrolle Kiews ist.

Brian Lee
03.03.2014, 18:53
Nein, die Ukraine ist ein weltweit anerkannter Staat, also auch de-jure ein solcher!

Und deswegen dürfen legal gewählte Präsidenten dort einfach so gestürzt werden?

Dazu kommt dass das Parlament danach erst mal einen Gesetzvorschlag der dortigen Nazis angenommen hat, laut dem in den Gebieten mit russischer Mehrheit das Russisch als Amtssprache abgeschafft wird. Ist ja wohl klar dass das die Russen auf die Palme bringt.

CM Landratomaniac
03.03.2014, 18:57
Sorry, aber das was da auf der Krim abgeht, hat doch nix mit Demokratie zu tun. Wo wurden denn bisher demokratische Rechte der (russischsprachigen) Krimbewohner verletzt?

Und als Marinestützpunkt der russischen Armee hat die Krim sehr wohl eine herausgehobene Bedeutung für Putin, nur unter dem letzten Präsidenten konnte der Pachtvertrag schließlich verlängert werden. Wer weiß an wen die Zahlungen für den Hafen fließen, wenn die Krim (mit Sewastopol) nicht mehr unter Kontrolle Kiews ist.Noch wurden sie nicht verletzt. Doch wenn ich höre, dass die Ukraine um NATO-Unterstützung bittet, glaube ich nicht, dass das dazu beitragen soll, dass dort die Rechte der Krim-Bewohner durchgesetzt werden sollen.

Putin wird sich garantiert nicht wegen eines Marinestützpunktes mit der NATO in die Haare bekommen wollen, wenn sich die NATO ebenfalls ruhig verhält. In deinem Fall wäre es dann besser, wenn die Krim weitere Autonomie erlangt, vielleicht sogar ein eigener Kleinstaat wird. Es wäre dann zwar ein Satellitenstaat von Russland, aber wenn das die Bevölkerung so will, dann soll man sie nicht aufhalten; schon gar nicht mit Militär aufhalten. Oder die Krim wird eine Exklave wie Kaliningrad.

Glissinda der Troll
03.03.2014, 18:59
Ist halt mal wieder das gleiche Spiel wie immer. Wenn sie der EU in den Kram passen dann sind sie Freiheitskämpfer und wenn nicht Terroristen. Von russischer Seite halt anders herum.

Der_Wrestling_Fan
03.03.2014, 19:03
Und deswegen dürfen legal gewählte Präsidenten dort einfach so gestürzt werden?
[...]


Du weißt aber sicher auch, dass ein Parlament ganz legal dazu befähigt ist, einen Präsidenten abzusetzen (nur zur Erinnerung Janukowitsch wurde vom Parlament abgesetzt und nicht gestürzt), wenn dieser nach Meinung der Pralamentsmitglieder nicht mehr tragbar ist oder sich eines Amtsvergehens schuldig gemacht hat. ;)

Frank Drebin
03.03.2014, 19:07
Noch wurden sie nicht verletzt. Doch wenn ich höre, dass die Ukraine um NATO-Unterstützung bittet, glaube ich nicht, dass das dazu beitragen soll, dass dort die Rechte der Krim-Bewohner durchgesetzt werden sollen.
[...]

Aber doch erst im nach hinein oder habe ich das falsch verstanden. Der der als erstes die Souveränität eines Staates verletzte war Russland bzw. Putin, der mit Soldaten (zwar ohne Abzeichen) dort einmarschiert ist, um die russische Mehrheit vor den Horden der Ukrainer (die es nicht gab) zu schützen. Und erst im nach hinein holte sich Putin sich die Erlaubnis der Duma.

Ich sage nicht das es zeitgleich legitim ist nach einer miltitärischen Intervention zu rufen aber Putin darf man hier schon den Großteil der Schuld für diesen Konflikt zugestehen. Anscheinend ist die Welt so sehr vom Gas abhängig das der machen kann was er will.

CM Landratomaniac
03.03.2014, 19:27
Das letzte was ich weiß, ist, dass die vermummten Personen auf der Krim keine Terroristen und keine Russen waren; also keine Russen aus dem russischen Staatsgebiet.
Das kommt jetzt auch noch dazu. Man weiß gar nicht, wer was wie warum machte. Man kann nur vermuten. Deshalb bin zumindest ich sehr vorsichtig, wenn es um die Ukraine geht. Wiktor Janukowytsch ist mir genauso unsympathisch wie Teile der ukrainischen Opposition. Wenn ich da an die ukrainischen Nationalisten denke, die ebenfalls ein Teil der Opposition sind, wird mir übel.

JackCrow
03.03.2014, 19:31
Du weißt aber sicher auch, dass ein Parlament ganz legal dazu befähigt ist, einen Präsidenten abzusetzen (nur zur Erinnerung Janukowitsch wurde vom Parlament abgesetzt und nicht gestürzt), wenn dieser nach Meinung der Pralamentsmitglieder nicht mehr tragbar ist oder sich eines Amtsvergehens schuldig gemacht hat. ;)

Nach der Logik wäre die Matchergreifung der Nazis 1933 auch legal gewesen.

Sorry, aber ein Parlament, das einen Tag zuvor noch ein Friedensabkommen unterzeichnet, das die Mitwirkung des Präsidenten beim Umbruch im Land festlegt, und ihn, nachdem sich die Polizei schließlich auch auf Seiten der, teilweise sehr gewalttätigen, Demonstranten auf dem Maidan schlug, diesen absetzt (übrigens auch mit der Begründung er hätte sich nicht an eben diesen Vertrag gehalten) ist nicht unbedingt glaubwürdig.

Anyway, bei der Geschichte gibt es keine "gute" und keine "böse" Seite. Die haben in meinen Augen alle verschärft ein Rad ab da. Einzig Putins Aktion kann ich verstehen (nicht gutheißen). Die NATO bzw. die EU steht mit ihrer Osterweiterung jetzt entgültig bei ihm vor der Haustür. Das kann ihm unmöglich gefallen und das kann er auch nicht einfach so geschehen lassen, mal so rein geostrategisch betrachtet.

Frank Drebin
03.03.2014, 19:34
[...]Wiktor Janukowytsch ist mir genauso unsympathisch wie Teile der ukrainischen Opposition. Wenn ich da an die ukrainischen Nationalisten denke, die ebenfalls ein Teil der Opposition sind, wird mir übel.

Da gehe ich mit dir total konform. Wenn ich sehe das Steinmeier Vertretern der Svoboda die Hand schüttelt und sie als gleichmässigen Partner akzeptiert, dann wird mir schlecht. Aber wahrscheinlich ist das einfach nur Realpolitik die ich dann nicht mehr verstehe.

CM Landratomaniac
03.03.2014, 19:45
Da gehe ich mit dir total konform. Wenn ich sehe das Steinmeier Vertretern der Svoboda die Hand schüttelt und sie als gleichmässigen Partner akzeptiert, dann wird mir schlecht. Aber wahrscheinlich ist das einfach nur Realpolitik die ich dann nicht mehr verstehe.Geht mir auch so. Wenn das Realpolitik ist, dann kann ich damit nichts mehr anfangen.
...

Sorry, aber ein Parlament, das einen Tag zuvor noch ein Friedensabkommen unterzeichnet, das die Mitwirkung des Präsidenten beim Umbruch im Land festlegt, und ihn, nachdem sich die Polizei schließlich auch auf Seiten der, teilweise sehr gewalttätigen, Demonstranten auf dem Maidan schlug, diesen absetzt (übrigens auch mit der Begründung er hätte sich nicht an eben diesen Vertrag gehalten) ist nicht unbedingt glaubwürdig.

Anyway, bei der Geschichte gibt es keine "gute" und keine "böse" Seite. Die haben in meinen Augen alle verschärft ein Rad ab da. Einzig Putins Aktion kann ich verstehen (nicht gutheißen). Die NATO bzw. die EU steht mit ihrer Osterweiterung jetzt entgültig bei ihm vor der Haustür. Das kann ihm unmöglich gefallen und das kann er auch nicht einfach so geschehen lassen, mal so rein geostrategisch betrachtet.Das ist auch ein Punkt, durch den mir mir die Oppositionsbewegung unsympathisch wurde. Deeskalation von Seiten der Regierung, Eskalation von Seiten der Oppotition. Alles, was jetzt kommt, darf sich (auch) die Opposition auf ihre Fahnen schreiben. So sehe ich das zumindest.

Ob man die EU mit Russland vergleichen kann? Die EU ist ein Staatenverbund und Russland ist ein einziger Staat. Zugegeben ist es eine Föderation und dort gibt es ebenfalls autonome Gebiete, aber es ist doch kein Angriff auf russisches Gebiet, wenn die Ukraine in die EU eintreten sollte.

JackCrow
03.03.2014, 19:59
Ob man die EU mit Russland vergleichen kann? Die EU ist ein Staatenverbund und Russland ist ein einziger Staat. Zugegeben ist es eine Föderation und dort gibt es ebenfalls autonome Gebiete, aber es ist doch kein Angriff auf russisches Gebiet, wenn die Ukraine in die EU eintreten sollte.

Diese politische Umorientierung der NATO bedeutete zugleich einen außenpolitischen Erfolg und zusätzlichen Prestigegewinn für Gorbatschow auf dem zeitgleich stattfindenden KPdSU-Parteitag in Moskau, der seine vordem fraglich gewordene Stellung festigte.[70] Von der im Zuge dieser Verhandlungen der Sowjetunion zugesagten Zurückhaltung bei der NATO-Osterweiterung wich der Westen später ab, was in Russland Unmut hervorrief. Quelle (http://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Wiedervereinigung)

Das war im Zuge der deutschen Wiedervereinigung. Da dachte man noch an Staaten wie Tschechien, vielleicht sogar Lettland oder Litauen. Jetzt stehen "wir" bei den Russen direkt vor der Haustür. Noch Fragen?

Der_Wrestling_Fan
03.03.2014, 20:02
Ich denke, dass ist auch eine wichtige Absicht von Putin in dieser Geschichte. Er will die Ukraine politisch schwächen. Wenn die Krim sich abspaltet, Unruhen in der Ost-Ukraine dazukommen und im Gegenzug in Kiew die Ukrainischen Nationalisten an Macht gewinnen (worüber man sich als Folge dessen eigentlich nicht wunder darf), wird die Ukraine so destabilisiert, dass ein EU- oder gar NATO-Beitritt erstmal nicht mehr in Frage kommt. o.o

CM Landratomaniac
03.03.2014, 20:05
Quelle (http://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Wiedervereinigung)

Das war im Zuge der deutschen Wiedervereinigung. Da dachte man noch an Staaten wie Tschechien, vielleicht sogar Lettland oder Litauen. Jetzt stehen "wir" bei den Russen direkt vor der Haustür. Noch Fragen?Da bleibt jetzt noch die Frage, wie es zur EU-Erweiterung kam. Es ist ja nicht so, dass die EU mit Soldaten und Panzern die Staaten besetzt hat. Sicher, dieser Vertrag wurde gebrochen und da fühlen sich russische Politiker auf den Schlipps getreten. Doch es ist ja das Recht jedes Staates zu entscheiden, ob man nun EU-Mitglied wird oder nicht. Andererseits wurde gerade in der Ukraine geputscht. Schwierig.

JackCrow
03.03.2014, 20:06
Ich denke, dass ist auch eine wichtige Absicht von Putin in dieser Geschichte. Er will die Ukraine politisch schwächen. Wenn die Krim sich abspaltet, Unruhen in der Ost-Ukraine dazukommen und im Gegenzug in Kiew die Ukrainischen Nationalisten an Macht gewinnen (worüber man sich als Folge dessen eigentlich nicht wunder darf), wird die Ukraine so destabilisiert, dass ein EU- oder gar NATO-Beitritt erstmal nicht mehr in Frage kommt. o.o

Mal ehrlich, wenn ich mir diese lustige Mischung auf dem Maidan so angesehen habe... die wollte ich wirklich nicht in der EU haben. Wir haben schon genug Sorgenkinder und Bekloppte in der EU um die man sich mal kümmern müsste (Ungarn mal ganz vorne genannt).

Da bleibt jetzt noch die Frage, wie es zur EU-Erweiterung kam. Es ist ja nicht so, dass die EU mit Soldaten und Panzern die Staaten besetzt hat. Sicher, dieser Vertrag wurde gebrochen und da fühlen sich russische Politiker auf den Schlipps getreten. Doch es ist ja das Recht jedes Staates zu entscheiden, ob man nun EU-Mitglied wird oder nicht. Andererseits wurde gerade in der Ukraine geputscht. Schwierig.

Zum Einen war die russischen Föderation durch Glasnost und Perestroika intern geschwächt. Deshalb ist Gorbatschow auch heute noch der unbeliebteste Regierungschef in der Geschichte Russlands. Zum anderen wurde das in unseren Medien nur nicht ganz so heftig hoch gekocht, wie es die Russen sahen. Hier mal ein Artikel aus 2008 (http://www.krone.at/Welt/Russland_warnt_vor_NATO-Osterweiterung-Vor_NATO-Gipfel-Story-96897) (was besseres habe ich auf die schnelle nicht gefunden).

Aliminator
03.03.2014, 22:42
Und deswegen dürfen legal gewählte Präsidenten dort einfach so gestürzt werden?

Dazu kommt dass das Parlament danach erst mal einen Gesetzvorschlag der dortigen Nazis angenommen hat, laut dem in den Gebieten mit russischer Mehrheit das Russisch als Amtssprache abgeschafft wird. Ist ja wohl klar dass das die Russen auf die Palme bringt.

Die von mir gewählten Begriffe de-facto und de-jure Regime sind erstmal relativ wertfrei zu verstehen und bezeichnen einfach bloß die internationale Anerkennung eines Staates bzw. eines wie auch immer verwalteten Gebietes.

Also ja, die Ukraine dürfte noch ganz andere Dinge machen und wäre trotzdem ein de-jure Regime und die Krim nicht.

[...]In deinem Fall wäre es dann besser, wenn die Krim weitere Autonomie erlangt, vielleicht sogar ein eigener Kleinstaat wird. Es wäre dann zwar ein Satellitenstaat von Russland, aber wenn das die Bevölkerung so will, dann soll man sie nicht aufhalten; schon gar nicht mit Militär aufhalten. Oder die Krim wird eine Exklave wie Kaliningrad.

Ist halt immer die Frage, ob diese Kleinstaaterei so wünschenswert ist (es wäre nicht nur ein Satellitenstaat sondern wie Transnistrien vollkommen abhängig vom Wohlwollen Russlands) und zugleich, ob dies dann tatsächlich Demokratie wäre. Ganz nach dem Motto wenn die Mehrheit gegen uns ist, machen wir halt unser eigenes Ding und wir haben ne Mehrheit.
Ob eine Exklave eine Lösung ist, keine Ahnung, ist ja auch nicht so als ob dort 90% Russen leben würden und Kaliningrad ist sicherlich nicht gerade das beste Beispiel für eine positive Entwicklung, wobei die Krim da sicher weniger große Probleme zu überwinden hätte.

Nach der Logik wäre die Matchergreifung der Nazis 1933 auch legal gewesen.


War sie auch, gibts wenig dran zu deuteln. Die Verfassungsbrüche geschahen erst später.

JackCrow
03.03.2014, 23:02
War sie auch, gibts wenig dran zu deuteln. Die Verfassungsbrüche geschahen erst später.

Und genau deswegen ist diese Legalitätsdebatte ziemlich unsinnig.

Aliminator
03.03.2014, 23:13
Und genau deswegen ist diese Legalitätsdebatte ziemlich unsinnig.

Verstehe ich nicht. Machtergreifung und Machterhaltung sind zwei verschiedene Dinge.

JackCrow
03.03.2014, 23:18
Verstehe ich nicht. Machtergreifung und Machterhaltung sind zwei verschiedene Dinge.

Bitte? Das angeführte Argument war, dass das in der Ukraine kein Putsch sondern ein "legaler" Umsturz war, weil das Parlament halt so entscheiden konnte (also Janukovich abzusetzen). Wo ist jetzt da der Machterhalt?

Aliminator
03.03.2014, 23:37
Bitte? Das angeführte Argument war, dass das in der Ukraine kein Putsch sondern ein "legaler" Umsturz war, weil das Parlament halt so entscheiden konnte (also Janukovich abzusetzen). Wo ist jetzt da der Machterhalt?

Mir ging es um deinen Vergleich zur Machtergreifung der Nazis 1933.

JackCrow
04.03.2014, 00:02
Mir ging es um deinen Vergleich zur Machtergreifung der Nazis 1933.

Ich verstehe nicht, was du mir sagen willst.

Hennig1979
04.03.2014, 13:56
Ich denke, es wird zu keiner wirklichen Eskalation kommen im Sinne von wirklichen Gefechten. Soweit ich weiß, hat es solche auf der Krim noch nicht gegeben. Eine Eskalation ist für mein persönliches empfinden dann erreicht, wenn das erste Blut vergossen wurde.
Ich habe die Befürchtung, allein wenn nun von Eskalation gesprochen wird, trägt das viel dazu bei das es tatsächlich zu einer solchen kommen könnte. Die ganzen Staatsmänner wären gut, ich denke sehr gut beraten, gegenüber Russland ihre Wortwahl genau und bedacht zu überdenken.
Ich habe vorhin die Pressekonferenz von Putin gesehen. Und meine rausgehört zu haben, das sich die Situation vielleicht nicht nur auf die Krim beschränken, sondern auch auf andere Ostukrainische Gebiete ausweiten könnte. Auch seine Wortwahl gegenüber den bisherigen Regierungen der Ukraine seit der Unabhängigkeit von der Sowjetunion lässt wohl den Interpretationsspielraum zu, das das ganze in eine - sorry - "Heim ins Reich"-Aktion hinauslaufen könnte.
Meiner Meinung nach kann die Situation niemand anders stoppen, als die russische Bevölkerung selbst; indem Sie auch auf die Strasse geht. Gleichzeitig denke ich jedoch, das dies wohl nicht passieren wird. Die USA werden sich hüten, es auf eine wirkliche Auseinandersetzung mit Russland ankommen zu lassen. Eine derartige militärische Auseinandersetzung wäre fatal; was wohl auch beide Seiten wissen. Die EU steht sowieso, naja, etwas dumm da. Wenn die europäischen Regierungschefs Putin - zu recht - ermahnen, wissen Sie ganz genau das sie im Winter auch ihr Wohnzimmer wahrscheinlich mit russischem gas warm halten. Die Ukraine selber kann mit ihren Streitkräften den russischen wohl nicht wirklich erfolgversprechend gegenüber treten. Deswegen halte ich folgendes Szenario für das wahrscheinlichste: die russischen Solchen werden, wenn vielleicht auch nicht in der jetzigen Stärke, dableiben. Die Krim wird in Zukunft einen ähnlichen Status haben wie Südossetien, oder gar völlig autonom werden unter russischem Rockzipfel.
Es bleibt auf jeden Fall abzuwarten, was die nächsten Tage bringen werden. Wie gesagt, an eine wirkliche Eskalation glaube ich (noch) nicht. Auch weil die anderen Staaten quasi Handlungsunfähig sein werden.
Und auch, weil jeder weiß das die Krim halt schon immer russisches Interessengebiet war, ukrainisches Staatsgebiet hin oder her. Klar ist das auch nach meinen Rechtsverständnis ein Völkerrechtswidriger Einmarsch; das ändert daran jedoch nichts.
Anders könnte es aussehen, sollten russische Soldaten auch noch andere, ostukrainische Gebiete einnehmen. Dort gibt es keine Pachtverträge über irgendwelche Häfen oder sonstiges. Anders als jetzt bei der Krim wäre dies ein Schritt der mir ein bisschen Angst macht. Denn dann bezweifle ich, ob die restliche Welt bloß zusieht.

DocKeule
04.03.2014, 15:12
Man darf bei der ganzen Geschichte auch nicht vergessen, daß es auch eine innenpolitische Komponente gibt. Putin ist in Russland lange nicht mehr so unumstritten, wie er es mal war. Was ihn bisher so fest im Sattel sitzen lässt, ist daß die Opposition vollkommen aufgesplittet ist und es bisher niemanden gibt, der die verschiedene Strömungen hinter sich vereint und charismatisch genug ist, um bei der breiten Bevölkerung anzukommen.

Putin muss den starken Mann markieren und im Prinzip steht das ganze Vorgehen doch nicht nur in einer Reihe mit Georgien 2008, sondern auch der ganzen Radikalisierung und dem bizarren Personenkult von ihm und seiner Partei seit mindestens zehn Jahren. Aber er kann sich auch kein Zeichen der Schwäche erlauben, wenn er seine Position nicht gefährden will, ganz unabhängig, von objektiven russischen Interessen.

CM Landratomaniac
06.03.2014, 23:44
@JackCrow: Danke für den Link!

Hier ist der ARD-Brennpunkt, der heute von 20:15 bis 20:30 lief. (http://mediathek.daserste.de/sendungen_a-z/1082266_brennpunkt/20033010_ukraine-vor-der-spaltung) Ich weiß gar nicht, ob ich noch irgendwas dazu sagen kann oder soll. Ich habe zwar eine Meinung, aber ob diese nun richtig oder falsch ist... - ich weiß es nicht.

Brian Lee
07.03.2014, 01:20
Wenn das Referendum auf der Krim fair abläuft, finde ich es eine gute Sache.

Frank Drebin
07.03.2014, 13:59
Man darf bei der ganzen Geschichte auch nicht vergessen, daß es auch eine innenpolitische Komponente gibt. Putin ist in Russland lange nicht mehr so unumstritten, wie er es mal war. Was ihn bisher so fest im Sattel sitzen lässt, ist daß die Opposition vollkommen aufgesplittet ist und es bisher niemanden gibt, der die verschiedene Strömungen hinter sich vereint und charismatisch genug ist, um bei der breiten Bevölkerung anzukommen. [...]

Aber es ist doch auch so das oppositionelle Gruppen/Personen nach wie vor nicht nur zerstritten sondern vorallem in Russland unterdrückt werden. Da wird mal der verhaftet, dort eine Demonstration (sofern sie nicht von vorherein verboten wird) gesprengt usw. Es kann sich ja gar kein politischer Widerstand dort bilden.

Die Krim Regierung will also den Betritt zu Russland und das ganze in 10 Tagen (!) per Referendum durch die Bevölkerung legitimieren was sowieso so schon beschlossene Sache ist. Ich glaube kaum das man da von einer fairen Abstimmung sprechen kann. Zumal jetzt wohl schon (Stimmberechtigte) Menschen in die Ost-Ukraine flüchten. Also die ganze Situation ist bizarr

Creed
07.03.2014, 14:05
Die Krim Regierung will also den Betritt zu Russland und das ganze in 10 Tagen (!) per Referendum durch die Bevölkerung legitimieren was sowieso so schon beschlossene Sache ist. Ich glaube kaum das man da von einer fairen Abstimmung sprechen kann. Zumal jetzt wohl schon (Stimmberechtigte) Menschen in die Ost-Ukraine flüchten. Also die ganze Situation ist bizarr

Wobei ich die Aufregung wegen der kurzen Zeit auch nicht so ganz verstehe. Über den Beitritt der Krim zu Russland wird ja auch nicht erst seit gestern diskutiert. Da hatte man eigentlich genug Zeit sich eine Meinung zu bilden und ich denk bei den meisten würde sich die auch nicht ändern wenn die Wahl erst in einem halben Jahr ist.

Der_Wrestling_Fan
08.03.2014, 11:24
Na ja, angeblich gibt es ja sogar Progonosen, nach denen 60% der Krimbewohner sogar dagegen sind, dass die Krim wieder ein Teil von Russland wird. Von daher bleibt abzuwarten wie "fair" dieses Referendum wird, wenn nicht mal internationale Beobachter zugelassen sind und der pro-Russische Gouverneur der Krim quasi schon andeutet, dass der Anschluss schon beschlossene Sache ist. Zu mal alles andere als ein überwältigendes "Ja" für Putin nach all dem Machtspielchen schon peinlich wäre, selbst wenn am Ende sagen wir mal knapp dafür gestimmt werden würde, dass man wieder ein Teil von Russland wird. Aber ich denke, es werden am Tag des Refrendums mit den entscheidenen "Argumenten" schon dafür gesorgt werden, dass dieses so "fair" sein wird, wie die Ablösung von Janukowitsch in Kiew "legitim" war. ;)

JackCrow
08.03.2014, 21:17
Na ja, angeblich gibt es ja sogar Progonosen, nach denen 60% der Krimbewohner sogar dagegen sind, dass die Krim wieder ein Teil von Russland wird. Von daher bleibt abzuwarten wie "fair" dieses Referendum wird, wenn nicht mal internationale Beobachter zugelassen sind und der pro-Russische Gouverneur der Krim quasi schon andeutet, dass der Anschluss schon beschlossene Sache ist. Zu mal alles andere als ein überwältigendes "Ja" für Putin nach all dem Machtspielchen schon peinlich wäre, selbst wenn am Ende sagen wir mal knapp dafür gestimmt werden würde, dass man wieder ein Teil von Russland wird. Aber ich denke, es werden am Tag des Refrendums mit den entscheidenen "Argumenten" schon dafür gesorgt werden, dass dieses so "fair" sein wird, wie die Ablösung von Janukowitsch in Kiew "legitim" war. ;)

Auf welcher Grundlage glaubst du eigentlich, dass die kolportierten Prognosen stimmen, bzw. dass das Ergebnis, wenn es nicht gegen den Anschluss ausfällt, "falsch" ist?

Aliminator
08.03.2014, 22:42
Vielleicht könnte man als Indiz dafür anführen, dass die Partei bzw. Person die sich gerade an der Spitze der Krim gesetzt hat (wurde?), bei der letzten Wahl sagenhafte 4% erreichte.

Abstimmungen wie diese (http://de.wikipedia.org/wiki/Volksabstimmung_in_Oberschlesien), sollten eine historische Warnung sein. (Wenngleich dies zugegebenermaßen freilich schwierig zu vergleichen ist.)

JackCrow
08.03.2014, 22:51
Vielleicht könnte man als Indiz dafür anführen, dass die Partei bzw. Person die sich gerade an der Spitze der Krim gesetzt hat (wurde?), bei der letzten Wahl sagenhafte 4% erreichte.

4% in der ganzen Ukraine oder auf der Krim? Hast du da eine Quelle?

Aliminator
09.03.2014, 01:18
Nein, nur auf der Krim im Regionalparlament. Hier (http://www.spiegel.de/politik/ausland/sergej-aksjonow-er-soll-es-fuer-putin-auf-der-krim-richten-a-956669.html) dazu eine Quellenangabe.

Allerdings bin ich nicht mit der sonstigen Zusammensetzung des Parlaments vertraut, also ob es da noch andere Kräfte gibt, die eher prorussisch einzustufen wären.

JackCrow
09.03.2014, 01:44
Nein, nur auf der Krim im Regionalparlament. Hier (http://www.spiegel.de/politik/ausland/sergej-aksjonow-er-soll-es-fuer-putin-auf-der-krim-richten-a-956669.html) dazu eine Quellenangabe.

Allerdings bin ich nicht mit der sonstigen Zusammensetzung des Parlaments vertraut, also ob es da noch andere Kräfte gibt, die eher prorussisch einzustufen wären.

Danke, aber in dem Artikel steht nichts von 4%.

CM Landratomaniac
09.03.2014, 01:52
Danke, aber in dem Artikel steht nichts von 4%.Im ersten Absatz steht es glaube ich. "[...]Sergej Aksjonow hat eine Blitzkarriere hinter sich. Noch vor einer Woche war der 41-Jährige ein Hinterbänkler, einer von drei Abgeordneten der Russland-treuen Partei Russische Einheit im Regionalparlament der Krim. Bei den Wahlen auf der Halbinsel 2010 hatte die Partei vier Prozent geholt. Doch seit einigen Tagen führt sich Aksjonow als Krim-Chef auf.[...]"


Ich frage mich, was die Volksabstimmung bringen soll. Es ist doch sowieso schon entschieden. Abgesehen davon: Wenn Pro Russland entschieden wird, hat 'der Russe' manipuliert. Wenn Pro EU entschieden wird, hat die EU manipuliert. So oder so, der Verlierer wird die Wahl anfechten.

JackCrow
09.03.2014, 01:56
Im ersten Absatz steht es glaube ich. "[...]Sergej Aksjonow hat eine Blitzkarriere hinter sich. Noch vor einer Woche war der 41-Jährige ein Hinterbänkler, einer von drei Abgeordneten der Russland-treuen Partei Russische Einheit im Regionalparlament der Krim. Bei den Wahlen auf der Halbinsel 2010 hatte die Partei vier Prozent geholt. Doch seit einigen Tagen führt sich Aksjonow als Krim-Chef auf.[...]"

Ich sollte wohl schlafen gehen... danke. ;)


Ich frage mich, was die Volksabstimmung bringen soll. Es ist doch sowieso schon entschieden.

Ist es das? Mir scheint es eher so, dass sowohl die Ukraine, als auch die Krim jetzt gerade wählen könnten, was sie wollten, eine der Parteien, also Russland oder "der Westen" würde immer einen Grund finden, die Wahl nicht anzuerkennen, wenn das Ergebnis nicht wunschgemäß ist.

CM Landratomaniac
09.03.2014, 02:10
Ist es das? Mir scheint es eher so, dass sowohl die Ukraine, als auch die Krim jetzt gerade wählen könnten, was sie wollten, eine der Parteien, also Russland oder "der Westen" würde immer einen Grund finden, die Wahl nicht anzuerkennen, wenn das Ergebnis nicht wunschgemäß ist.Sergej Aksjonow orientiert sich Richtung Russland, wurde vom Krim-Parlament zum (Übergangs-)Ministerpräsident ernannt und das Parlament stimmte für einen Beitritt in die Russische Föderation. Vielleicht sehe ich das alles viel zu pessimistisch, aber sollte die Mehrheit 'westlich' wählen, glaube ich nicht, dass das Parlament diese Wahl akzeptiert. Irgendein Schlupfloch wird sicher gefunden und ich glaube eher, dass die pro-russische Seite Gewalt anwenden wird.
Abgesehen davon frage ich mich, was mit denen passiert, die - sollte die Wahl 'russisch ausgehen' - für die Ukraine stimmten. Werden die Krimtataren vertrieben?

JackCrow
09.03.2014, 15:09
Sergej Aksjonow orientiert sich Richtung Russland, wurde vom Krim-Parlament zum (Übergangs-)Ministerpräsident ernannt und das Parlament stimmte für einen Beitritt in die Russische Föderation. Vielleicht sehe ich das alles viel zu pessimistisch, aber sollte die Mehrheit 'westlich' wählen, glaube ich nicht, dass das Parlament diese Wahl akzeptiert. Irgendein Schlupfloch wird sicher gefunden und ich glaube eher, dass die pro-russische Seite Gewalt anwenden wird.
Abgesehen davon frage ich mich, was mit denen passiert, die - sollte die Wahl 'russisch ausgehen' - für die Ukraine stimmten. Werden die Krimtataren vertrieben?

Und umgekehrt steht die Frage im Raum, was passiert, wenn die Ukraine sich komplette von Russland abwendet. Was passiert dann mit der russischen Minderheit und den pro-russischen Kräften? Die Lage ist da extrem verzwickt.

Brian Lee
09.03.2014, 16:03
Krim zu Russland, Ukraine föderalisieren. Das scheint mir die beste Variante.

Aliminator
09.03.2014, 18:13
Und umgekehrt steht die Frage im Raum, was passiert, wenn die Ukraine sich komplette von Russland abwendet. Was passiert dann mit der russischen Minderheit und den pro-russischen Kräften? Die Lage ist da extrem verzwickt.

Nur haben die Ukrainer und Krimtataren bereits 70 Jahre russische Bevormundung erlebt, ich würde behaupten da sind die Ressentiments deutlich stärker ausgeprägt, als andersrum. (ohne dies mit Sicherheit behaupten zu können, dem um ehrlich zu sein, weiß ich, wie viele andere sicher auch, nur oberflächlich über die Situation in der Krim bescheid)

CM Landratomaniac
10.03.2014, 17:07
Und umgekehrt steht die Frage im Raum, was passiert, wenn die Ukraine sich komplette von Russland abwendet. Was passiert dann mit der russischen Minderheit und den pro-russischen Kräften? Die Lage ist da extrem verzwickt.Ich würde es im ersten Moment ebenfalls so beantworten:
Nur haben die Ukrainer und Krimtataren bereits 70 Jahre russische Bevormundung erlebt, ich würde behaupten da sind die Ressentiments deutlich stärker ausgeprägt, als andersrum. (ohne dies mit Sicherheit behaupten zu können, dem um ehrlich zu sein, weiß ich, wie viele andere sicher auch, nur oberflächlich über die Situation in der Krim bescheid)


Und wenn es tatsächlich nach der Volksabstimmung zwischen der pro-europäischen und der pro-russischen Seite ruhig bleiben sollte - ein schöner Traum, der wohl nicht in Erfüllung geht -, dann gibt es immer noch diese netten Leute (http://www.tagesschau.de/ausland/weltspiegel748.html), die hier auch schon erwähnt wurden, die ebenfalls der Maidan-Opposition angehören und die jetzt in der Übergangsregierung sitzen. Diese wollen einen dritten Weg gehen. EU? Russland? Nein! Heil Ukraine!

Aliminator
10.03.2014, 18:12
Und wenn es tatsächlich nach der Volksabstimmung zwischen der pro-europäischen und der pro-russischen Seite ruhig bleiben sollte - ein schöner Traum, der wohl nicht in Erfüllung geht -, dann gibt es immer noch diese netten Leute (http://www.tagesschau.de/ausland/weltspiegel748.html), die hier auch schon erwähnt wurden, die ebenfalls der Maidan-Opposition angehören und die jetzt in der Übergangsregierung sitzen. Diese wollen einen dritten Weg gehen. EU? Russland? Nein! Heil Ukraine!

Und es ist zu befürchten das diese Strömungen enormen Zulauf erhalten würden, würde die Volksabstimmung auf der Krim pro Russland ausgehen.

CM Landratomaniac
10.03.2014, 18:18
Und es ist zu befürchten das diese Strömungen enormen Zulauf erhalten würden, würde die Volksabstimmung auf der Krim pro Russland ausgehen.Das befürchte ich auch. Russland ist, denke ich, die größere 'Bedrohung' für die ukrainische Nationalisten. Der Westen ist nicht gut und das 'sündenhafte Leben' des Westens muss mit allen nationalen Kräften gemeinsam bekämpft werden - sage ich jetzt mal stellvertretend für einen ukrainischen Nationalisten. Doch wenn ich mich zwischen dem sündenhaften Westen und der Resowjetisierung entscheiden müsste und dabei die Geschichte im Hinterkopf habe - her mit allen Sünden des Westens!
Aber was mir als ukrainischer Nationalist nicht schmecken würde: die Juden!

ultrawrestling
14.03.2014, 15:46
Ihr wollt Bilder, ihr kriegt Bilder: http://www.militaryphotos.net/forums/showthread.php?234849-Uprising-in-Ukraine-%28Photos-and-Videos%29&p=7009708&viewfull=1#post7009708

Wer sich diese Bilder anschaut, weiss, dass auf jeden Fall in der Hauptsstadt der Ukraine etwas nicht rund gelaufen ist.

Den Rest der Berichte würde ich aber nicht glauben. Wem das wirklich interessiert, der/die kann ganz einfach hinfahren und sich das anschauen. So weit ist die Ukraine nun auch nicht weg.

Spiegel Online (bzw. Spiegel, Fokus und die öffentlich-rechtlichen Fernsehprogramme) würde ich nicht als Quelle benutzen. Focus und Spiegel sind vom BND unterwandert, das ist schon seit Jahren bekannt. Bestimmte Nachrichten über das Ausland werden manipuliert. Siehe z.B, den "Schäfer-Bericht". Die Öffentlichen sind in Deutschland immer beeinflusst von den regierenden Parteien, die privaten Sender von ihrer Kooperationspolitik bspw. in Russland oder mit Konzernen in Russland-gegnerischen Regionen. Internetmedien lassen sich noch leichter manipulieren, und hier lassen sich Daten meist auch nicht überprüfen.

Das Beste ist also wirklich, wenn man sich die Sache selbst anschaut - vor Ort ist,

rantanplan
14.03.2014, 23:02
Und was sagen mir dann die Leute auf dem Maidan? Was sagen mir die Leute auf der Krim? Vielleicht sitzen auch im Osten der Ukraine einige Leute, die sich eine Anbindung, eine Annexion von Moskau erhoffen.

Syrien ist auch nicht viel weiter weg, was erfahre ich da vom Assad-Regime? Was von den gemäßigten Oppositionellen? Okay, letztere kann es in Syrien wohl nicht mehr geben, zuviel Blut ist geflossen, aber geht es da noch um Recht und Unrecht? Da führen einige ihren Heiligen Krieg und Assad wird wohl nicht so unrecht haben, wenn er von Terroristen spricht. Dass in dem Land Reformen notwendig sind, streitet er auch nicht ab, Putin aber auch nicht.

Zurück zur Ukraine, die meisten von uns können sich noch an die Zeit der orangenen Revolution erinnern, unter anderem mit jetzt Ex-Knacki Timuschenko, Ob man Klitschko nun viel zutrauen mag, ich tu es nicht, aber vielleicht mag ich die Schwergewichtsszene im Boxen auch nicht so wie andere. Sind die beiden nun Heilsbringer, oder Marionetten des Westens? Beide haben einen engen Bezug zu Deutschland, macht sie das automatisch zu Demokraten und Freiheitskämpfern? Einer der besten Menschen die Deutschland zu bieten hat, ist gestern zu 3 1/2 Jahren Knast verurteilt worden, ob zurecht, darüber streitet sich Fußballdeutschland. Wenn der Adidas-Chef jetzt Aufsichtsratschef des FCB ist, sein Vorgänger offenbar Hoeneß die Zockermillionen geliefert hat, wer bitte will da über die Ukraine richten?

Die Meinung des "Volkes" ist da sehr vielfältig, in Deutschland, in Russland, in der Ukraine, in Syrien, gewaltfrei geht es da bestenfalls bei uns zu, Bilder aus Hamburg zeigen da aber auch anderes. Bilder wie in Hamburg wird man in Nordkorea wohl gar nicht zu sehen bekommen, also was nun?

Ginge es um Recht und Unrecht, hätte man vielleicht einige Konflikte in der Welt schon beilegen können, wenn wir dagegen von Macht und Interessen sprechen, bringen die Bilder herzlich wenig, friedliche Demonstranten werden nicht einfach so zu Steinewerfern, die Waffen haben sie in der Regel auch nicht sonst im Wohnzimmer, ansonsten droht der nächste Aufstand bei der neuerlichen Tarifrunde im öffentlichen Dienst. Ja, hier bei uns. Es hat nur keiner ein Interesse, in Deutschland so etwas auszulösen, noch nicht.

Nur sieht der Russe es eben auch nicht gerne, wenn der Westen mit seiner Territorialpolitik völkerrechtswidrig Land für Land einnimmt, Juntas einrichtet, ungeachtet ob diese nun demokratisch sind, die Menschenrechte achten oder eben nicht. Warum sollte er auch? Russland klammert sich an seine Rolle als Global Player (und zählt nicht einmal zu den G7 der größten Industrienationen), so wie Deutschland, Großbritannien mit seinen Empire-Träumen und Frankreich die EU als Global Player etablieren wollen. Die Amis befinden sich ohnehin im Niedergang, nur warum redet keiner mit China? Weil die noch keine Lust haben zu intervenieren? Möge der Westen Eurasien zugepflügt haben mit Marionetten, bis man merkt, dass Stützpunkte in Sewastopol, Kabul und Co auch nicht viel bringen, in einem Handels- und Cyberkrieg. Bis dahin viel Spaß mit Mütterchen Russland, dem doch eigentlich schon die Zähne ausgefallen sind, vorführen kann das Mütterchen den Westen immer noch.

DocKeule
16.03.2014, 10:43
Scheinbar gibt es bei der Abstimmung gar keine Option, einen Anschluss an Russland abzulehnen bzw. für einen Verbleib bei der Ukraine zu stimmen. Es kann entweder der sofortige Anschluss an Russland gewählt werden oder eine Unabhängigkeit von der Ukraine nach der nie in Kraft getretenen Verfassung von 1992, die nahezu zwangsläufig in einem Anschluss an Russland münden wird. Quelle (http://orf.at/stories/2221217/2221216/)

Sugar Landy Ratannah
16.03.2014, 10:49
Scheinbar gibt es bei der Abstimmung gar keine Option, einen Anschluss an Russland abzulehnen bzw. für einen Verbleib bei der Ukraine zu stimmen. Es kann entweder der sofortige Anschluss an Russland gewählt werden oder eine Unabhängigkeit von der Ukraine nach der nie in Kraft getretenen Verfassung von 1992, die nahezu zwangsläufig in einem Anschluss an Russland münden wird. Quelle (http://orf.at/stories/2221217/2221216/)

Wer die Wahl hat hat die Qual. :salook:

Ich hoffe Russland hat sich dieses Spiel mit dem Feuer gut überlegt. Von der Ukrainischen Grenze nach Moskau sind es 450 km, die Strecke würden auch selbstgebaute Raketen schaffen.

Der_Wrestling_Fan
16.03.2014, 13:51
Wenigstens ist die Wahl transparent ;)
http://images.scribblelive.com/2014/3/16/3d639254-7e57-4ecf-af31-019d7843eca6.jpg

CM Landratomaniac
16.03.2014, 20:03
Wenigstens ist die Wahl transparent ;)
http://images.scribblelive.com/2014/3/16/3d639254-7e57-4ecf-af31-019d7843eca6.jpgIst das wirklich ein Bild von einer Wahlurne, wie während der Volksabstimmung benutzt werden?

Bilo
16.03.2014, 20:20
Ich meine ja, weil ich ein ähnliches Bild auf der ARD Seite gesehen habe

ultrawrestling
17.03.2014, 00:16
Venedig stimmt auch über die Unabhängigkeit von Italien und der EU ab.

Nur mal so, am Rande... (Russische Medien berichten darüber.)

CM Landratomaniac
17.03.2014, 00:26
Venedig stimmt auch über die Unabhängigkeit von Italien und der EU ab.

Nur mal so, am Rande... (Russische Medien berichten darüber.)Schweizer Medien auch (http://www.schweizmagazin.ch/nachrichten/ausland/18620-Venedig-stimmt-ber-Unabhngigkeit-von-Italien-und-NATO.html). Dann mal viel Spaß. Mal sehen, wie sie Venedig ohne EU-Gelder vor dem Einsturz bewahren wollen. :D

Little Jacob
17.03.2014, 00:45
Vermutlich hat man in Venedig einfach eine zu große Panik, daß der Euro auf Dauer nicht so eine stabile Währung wie die gute alte Lira damals ist. ;)

Sugar Landy Ratannah
17.03.2014, 01:04
Schweizer Medien auch (http://www.schweizmagazin.ch/nachrichten/ausland/18620-Venedig-stimmt-ber-Unabhngigkeit-von-Italien-und-NATO.html). Dann mal viel Spaß. Mal sehen, wie sie Venedig ohne EU-Gelder vor dem Einsturz bewahren wollen. :D

Ich glaube die meisten hätten schon keine Lust mehr wenn sie merken, das sie um nach Italien zu kommen ein Visum brauchen und die EU-Freizügigkeit außerhalb der EU wohl nicht gilt. ^^

Aliminator
17.03.2014, 21:53
Ich komme mal zum eigentlichen Thema zurück. Das Wahlergebnis soll ja so was ich jetzt gelesen habe, bei 96.x% Zustimmung zum Beitritt zu Russland gelegen haben. Damit hätte man also schon mal wieder fast sowjetische Verhältnisse, was die Wahlergebnisse betrifft.

El Clon
17.03.2014, 23:43
Ich komme mal zum eigentlichen Thema zurück. Das Wahlergebnis soll ja so was ich jetzt gelesen habe, bei 96.x% Zustimmung zum Beitritt zu Russland gelegen haben. Damit hätte man also schon mal wieder fast sowjetische Verhältnisse, was die Wahlergebnisse betrifft.

Wobei es ja, wenn ich die Lage richtig verstanden habe, einen Boykott der Wahl der Anti-Russland-Fraktion gegeben haben soll. Das erklärt die hohe Zustimmungsrate ohne gleich böses zu vermuten. Wer nicht wählt, wird nicht gezählt.

Glissinda der Troll
17.03.2014, 23:47
Das ganze ist von beiden Seiten bescheuert. So kurzfristig wie die Wahl abgelaufen ist war ja klar das da nix mit rechten Dingen zu geht. Aber der Westen hat auch gleich gesagt er erkennt so ein Referendum sowieso nicht an. Wieso sollte man sich dann noch die Mühe machen das vernünftig vorzubereiten und durchzuführen?

Landnani
18.03.2014, 01:54
Wobei es ja, wenn ich die Lage richtig verstanden habe, einen Boykott der Wahl der Anti-Russland-Fraktion gegeben haben soll. Das erklärt die hohe Zustimmungsrate ohne gleich böses zu vermuten. Wer nicht wählt, wird nicht gezählt.

Offiziell haben 83% aller Wahlberechtigten abgestimmt. ;-)

Langsam mach ich mir Sorgen. Dass die Russen die Wahl fälschen und gewinnen, war klar. Aber wer so schlampig lügt, ist unheimlich.

Sugar Landy Ratannah
18.03.2014, 09:27
Wobei es ja, wenn ich die Lage richtig verstanden habe, einen Boykott der Wahl der Anti-Russland-Fraktion gegeben haben soll. Das erklärt die hohe Zustimmungsrate ohne gleich böses zu vermuten. Wer nicht wählt, wird nicht gezählt.

Und was hätten diese wählen sollen, wenn man nur für ja stimmen kann und nicht für nein?

JackCrow
18.03.2014, 10:13
Langsam mach ich mir Sorgen. Dass die Russen die Wahl fälschen und gewinnen, war klar. Aber wer so schlampig lügt, ist unheimlich.

Weshalb sollten sie weniger schlampig lügen? Der Westen hat vorher schon angekündigt, das Referendum nicht akzeptieren zu wollen. Für die muss man also nicht mehr lügen.

DocKeule
18.03.2014, 10:48
Weshalb sollten sie weniger schlampig lügen? Der Westen hat vorher schon angekündigt, das Referendum nicht akzeptieren zu wollen. Für die muss man also nicht mehr lügen.

Wobei man natürlich schon auch argumentieren könnte, daß wenn man die USA und die EU in der Sache schlecht aussehen lassen möchte, man schon etwas subtiler vorgehen müßte. Es ist ja nicht so, daß es nicht "im Westen" auch Potenzial für Kritik an der eigenen Regierung gibt, aber so gibt man denen natürlich nicht viel in die Hand.

JackCrow
18.03.2014, 11:01
Wobei man natürlich schon auch argumentieren könnte, daß wenn man die USA und die EU in der Sache schlecht aussehen lassen möchte, man schon etwas subtiler vorgehen müßte. Es ist ja nicht so, daß es nicht "im Westen" auch Potenzial für Kritik an der eigenen Regierung gibt, aber so gibt man denen natürlich nicht viel in die Hand.

Könnte man. Ich denke aber eher, dass, ähnlich wie in den USA vor dem Irakkrieg, erstmal die eigene Bevölkerung "auf Kurs" gebracht werden soll. Wenn man sich die russischen Nachrichtensendungen so ansieht, brauchten die noch ein starkes Referendum, dass dann als "Zeichen" bzw. als Hilferuf der Bevölkerung der Krim gewertet werden kann. Und das haben sie, wie bestellt, bekommen.
Dass der Westen in dem Fall eine "lame duck" ist, haben die Jungs im Kreml, denke ich, schon vorab gut erkannt. Wegen der Krim bricht die NATO sicherlich keinen Krieg vom Zaun. Und die angedrohten Wirtschaftssanktionen klingen in russischen Ohren wohl eher nach "ich halte jetzt so lange die Luft an, bis du machst, was ich sage".

Ivanhoe
18.03.2014, 12:13
Russland wurde offensichtlich vorerst aus den G8 "suspendiert".

Fabius: Russland aus G-8 suspendiert
Russland ist nach Angaben von Frankreichs Außenminister Laurent Fabius aus der Gemeinschaft der führenden Wirtschaftsnationen (G-8) suspendiert worden. „Wir haben beschlossen, Russlands Teilnahme auszusetzen“, sagte Fabius heute dem Sender Europe 1

Quelle (http://news.orf.at/#/stories/2222539/)


Wie Putin darauf wohl reagieren wird? Oder gar nicht?

Landnani
18.03.2014, 12:25
Könnte man. Ich denke aber eher, dass, ähnlich wie in den USA vor dem Irakkrieg, erstmal die eigene Bevölkerung "auf Kurs" gebracht werden soll. Wenn man sich die russischen Nachrichtensendungen so ansieht, brauchten die noch ein starkes Referendum, dass dann als "Zeichen" bzw. als Hilferuf der Bevölkerung der Krim gewertet werden kann. Und das haben sie, wie bestellt, bekommen.
Dass der Westen in dem Fall eine "lame duck" ist, haben die Jungs im Kreml, denke ich, schon vorab gut erkannt. Wegen der Krim bricht die NATO sicherlich keinen Krieg vom Zaun. Und die angedrohten Wirtschaftssanktionen klingen in russischen Ohren wohl eher nach "ich halte jetzt so lange die Luft an, bis du machst, was ich sage".

Geschickter lügen sollten sie wegen der eigenen Bevölkerung. Die Machtdemonstration eine Wahl zu fälschen ist mE weniger wirkungsvoll als die Demonstration eines gefälschten Volksvotums aufgrund echter öffentlicher Anerkennung.

Mich beschäftigt inzwischen jedoch weniger das Symptom als viel mehr das Motiv.

Was ist Putins politisches Ziel?

Seine schwulenfeindliche Hetze und die Selbstverehrung in Sotschi waren bereits bedenklich laute Töne. Aber die Krim-Krise ist eine andere Dimension. Will Putin damit nur wieder mit den USA und China gleichziehen, die in den letzten Jahren ihre Macht skrupelloser präsentiert haben? Die alternative Erklärung fände ich deutlich beunruhigender: Möglicherweise ist Russland politisch sehr viel instabiler als ich bisher dachte.

Fox Black
18.03.2014, 16:18
Eigentlich kann das ja nicht gut gehen, da ich glaube, das weder Putin noch Obama klein beigeben werden, da jeder halt sein Gesicht und das seiner Nation wahren will. Und Merkel und Steinmeier sollen da auch noch so was wie die Vermittler spielen, aber in Sachen Krisenmanagement haben die sich bisher auch nicht grad mit Ruhm bekleckert. Leider ist der einzige Weg Putin zum Nachgeben zu bewegen halt ihm zu zeigen, wo der Hammer hängt, da für Putin Stärke halt eine entscheidende Rolle spielt. Kuschelkurs kann man mit dem vergessen. Da lacht der nur drüber.

Landnani
18.03.2014, 17:41
Eigentlich kann das ja nicht gut gehen, da ich glaube, das weder Putin noch Obama klein beigeben werden, da jeder halt sein Gesicht und das seiner Nation wahren will. Und Merkel und Steinmeier sollen da auch noch so was wie die Vermittler spielen, aber in Sachen Krisenmanagement haben die sich bisher auch nicht grad mit Ruhm bekleckert. Leider ist der einzige Weg Putin zum Nachgeben zu bewegen halt ihm zu zeigen, wo der Hammer hängt, da für Putin Stärke halt eine entscheidende Rolle spielt. Kuschelkurs kann man mit dem vergessen. Da lacht der nur drüber.

Steinmeier hat sich bei der Vermittlung des Waffenstillstands in der Ukraine sehr wohl mit Ruhm bekleckert. Ich glaube, das war das erste Mal seit Jahrzehnten, dass ein deutscher Außenminister in der internationalen Politik mehr bewegt hat als das Erhitzen von Luft.

Wenn es darum geht zwischen USA und Russland zu vermitteln, haben sie keine Chance. Da stelle ich sogar das "Phantom des Bundestags" Frau Merkel von jeder Verantwortung frei, die sie ja so virtuos zu umschiffen versteht.

JackCrow
18.03.2014, 17:57
Steinmeier hat sich bei der Vermittlung des Waffenstillstands in der Ukraine sehr wohl mit Ruhm bekleckert. Ich glaube, das war das erste Mal seit Jahrzehnten, dass ein deutscher Außenminister in der internationalen Politik mehr bewegt hat als das Erhitzen von Luft.

Du meinst dieses lustige Papier, das, nachdem die Sicherheitskräfte am Tag danach zu den "Maidankämpfern" übergelaufen waren, nichts mehr wert war und keinen, Steinmeier eingeschlossen, mehr interessiert hat?

Landnani
19.03.2014, 11:19
Du meinst dieses lustige Papier, das, nachdem die Sicherheitskräfte am Tag danach zu den "Maidankämpfern" übergelaufen waren, nichts mehr wert war und keinen, Steinmeier eingeschlossen, mehr interessiert hat?

Genau das. Ein temporäres Element politischer Annäherung ist das, was man von einem vermittelnden Außenminister erwartet und womit man absolut nicht von einem vermittelnden deutschen Außenminister rechnet. =)

Brian Lee
19.03.2014, 16:43
Am Besten war ja noch das Bild, auf dem er mit strahlendem Lächeln dem Swoboda-Chef die Hand schüttelt.

Brian Lee
20.03.2014, 00:22
Drei Parlamentsabgeordnete der rechtsradikalen Partei "Swoboda" zwingen den Chef des ukrainischen Staatssenders, "auf eigenen Wunsch" zu kündigen.

http://www.youtube.com/watch?v=q0zEa41Gmak

Der Typ mit den langen Haaren ist übrigens stellvertretender Vorsitzender des Komitees für Meinungsfreiheit. :o

Landnani
20.03.2014, 01:28
Am Besten war ja noch das Bild, auf dem er mit strahlendem Lächeln dem Swoboda-Chef die Hand schüttelt.

Ich liebe es, wenn ein schlechter Plan funktioniert. =)

Im Ernst. Als Vermittler ohne militärische oder ökonomische Macht ist das Dein Limit.

Darum vertrete ich die Meinung, dass sich internationale Mächte aus innerpolitischen Konflikten heraushalten müssen. Auch wenn es einen Bürgerkrieg bedeutet. Unsere Demokratie hat auch 2 Weltkriege gekostet.

ultrawrestling
20.03.2014, 07:01
Hier eine Gegenmeldung zu den Venezien-Artikeln aus der Schweiz und Russland: http://www.n-tv.de/politik/Die-Maer-vom-Referendum-in-Venedig-article12478666.html - Da scheine ich wohl russischer Propaganda aufgesessen zu sein.

@ Brian Lee

Krasse Sache, das Video. Das hat nichts mehr mit einem bürgerlichen Staat zu tun.

Fox Black
20.03.2014, 09:02
Ich liebe es, wenn ein schlechter Plan funktioniert. =)

Im Ernst. Als Vermittler ohne militärische oder ökonomische Macht ist das Dein Limit.

Darum vertrete ich die Meinung, dass sich internationale Mächte aus innerpolitischen Konflikten heraushalten müssen. Auch wenn es einen Bürgerkrieg bedeutet. Unsere Demokratie hat auch 2 Weltkriege gekostet.

So sehe ich da in gewisser Weise auch. Meinetwegen sollen Russland und die Ukraine das mit "Schnick Schnack Schnuck" auskämpfen, wer denn nun das Sagen auf der Krim hat, so lange sich nicht gleich wieder Gott und die Welt da drauf stürzen müssen.

JackCrow
20.03.2014, 11:40
Genau das. Ein temporäres Element politischer Annäherung ist das, was man von einem vermittelnden Außenminister erwartet und womit man absolut nicht von einem vermittelnden deutschen Außenminister rechnet. =)

Stimmt einerseits...

Ich liebe es, wenn ein schlechter Plan funktioniert. =)

Im Ernst. Als Vermittler ohne militärische oder ökonomische Macht ist das Dein Limit.

Darum vertrete ich die Meinung, dass sich internationale Mächte aus innerpolitischen Konflikten heraushalten müssen. Auch wenn es einen Bürgerkrieg bedeutet. Unsere Demokratie hat auch 2 Weltkriege gekostet.

... andererseits hat Deutschland im Bunde mit der NATO sowohl aus sich selbst heraus eine nicht zu unterschätzende ökonomische und auch eine gewisse militärische Macht. Aberseits davon erwarte ich von einem Vermittler auch, dass er unparteiisch ist und nicht den Vertragsbruch der Seite, die ihm lieber ist, toleriert bzw. sogar noch unterstützt. Dann ist man nämlich Partei und kein unabhängiger Vermittler mehr, und genau als das kommen Steinmeier und Co. in Russland gerade an.

Landnani
21.03.2014, 11:11
So sehe ich da in gewisser Weise auch. Meinetwegen sollen Russland und die Ukraine das mit "Schnick Schnack Schnuck" auskämpfen, wer denn nun das Sagen auf der Krim hat, so lange sich nicht gleich wieder Gott und die Welt da drauf stürzen müssen.

Das zwischen Russland und der Ukraine ist wiederum ein internationaler Konflikt. Es ist sogar ein Konflikt, den wir mehr zu verantworten haben als die Ukraine. Es ist die aggressive, undiplomatische Außenpolitik des Westens, wegen der die Ukraine nun keine Chance zu einem ruhigen Neuanfang bekommt.

Mit der Krim rettet sich Russland ein strategisch nützliches Gebiet am Schwarzen Meer vor der ständigen Ausweitung der NATO, die noch immer eine Marionette der amerikanischen Eigeninteressen ist.


Stimmt einerseits...



... andererseits hat Deutschland im Bunde mit der NATO sowohl aus sich selbst heraus eine nicht zu unterschätzende ökonomische und auch eine gewisse militärische Macht. Aberseits davon erwarte ich von einem Vermittler auch, dass er unparteiisch ist und nicht den Vertragsbruch der Seite, die ihm lieber ist, toleriert bzw. sogar noch unterstützt. Dann ist man nämlich Partei und kein unabhängiger Vermittler mehr, und genau als das kommen Steinmeier und Co. in Russland gerade an.

Unsere militärische Macht ist zu wenig präsent, als dass sie außerhalb der NATO irgendeine Bedeutung hat. Was ich auch gar nicht so schlecht finde. Wir sind das einzige große Land, das nicht kriegsfreudig mit den Säbeln rasselt.

Beim zweiten Teil stimm ich Dir zu. Steinmeier hat erst etwas geleistet, was für einen deutschen Außenminister völlig untypisch ist. Dann hat er im Angesicht der klaren öffentlichen Meinung seine Integrität verloren. Da gebe ich persönlich weniger ihm die Schuld, sondern den Gesetzen der Massenpsychologie, sich mit Unrecht so lange zu arrangieren, bis die Menschen alle gleichzeitig die selbe Meinung haben. Dann brennen die Fackeln und man will Blut schmecken. Wenn dabei der nächste Verbrecher das Messer hält, dann arrangiert man sich halt wieder mit dem Unrecht. =)

umimatsu
15.04.2014, 12:59
Weil Putin böse ist, hat die BILD beschlossen, die russischen Panzer an der Straße des 17. Juni nicht mehr toll zu finden und eine Petition gestartet, in der gefordert wird, dass die Stahlkolosse verschwinden.

Bitte macht alle mit! (http://www.bild.de/politik/ausland/petitionen/keine-russen-panzer-am-brandenburger-tor-35509848.bild.html)

CM Landratomaniac
15.04.2014, 13:20
Weil Putin böse ist, hat die BILD beschlossen, die russischen Panzer an der Straße des 17. Juni nicht mehr toll zu finden und eine Petition gestartet, in der gefordert wird, dass die Stahlkolosse verschwinden.

Bitte macht alle mit! (http://www.bild.de/politik/ausland/petitionen/keine-russen-panzer-am-brandenburger-tor-35509848.bild.html)Das ist doch ein schlechter Scherz. Populistischer Schund. Dann verlange ich, dass im Gegenzug irgendein amerikanisches Denkmal wegkommt. Dazu dann bitte noch jeweils ein Denkmal auf deutschem Boden jedweder Nation. Wenn man sich alles zurechtlegt, wie man es will, kann man überall etwas finden.

Landnani
15.04.2014, 13:22
Weil Putin böse ist, hat die BILD beschlossen, die russischen Panzer an der Straße des 17. Juni nicht mehr toll zu finden und eine Petition gestartet, in der gefordert wird, dass die Stahlkolosse verschwinden.

Bitte macht alle mit! (http://www.bild.de/politik/ausland/petitionen/keine-russen-panzer-am-brandenburger-tor-35509848.bild.html)

Gibt's auch ne Gegenabstimmung?

Gegen Panikmache und Verleugnung der allgegenwärtigen Verlockung militärischer Kraftmeierei auf die menschliche Psyche?

Moneytalks
15.04.2014, 13:59
Gibt's auch ne Gegenabstimmung?

Gegen Panikmache und Verleugnung der allgegenwärtigen Verlockung militärischer Kraftmeierei auf die menschliche Psyche?

Du musst es schon einfacher Formulieren, um erfolg zu haben. ;)

Brian Lee
15.04.2014, 16:41
Die Blöd wirkt geradezu tragikomisch mit ihrer US-Hörigkeit.

stingfan
15.04.2014, 17:14
Achso aber als Nazi Befreier sind sie mal wieder gut genug :o
Dieses Land dreht immer mehr durch.
Das Erwachen kommt aber noch!
Wenn sich die Bevölkerung dermaßen verzettelt hat, dass sich keiner mehr einig ist :D

Also wäre ich jetzt nicht Deutscher Staatsbürger und würde Deutschland von außen beobachten dann würde ich sagen die Spinnen die Deutschen.

Ich als wenig politischer Mensch erkenne recht schnell worauf wir mit Karacho entgegensteuern, wenn ich mir dieses Mischmasch an Politischen Meinungen und diesen fast schon Hass anschaue, egal ob im Netz oder mittlerweile schon in Echt.

Da meint man immer in anderen Ländern gehts ab, ich bin froh dass hier noch alles zivilisiert ist.
Denn während andere Länder 1-2 Streitthemen haben, hätte ich schon Angst dass die Deutschen sich die Rübe wegen den falschen Klamotten, Musik Geschmack oder sonst was wegballern.
Von Politik mal ganz zu schweigen.

Unser Hang zum Nachbarschaftsstreit sollte uns schon Warnung genug sein, durch die heutzutage vernetzte Welt wird das alles um den Faktor 100 nochmal verstärkt.
Wenn man sich anschaut wohin diese Politische Netzkultur in anderen Ländern geführt hat (Krieg,Tote usw.) dann möchte ich gar nicht wissen wie das bei uns mal ausschauen wird wenn die Hemmungen mal fallen.

Brian Lee
15.04.2014, 17:27
Die Kiewer Junta hat ihren "Anti-Terror-Einsatz" gestartet. Es läuft wohl wirklich auf Krieg hinaus, denn ich glaube nicht dass Putin tatenlos zuschauen wird wie die ukrainischen Russen unterworfen werden.

http://www.abendzeitung-muenchen.de/inhalt.ukraine-news-konflikt-zwischen-eu-und-russland-live-ticker-zur-ukraine-krise-lawrow-warnt-westen.e8cd60d6-a667-45fb-a9ea-2c2b798d632c.html

DocKeule
15.04.2014, 17:45
Dir ist aber schon klar, daß das Bild von Putin als Befreier der unterdrückten russischen Minderheit nicht weniger schief ist, als die aktuelle Regierung in Kiew als demokratisch legitimiert zu bezeichnen.

JackCrow
15.04.2014, 17:54
Dir ist aber schon klar, daß das Bild von Putin als Befreier der unterdrückten russischen Minderheit nicht weniger schief ist, als die aktuelle Regierung in Kiew als demokratisch legitimiert zu bezeichnen.

Stimmt.

Mal die Lybien-Logik angewandt müssten wir doch jetzt der russischen Minderheit den Weg nach Kiew frei bomben. Oder so.

DocKeule
15.04.2014, 18:06
Da kommst du einen Schritt zu spät. Wir haben doch schon den aktuellen Machthabern in den Sattel geholfen ;)


Insgesamt verstehe ich aber den Drang nicht, sich in dieser Frage für eine Seite entscheiden zu wollen/müssen. Klar muss man auch auf die russische Sichtweise hinweisen dürfen, ohne dabei gleich als "Putinversteher" bezeichnet zu werden, aber irgendwie scheinen die Meisten dieser Leute dann auch recht schnell genau dazu zu werden und sei es in einer Art Trotzreaktion.

Ich würde mir eigentlich mal jemanden wünschen der sagt: Die Lage ist schei***e. es gibt keine gute Seite und es gibt vor allem keine einfach oder auch nur angenehme Lösung und eventuell gibt es keinen Weg, der nicht drastische Nachteile mit sich bringt.

Stattdessen ignoriert man entweder den Anteil, den die EU an der Krise hat und gaukelt eine Eingliederung der Ukraine vor, die es schon aus wirtschaftlichen Gründen nicht geben wird, während sich parallel einige Gestalten nicht mal zu schade sind, unter diesem Vorwand noch schnell Fracking in Deutschland durchdrücken zu wollen oder man fantasiert sich zusammen, daß Putin ja nur die natürlich europäische Ordnung wieder herstellt, was gerne auch eine ziemlich unappetitliche völkische Komponente aufweist.

Brian Lee
15.04.2014, 18:15
Dir ist aber schon klar, daß das Bild von Putin als Befreier der unterdrückten russischen Minderheit nicht weniger schief ist, als die aktuelle Regierung in Kiew als demokratisch legitimiert zu bezeichnen.

Sicher. Aber was bleibt ihm anderes übrig, als so vorzugehen wie er es tut?
Russland kann sich keine NATO vor seiner Haustür leisten, deswegen hat es verlangt dass die Ukraine föderalisiert wird (was auch die einzige Möglichkeit ist den Laden trotz all der Gegensatze zwischen den Regionen zusammen zu halten). Damit wäre sicher dass die Ukraine nicht der NATO beitritt, denn die östlichen Regionen würden immer ein Veto einlegen. Gestern klang Kiew noch vernünftig, da hieß es man könne über Referenden sprechen, heute aber tritt es völlig anders auf.

Cactus
15.04.2014, 18:28
Mal die Lybien-Logik angewandt müssten wir doch jetzt der russischen Minderheit den Weg nach Kiew frei bomben. Oder so.

Nö. Oder hat Jazenjuk einen Demozid angekündigt? Übrigens: interessante Strategie, den ukrainischen Interims-Ministerpräsidenten auf eine Stufe mit Gaddafi stellen zu wollen. Könnte glatt aus Moskau kommen. ;)

Glissinda der Troll
15.04.2014, 18:42
Nö. Oder hat Jazenjuk einen Demozid angekündigt? Übrigens: interessante Strategie, den ukrainischen Interims-Ministerpräsidenten auf eine Stufe mit Gaddafi stellen zu wollen. Könnte glatt aus Moskau kommen. ;)

Wieso nicht fir haben sich doch beide an die Macht geputscht.

Cactus
15.04.2014, 18:55
Wieso nicht fir haben sich doch beide an die Macht geputscht.

Oh, natürlich. Sonnenklar. Jetzt fällt es mir wie Schuppen von den Augen. Quasi identische Fälle. Dann kann man ja den 0815-Plan für solche Leute aus der Schublade ziehen und alles wird gut. Warum mir auch nicht vorher aufgefallen ist, dass die Ukraine ja quasi so gestrickt ist wie Libyen? Mensch, da muss ich aber blind gewesen sein... :rolleyes: #imisswallbash

JackCrow
15.04.2014, 19:00
Da kommst du einen Schritt zu spät. Wir haben doch schon den aktuellen Machthabern in den Sattel geholfen ;)

Mist. Bin einfach nicht up-to-date.


Insgesamt verstehe ich aber den Drang nicht, sich in dieser Frage für eine Seite entscheiden zu wollen/müssen. Klar muss man auch auf die russische Sichtweise hinweisen dürfen, ohne dabei gleich als "Putinversteher" bezeichnet zu werden, aber irgendwie scheinen die Meisten dieser Leute dann auch recht schnell genau dazu zu werden und sei es in einer Art Trotzreaktion.

Ich würde mir eigentlich mal jemanden wünschen der sagt: Die Lage ist schei***e. es gibt keine gute Seite und es gibt vor allem keine einfach oder auch nur angenehme Lösung und eventuell gibt es keinen Weg, der nicht drastische Nachteile mit sich bringt.

Stattdessen ignoriert man entweder den Anteil, den die EU an der Krise hat und gaukelt eine Eingliederung der Ukraine vor, die es schon aus wirtschaftlichen Gründen nicht geben wird, während sich parallel einige Gestalten nicht mal zu schade sind, unter diesem Vorwand noch schnell Fracking in Deutschland durchdrücken zu wollen oder man fantasiert sich zusammen, daß Putin ja nur die natürlich europäische Ordnung wieder herstellt, was gerne auch eine ziemlich unappetitliche völkische Komponente aufweist.

Unterschreibe ich so. Wäre schön, wenn sich das zu unseren Politikern mal so rumsprechen würde, dass sie mal das, was sie tun, überdenken.

Nö. Oder hat Jazenjuk einen Demozid angekündigt? Übrigens: interessante Strategie, den ukrainischen Interims-Ministerpräsidenten auf eine Stufe mit Gaddafi stellen zu wollen. Könnte glatt aus Moskau kommen. ;)

Zum einen wird es kein Problem sein, eine russische Nachrichtenagentur dazu zu bringen, auch das zu behaupten. Zum anderen wäre/war selbst ein angedrohter Demozid kein Grund über mehr als den Schutz der bedrohten hinaus militärisch aktiv zu werden. Ich hatte damals schon befürhtet, dass das irgendwann "backfired", und gerade jetzt, wo die Parallelen so deutlich sind, könnte Russland das nutzen wollen. Dieses ewige moralische Zurechtbiegen der eigenen militärischen Einsätze beherrscht nicht nur eine Seite.

Der Zerquetscher
15.04.2014, 23:12
Es ist merkwürdig, wie sehr manche in Deutschland aus nackter Angst vor dem, was sich da in Russland zusammenbraut, den Kopf in den Sand stecken und so tun, als sei das doch alles gar nicht so wild, was derzeit passiert. Auch Stimmen aus Russland hört man immer wieder, die sich über den überbordenden Neo-Nationalismus ihrer Landsleute wundern - oder erschrecken.

Hier ist ein sehr interessanter Artikel über die Zustände derzeit in Russland (http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/svetlana-alexijewitsch-ueber-putins-russland-12895308.html) von der Friedenspreisträgerin des deutschen Buchhandels, Svetlana Alexijewitsch. Nicht, dass mir dieser Titel allein ausreicht, punkten zu können, aber dass man es hier mit einer wenig kriegerischen Meinung zu tun hat, versöhnt ja vielleicht so manchen.

Ich glaube, dass wir von Putin noch einiges mehr hören werden, als nur die Besetzung der Krim. Auch wenn wir uns das in unserem urfriedlichen Weltbild nicht vorstellen wollen.

Was die Frau im Artikel über die Entwicklung in Russland sagt, bestätigt ein russophiler Freund von mir absolut. Der spricht hervorragend Russisch und hat dort schon Jahre gelebt. Seine Freundin ist Russin und wohnhaft dort. Er besucht sie aus der Schweiz jeden zweiten Monat. Der einzige Unterschied zwischen uns beiden ist, dass er Putin dafür gut findet, dass er "nicht unsere westliche Dekadenz adaptiert".

In drei Wochen bin ich wieder beruflich in Riga. Bin gespannt, wie die Stimmung dort ist. Die Balten werden insgesamt ein wesentlich unentspannteres Verhältnis zu dem haben, was ihnen potentiell von Putin droht, als wir.

DocKeule
16.04.2014, 13:12
Spätestens auf der zweiten Seite wird das ganze doch eher zu Propaganda-Prosa und versucht nicht mal mehr, Sachlichkeit vorzutäuschen.

Spätestens seit der Berichterstattung um den arabischen Frühling bin ich da bei unseren Medien auch extrem misstrauisch geworden. Oder nehmen wir im Fall Ukraine Julija Tymoschenko, die uns hier immer noch als Säulenheilige der Demokratie und verfolgte Unschuld verkauft wird.

Das Problem ist, daß mir da auch keine vertrauenswürdige Nachrichtenquelle einfällt. Im Moment scheint sich alles in einer Entweder-Oder-Situation aufzuspalten, in der man sich für eine Seite entscheiden muss und mehr oder weniger da weiter macht, wo man am Ende des kalten Krieges aufgehört hat.

Der Zerquetscher
16.04.2014, 13:31
Spätestens auf der zweiten Seite wird das ganze doch eher zu Propaganda-Prosa und versucht nicht mal mehr, Sachlichkeit vorzutäuschen.

Spätestens seit der Berichterstattung um den arabischen Frühling bin ich da bei unseren Medien auch extrem misstrauisch geworden. Oder nehmen wir im Fall Ukraine Julija Tymoschenko, die uns hier immer noch als Säulenheilige der Demokratie und verfolgte Unschuld verkauft wird.

Das Problem ist, daß mir da auch keine vertrauenswürdige Nachrichtenquelle einfällt. Im Moment scheint sich alles in einer Entweder-Oder-Situation aufzuspalten, in der man sich für eine Seite entscheiden muss und mehr oder weniger da weiter macht, wo man am Ende des kalten Krieges aufgehört hat.

Sicherlich ist ihr Beitrag wertend. Sehr sogar. Ich glaube auch nicht, dass sie etwas anderes behauptet.

Worum es aber doch geht, ist das wiedererwachende Großmachtgehabe Russlands, verbunden mit dem Gefühl, endlich wieder jemand zu sein. Und dabei spielt die - objektiv - finstere Vergangenheit der UdSSR eine verklärende Rolle. Die wurde nämlich im gegensatz zu Deutschland praktisch garnicht aufgearbeitet.

Ein Kampf Gut gegen Böse ist das für mich dennoch auch nicht. Der ukrainischen Führung traue ich auch nur sehr bedingt über den Weg. Eher ist das eine Frage pragmatischer Entscheidung. Ist man bereit in Kauf zu nehmen, dass eine inzwischen nicht mehr demokratische, militärisch immer weiter aufrüstende Macht, die ihre demokratischen Ambtionen der 90er inzwischen fast komplett über Bord geworfen hat, sich auf Kosten ihrer Nachbarn nicht nur Einfluss, sondern auch Gebiet erstreitet oder nicht? Gewähren zu lassen, heißt wenigstens Geld sparen und weiter - der Globalisierung (!) Rechnung tragend - mit den Russen uneingeschränkt Handel treiben zu können. Wenn das Putin-Profil seiner Kritiker aber zuträfe, dann schlummert mehr als der alte KGB-Agent in ihm, sondern eine Bereitschaft, seinen zunehmend umfassenderen Handlungsspielraum auch zu nutzen. Vielleicht passiert ja wirklich garnichts weiter. Die Frage ist nur, warum rüstet Russland (oder China) dann immer weiter auf (während übrigens zeitgleich der gesamte Westen, einschließlich der USA immer weiter abrüstet)? Wenn mir das jemand erklärt, wäre ich dankbar dafür. Klar sind die US-Ausgaben immer noch wesentlich höher als die in den UdSSR, was komplexe Gründe hat, wie deren weltweite Einsätze etc.

Ich hätte ursprünglich Putin nicht zugetraut, in die Ukraine einzumarschieren. Deshalb bin ich überhaupt nicht sicher, dass es das jetzt war.

umimatsu
16.04.2014, 13:45
Die Frage ist nur, warum rüstet Russland (oder China) dann immer weiter auf (während übrigens zeitgleich der gesamte Westen, einschließlich der USA immer weiter abrüstet)? Wenn mir das jemand erklärt, wäre ich dankbar dafür.

Nach Banken- und Eurokrise, sowie kostspieligen aber sinnlosen Antiterroreinsätzen ist der Westen finanziell dazu nicht mehr in der Lage. Ich vertrete schon seit Jahren den Standpunkt, dass es ein Ziel von Al-Qaida war, den Westen finanziell auszubluten, so dass er seine (be -) herrschende Stellung in der Welt verliert. Langfristig wird die Rechnung aufgehen, ich hoffe jedoch, dies nicht mehr zu erleben. Dieses kaputte demokratische System ist mir immer noch lieber als seine Alternativen.

Brian Lee
16.04.2014, 14:16
Die Frage ist nur, warum rüstet Russland (oder China) dann immer weiter auf (während übrigens zeitgleich der gesamte Westen, einschließlich der USA immer weiter abrüstet)? Wenn mir das jemand erklärt, wäre ich dankbar dafür.

Weil die USA wegen ihrer Angriffskriege und Besetzungen von Staaten finanziell und militärisch ausgelaugt sind, sollen Russland und China gefälligst mitabrüsten? :o

Landnani
16.04.2014, 15:44
Weil die USA wegen ihrer Angriffskriege und Besetzungen von Staaten finanziell und militärisch ausgelaugt sind, sollen Russland und China gefälligst mitabrüsten? :o

Aus Solidarität.

=)

DocKeule
16.04.2014, 17:08
Sicherlich ist ihr Beitrag wertend. Sehr sogar. Ich glaube auch nicht, dass sie etwas anderes behauptet.

Du hast schon andeuten wollen, daß es sich dabei um eine besonnene, wenn nicht sogar
bjektive Stimme handelt, oder?

Worum es aber doch geht, ist das wiedererwachende Großmachtgehabe Russlands, verbunden mit dem Gefühl, endlich wieder jemand zu sein. Und dabei spielt die - objektiv - finstere Vergangenheit der UdSSR eine verklärende Rolle. Die wurde nämlich im gegensatz zu Deutschland praktisch garnicht aufgearbeitet.

[...]

Ich hätte ursprünglich Putin nicht zugetraut, in die Ukraine einzumarschieren. Deshalb bin ich überhaupt nicht sicher, dass es das jetzt war.

Ich habe die beiden Teile mal zusammengelegt. Ich gehe davon aus, daß Putins Aktionen der letzten Zeit vor allem innenpolitische Hintergründe haben und der Bevölkerung vorspielen sollen, Russland wäre wieder ein Akteur, an dem man nicht vorbei kommt. Gleichzeitig kann er aber eigentlich kaum ein Interesse daran haben, das Armenhaus Europas tatsächlich zu seinem Problem zu machen.

Ich sehe darin eher ein Symptom der Rückzuggefechte, die früher oder später auch in Russland einen Systemwechsel einläuten werden. In den letzten Jahren schien es ja schon mal so weit zu sein (aber vermutlich sah es tatsächlich nur so aus, weil wir vor allem auf die urbanen Zentren schauen und den großen Anteil der Landbevölkerung gerne vergessen, die oft sehr viel weniger progressiv ist.


Ein Kampf Gut gegen Böse ist das für mich dennoch auch nicht. Der ukrainischen Führung traue ich auch nur sehr bedingt über den Weg. Eher ist das eine Frage pragmatischer Entscheidung. Ist man bereit in Kauf zu nehmen, dass eine inzwischen nicht mehr demokratische, militärisch immer weiter aufrüstende Macht, die ihre demokratischen Ambtionen der 90er inzwischen fast komplett über Bord geworfen hat, sich auf Kosten ihrer Nachbarn nicht nur Einfluss, sondern auch Gebiet erstreitet oder nicht? Gewähren zu lassen, heißt wenigstens Geld sparen und weiter - der Globalisierung (!) Rechnung tragend - mit den Russen uneingeschränkt Handel treiben zu können. Wenn das Putin-Profil seiner Kritiker aber zuträfe, dann schlummert mehr als der alte KGB-Agent in ihm, sondern eine Bereitschaft, seinen zunehmend umfassenderen Handlungsspielraum auch zu nutzen. Vielleicht passiert ja wirklich garnichts weiter.

Nein, es hinnehmen und nichts tun kann nicht die Lösung sein. Was mich aber stört ist das begleitende publizistische Trommelfeuer und dazu gehören eben gerade Artikel wie der Verlinkte, die zeigen sollen, das "die Anderen" die abgrundtief bösen sind und "wir" auf der richtigen Seite stehen.


Die Frage ist nur, warum rüstet Russland (oder China) dann immer weiter auf (während übrigens zeitgleich der gesamte Westen, einschließlich der USA immer weiter abrüstet)? Wenn mir das jemand erklärt, wäre ich dankbar dafür. Klar sind die US-Ausgaben immer noch wesentlich höher als die in den UdSSR, was komplexe Gründe hat, wie deren weltweite Einsätze etc.

Zum einen gibt es keine UdSSR und zum anderen ist wesentlich höher noch untertrieben. Selbst mit den massiven Erhöhungen des Militäretats liegen die USA im Moment noch beim mehr als Siebenfachen der russischen Ausgaben. Bis vor drei Jahren lag Russland sogar noch hinter England, Frankreich und Japan. Übrigens rüstet der Westen auch nicht "immer weiter" ab. Die USA haben 2012 erstmals seit Jahrzehnten weniger Geld in der Verteidigungsetat gepumpt (von den krassen Erhöhungen seit 2001 gar nicht zu reden), England hat erst mit der Finanzkrise begonnen, den Etat zu verkleinern, bevor der vorher weitgehend im Rythmus der Inflation erhöht wurde, Spanien z.B. hat die Ausgaben deutlich hoch gefahren etc.

Richtig ist, daß sich Russlands Militärausgaben in den letzten 50 Jahren drastisch erhöht haben. Aber die anteilige Erhöhung sagt eben nicht all zu viel aus, wenn man die absoluten Zahlen nicht anschaut und in Beziehung zur Größe des Landes, Bevölkerung etc. setzt. Und da muss man sich auch fragen, ob der russische Militärhaushalt nicht über Jahre eher deutlich unterdurchschnittlich war und sich jetzt eher dem Normalzustand annähert (wobei die aktuell berichteten Zahlen vom geplanten Wachstum mit "normal" sicher nichts mehr zu tun haben).

Aber erklären...klar gibt es dafür Ansätze. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion konnte Russland sich zum einen eine große Armee über Jahre nicht leisten und anderen ist man ja schon eine Zeit lang davon ausgegangen, daß sich das Block-Denken jetzt erledigt haben würde, aber gleichzeitig (und da muss ich jetzt auch irgendwie zum "Russlandversteher" werden) ist man mit den westlichen Bündnissen immer weiter an Russland heran gerückt, sei es mit den Nato-Erweiterungen 1999 und 2004, der EU, der Raketenschild usw., ohne Russland wirklich enger einzubinden.

Der Zerquetscher
16.04.2014, 22:31
Nach Banken- und Eurokrise, sowie kostspieligen aber sinnlosen Antiterroreinsätzen ist der Westen finanziell dazu nicht mehr in der Lage. Ich vertrete schon seit Jahren den Standpunkt, dass es ein Ziel von Al-Qaida war, den Westen finanziell auszubluten, so dass er seine (be -) herrschende Stellung in der Welt verliert. Langfristig wird die Rechnung aufgehen, ich hoffe jedoch, dies nicht mehr zu erleben. Dieses kaputte demokratische System ist mir immer noch lieber als seine Alternativen.

Eine gewagte Theorie. ;)


Du hast schon andeuten wollen, daß es sich dabei um eine besonnene, wenn nicht sogar
bjektive Stimme handelt, oder?

Ich denke, dass das, was Alexijewitsch sagt, stimmt. Und das wäre bedenklich genug.



Ich habe die beiden Teile mal zusammengelegt. Ich gehe davon aus, daß Putins Aktionen der letzten Zeit vor allem innenpolitische Hintergründe haben und der Bevölkerung vorspielen sollen, Russland wäre wieder ein Akteur, an dem man nicht vorbei kommt. Gleichzeitig kann er aber eigentlich kaum ein Interesse daran haben, das Armenhaus Europas tatsächlich zu seinem Problem zu machen.

Ich sehe darin eher ein Symptom der Rückzuggefechte, die früher oder später auch in Russland einen Systemwechsel einläuten werden. In den letzten Jahren schien es ja schon mal so weit zu sein (aber vermutlich sah es tatsächlich nur so aus, weil wir vor allem auf die urbanen Zentren schauen und den großen Anteil der Landbevölkerung gerne vergessen, die oft sehr viel weniger progressiv ist.

Meinst du? Das wäre schön. Wenn ich aber sehe, wie begeistert die meisten Russen sind, dass endlich wieder mit Waffen gerasselt werden kann und man wieder wer ist, bin ich mir da nicht sicher. Und genau das ist eben derzeit in Russland zu sehr der Fall. Bei zu vielen.



Nein, es hinnehmen und nichts tun kann nicht die Lösung sein. Was mich aber stört ist das begleitende publizistische Trommelfeuer und dazu gehören eben gerade Artikel wie der Verlinkte, die zeigen sollen, das "die Anderen" die abgrundtief bösen sind und "wir" auf der richtigen Seite stehen.

Ohne "Trommelfeuer" weckst du niemanden auf. Und Böse und Gut sind Kategorien, in denen ich politisch ebenfalls nicht denken mag. Ich war schon immer und bin überzeugter Pragmatiker. Wer meint, er könne wirklich seine politischen Ideale verwirklichen, in dieser Welt, die genau jetzt wieder einmal zeigt, wie sie wirklich ist, ist für mich persönlich ein politischer Dreikäsehoch. Ein naiver Narr. Hört sich böse an. Tut mir leid.



Zum einen gibt es keine UdSSR und zum anderen ist wesentlich höher noch untertrieben. Selbst mit den massiven Erhöhungen des Militäretats liegen die USA im Moment noch beim mehr als Siebenfachen der russischen Ausgaben. Bis vor drei Jahren lag Russland sogar noch hinter England, Frankreich und Japan. Übrigens rüstet der Westen auch nicht "immer weiter" ab. Die USA haben 2012 erstmals seit Jahrzehnten weniger Geld in der Verteidigungsetat gepumpt (von den krassen Erhöhungen seit 2001 gar nicht zu reden), England hat erst mit der Finanzkrise begonnen, den Etat zu verkleinern, bevor der vorher weitgehend im Rythmus der Inflation erhöht wurde, Spanien z.B. hat die Ausgaben deutlich hoch gefahren etc.

Richtig ist, daß sich Russlands Militärausgaben in den letzten 50 Jahren drastisch erhöht haben. Aber die anteilige Erhöhung sagt eben nicht all zu viel aus, wenn man die absoluten Zahlen nicht anschaut und in Beziehung zur Größe des Landes, Bevölkerung etc. setzt. Und da muss man sich auch fragen, ob der russische Militärhaushalt nicht über Jahre eher deutlich unterdurchschnittlich war und sich jetzt eher dem Normalzustand annähert (wobei die aktuell berichteten Zahlen vom geplanten Wachstum mit "normal" sicher nichts mehr zu tun haben).


Die UdSSR gibt es nicht mehr? Achso. :D

DocKeule, wir reden hiervon (http://www.deutsch-tuerkische-nachrichten.de/2013/12/495838/neuer-kalter-krieg-putin-plant-drastische-militaerische-aufruestung-russlands/)! ;)

Auch wenn hier einige womöglich keine Ahnung haben, wovon wir reden, wenn wir fragen, warum Putin aufrüstet,... Du verstehst es doch blitzschnell.

Sollte er seine Aufrüstungspläne wirklich durchziehen und die stärkste Armee der Welt haben wollen (das größte Kernwaffenarsenal hat er ja bereits meines Wissens), dann frage ich mich wozu? Wozu, wenn nicht damit politisch (und Clausewitz bemühen wir jetzt, um gut schlafen zu können, besser nicht) handeln zu wollen? Und natürlich auch territorial.

Und ganz nebenbei. Die Militärausgaben der USA sind schwer mit denen Russlands zu vergleichen. Beispielsweise verdient ein amerikanischer Soldat mehr als ein russischer. Das heißt, in Kombination z.B. mit dem Faktum, dass die USA vor allem auf Technik setzen, dass bei beispielsweise gleich großem Militärhaushalt der beiden Länder, die russsiche Armee personell wesentlich größer wäre als die US-Streitkräfte.



Aber erklären...klar gibt es dafür Ansätze. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion konnte Russland sich zum einen eine große Armee über Jahre nicht leisten und anderen ist man ja schon eine Zeit lang davon ausgegangen, daß sich das Block-Denken jetzt erledigt haben würde, aber gleichzeitig (und da muss ich jetzt auch irgendwie zum "Russlandversteher" werden) ist man mit den westlichen Bündnissen immer weiter an Russland heran gerückt, sei es mit den Nato-Erweiterungen 1999 und 2004, der EU, der Raketenschild usw., ohne Russland wirklich enger einzubinden.

Und deshalb darf Putin jetzt die Keule rausholen? Ich bitte dich.

Ich glaube, dass einige Deutsche ihre pazifistische Mentalität als Maßstab nehmen, um die Logik der Russen nachzuvollziehen. Ich meine aber, dass das in die Hose gehen muss. Ich persönlich halte es für durchaus möglich, dass die "Niederlage" im Kalten Krieg heute noch so sehr an einem Menschen wie Putin nagt, dass er eine Ausweitung seiner Macht bzw. die Wiedergewinnung einstiger Wirkungsmöglichkeiten einem friedvollen Miteinander vorzieht. Hier spielt auch Ehre und Stolz eine große Rolle. Oder würdest du das anders sehen?

Glissinda der Troll
17.04.2014, 00:06
Die USA haben eine starke Armee und handeln damit politisch und wirtschaftlich. Kann man es da den Russen und Chinesen wirklich verdenken wenn sie auch in diese Richtung gehen.

DocKeule
17.04.2014, 00:10
Ich denke, dass das, was Alexijewitsch sagt, stimmt. Und das wäre bedenklich genug.

[...]

Meinst du? Das wäre schön. Wenn ich aber sehe, wie begeistert die meisten Russen sind, dass endlich wieder mit Waffen gerasselt werden kann und man wieder wer ist, bin ich mir da nicht sicher. Und genau das ist eben derzeit in Russland zu sehr der Fall. Bei zu vielen.

[...]

Ohne "Trommelfeuer" weckst du niemanden auf. Und Böse und Gut sind Kategorien, in denen ich politisch ebenfalls nicht denken mag. Ich war schon immer und bin überzeugter Pragmatiker. Wer meint, er könne wirklich seine politischen Ideale verwirklichen, in dieser Welt, die genau jetzt wieder einmal zeigt, wie sie wirklich ist, ist für mich persönlich ein politischer Dreikäsehoch. Ein naiver Narr. Hört sich böse an. Tut mir leid.

Ich habe sehr große Zweifel, daß Alexijewitsch auch nur ansatzweise aufrichtig ist. Sie ist aber natürlich eine wunderbare Zeugin, nicht zuletzt durch den Preis, den du ja auch bemüht hast.

Aber sind es wirklich "die Russen"? Nachdem uns in den letzten Jahren "die Afghanen", "die Iraker", "die Libyer" usw. vorgeführt wurden und sich nachträglich jedes dieser Bilder als falsch bzw. genauer gefälscht erwiesen hat, erlaube ich mir da große Zweifel.

Und wenn es Trommelfeuer mit Fakten wären, wäre das nicht weiter schlimm. Leider ist es eben auf beiden Seiten vor allem Propaganda (auch wenn man es schon als Fortschritt sehen muss, daß einige Medien die Nachrichtenlage und die Informationsquellen mittlerweile selbst zu hinterfragen beginnen).


Die UdSSR gibt es nicht mehr? Achso. :D

DocKeule, wir reden hiervon (http://www.deutsch-tuerkische-nachrichten.de/2013/12/495838/neuer-kalter-krieg-putin-plant-drastische-militaerische-aufruestung-russlands/)! ;)

Auch wenn hier einige womöglich keine Ahnung haben, wovon wir reden, wenn wir fragen, warum Putin aufrüstet,... Du verstehst es doch blitzschnell.

Sollte er seine Aufrüstungspläne wirklich durchziehen und die stärkste Armee der Welt haben wollen (das größte Kernwaffenarsenal hat er ja bereits meines Wissens), dann frage ich mich wozu? Wozu, wenn nicht damit politisch (und Clausewitz bemühen wir jetzt, um gut schlafen zu können, besser nicht) handeln zu wollen? Und natürlich auch territorial.

Wenn du mal die Nachrichten der letzten Jahre heraussuchst, findest du eine ganze Reihe von Ankündigungen gigantischer Aufrüstung durch russische Präsidenten. Die Realität lag letztendlich immer weit dahinter. Auch diese "Pläne" würde ich mindestens zum Teil eher im Bereich der innenpolitischen Propaganda sehen, denn als reales Vorhaben. (Und das mit dem Kernwaffenarsenal mag stimmen, allerdings sind das eben auch zu wesentlichen Teilen Altbestände, bei denen sicher auch hier und da fraglich ist, in welchem Umfang die noch Einsatzfähig sind).


Und ganz nebenbei. Die Militärausgaben der USA sind schwer mit denen Russlands zu vergleichen. Beispielsweise verdient ein amerikanischer Soldat mehr als ein russischer. Das heißt, in Kombination z.B. mit dem Faktum, dass die USA vor allem auf Technik setzen, dass bei beispielsweise gleich großem Militärhaushalt der beiden Länder, die russsiche Armee personell wesentlich größer wäre als die US-Streitkräfte.

Das ist sicher richtig, deutet aber auch auf die Frage, inwieweit de russische Armee wirklich handlungsfähig wäre, wenn es zu einem größeren Konflikt käme und kann Russland tatsächlich die Ressourcen frei machen, um die Streitkräfte entsprechend aufzustellen?


Und deshalb darf Putin jetzt die Keule rausholen? Ich bitte dich.

Ich glaube, dass einige Deutsche ihre pazifistische Mentalität als Maßstab nehmen, um die Logik der Russen nachzuvollziehen. Ich meine aber, dass das in die Hose gehen muss. Ich persönlich halte es für durchaus möglich, dass die "Niederlage" im Kalten Krieg heute noch so sehr an einem Menschen wie Putin nagt, dass er eine Ausweitung seiner Macht bzw. die Wiedergewinnung einstiger Wirkungsmöglichkeiten einem friedvollen Miteinander vorzieht. Hier spielt auch Ehre und Stolz eine große Rolle. Oder würdest du das anders sehen?

Deine Frage war, warum Russland aufrüstet und nicht, ob die aktuellen Handlungen gerechtfertigt sind. Und nur darauf habe ich geantwortet.

Und ich halte Putin für sehr viel rationaler, als man uns glauben machen will. (Wie übrigens auch einige andere "irre" Staatsoberhäupter, deren angeblichen Wahnsinn man uns ständig aufs Brot schmiert).

Er ist ein autokratischer Machthaber, der im eigenen Land gemessen an der ursprünglichen Zustimmung seiner Person und der damit verbundenen Machtfülle gerade gemessen an der langen Zeit an der Macht relativ wenig an zählbaren Verbesserungen vorweisen kann, zumindest bei der breiten Bevölkerung.

Gerade im letzten Jahr hat sich gezeigt, daß seine Machtbasis zumindest in den großen Metropolen lange nicht mehr so stabil ist, wie sie vor einigen Jahren noch war. Also versucht er, sich zu stabilisieren und was ist dazu besser geeignet, als ein Fein von Außen? Ich halte es durchaus für möglich, daß er noch weitere solcher sehr begrenzen Coups probieren wird, wenn es innenpolitisch eng wird (was, wenn man den Berichten glauben darf, aber gerade im Moment gegen neue Aktionen dieser sprechen würde) und gerade aus dem Grund finde ich es auch wichtig, ihm hier deutliche Grenzen aufzuzeigen (nur muss man sich eben auch klar machen, daß die einen auch etwas kosten werden und man diesen Preis zu zahlen bereit sein muss).

Der Zerquetscher
17.04.2014, 09:36
Schönes Posting, DocKeule. Macht mir richtig gute Laune, das zu lesen. :) Es wäre so schön, wenn Du Recht hättest. Die kommenden Monate und Jahre werden es zeigen.

Edit: Ich schrieb übrigens extra nicht "die Russen", da ich nicht verallgemeinern wollte. Ich sprach von der Mehrheit.

JackCrow
17.04.2014, 11:15
Hier mal Interessantes zum Thema Russland und Berichterstattung (http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/zapp/media/zapp7411.html)

umimatsu
17.04.2014, 11:38
Hier mal Interessantes zum Thema Russland und Berichterstattung (http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/zapp/media/zapp7411.html)

Der Interviewer wird von Krone-Schmalz ( siehe §7 Assoziierungsabkommen ) geownt. Danke für das Video!

Der Zerquetscher
17.04.2014, 15:47
Hier mal Interessantes zum Thema Russland und Berichterstattung (http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/zapp/media/zapp7411.html)

Der Film läuft bei mir nicht. Was hat denn der NDR Böses gesagt?

Ich vermute ja, dass viele Kritiker aus reiner Angst versuchen, deeskalierend zu wirken - und nicht wirklich glauben, dass Putin irgendwie rechtens handelt. Die würden Putin gewähren lassen EGAL was er tut. Wenn man sich auch nur die Bohne dafür interessiert, wie Putin mit Dissidenten oder regierungskritischen Medien im eigenen Land umgeht, dann kann man doch nicht ernsthaft glauben, dass der russische Staatschef einen Pfifferling um irgendwelches Recht gibt.

Wie gesagt, ich wünschte, DocKeule behält Recht und das war's jetzt. Würde mich aufrichtig freuen. Bin aber auch gespannt auf die Erklärungsnöte mancher Spießbürger, sollte Putin noch weiteres Gebiet besetzen.

umimatsu
17.04.2014, 16:06
Der Film läuft bei mir nicht. Was hat denn der NDR Böses gesagt?

Frau Krone-Schmalz, ehemalige Leiterin des Moskauer Hauptstadtstudios, hat die Journaille diese Landes an eine ausgewogene, unparteiische Pressearbeit erinnert. Unter anderem indem sie auf §7 des Assoziierungsabkommens hinweist, in dem eine mögliche militärische Zusammenarbeit zwischen der EU und der Ukraine konkretisiert wird ( Diese Info erfuhr ich mit dem Interview und nicht aus der Presse. ). Den Beitrag kann ich nur empfehlen.

DocKeule
17.04.2014, 16:07
Das Video ist ein Interview vom Zapp-Magazin mit Gabriele Krone-Schmalz über die Berichterstattung in den deutschen Medien zum Thema.

JackCrow
17.04.2014, 18:15
Vielleicht funktioniert beim Zerquetscher ja youtube (https://www.youtube.com/watch?v=22VfEe1RkH8). ;)

rantanplan
18.04.2014, 22:14
Fraglich, warum hier die Militärhaushalte verglichen werden. Natürlich hätte Russland keine Chance im Krieg gegen den Westen, ich würde bezweifeln, dass man eine Chance hätte, wenn China sich auf die russische Seite schlagen würde. Wird China aber nicht, denn so unrealistisch ein Weltkrieg zur Zeit ist, würde China vor allem durch Neutralität profitieren.

Die Größen des Militärs, des Militärhaushaltes sind doch nur dann wirklich vergleichbar, wenn man sich auf einen großen Krieg, einen direkten Krieg einlässt, bis dahin muss man sagen, dass die Russen in Afghanistan verloren haben, die Amis im Vietnam und bis heute noch keiner in der Lage war, Nordkorea von seinen elenden Diktatoren zu befreien. Hochgerüstet, die Menschen hungern, aber so ein Land ist ganz offensichtlich nicht so einfach einzunehmen, wie Afghanistan, Irak usw., trotz militärischer Überlegenheit des Westens. Und nun vergleichen wir mal Nordkorea und Russland und wissen ungefähr, was Russland machen kann, weil das Worst-Case-Szenario für den Westen um einiges größer ist als bei Nordkorea, an das man sich nicht rantraut.

Putin spielt genau diese Karte aus, dabei ist es sogar egal, welche Rolle die Medien spielen. Selbst mit einer derart kritischen Berichterstattung, wie sie derzeit bemängelt wird, ist der Westen nicht in der Lage, mehr als ein paar einfache Sanktionen zu liefern, zu groß ist die Angst, dass der Rückhalt im eigenen Land flöten geht.

Eine alte Weisheit ist es, dass man mit Krieg die eigenen Leute, das eigene Volk hinter sich bekommt, man rückt zusammen gegen einen Feind, wir stehen nicht vor einem Krieg mit Russland, dennoch gelingt es nicht, die eigenen Reihen zusammen zu bringen. Ist das nun einer aufgeklärten Generation Web 2.0 zu verdanken? Ich glaube nicht, Russlandfreunde gab es im Kalten Krieg auch en masse, aber festzuhalten ist doch, dass Russland auch mit deutlich kleinerem Etat international mitspielen kann. Es ist letztlich "nur" die Ukraine, NATO, oder EU-Staaten wird Russland nicht annähernd so behandeln. Was hat man denn in Brüssel, Washington etc. gedacht? Putin kopiert doch nur, was der Westen seit Ende des Kalten Kriegs gemacht hat. Medien die derart einseitig berichten braucht allerdings kein Mensch, also Daumen hoch für die Shitstorms, das gilt allerdings nicht nur für Russland, sondern auch für Tebartz von Elst, Christian Wulff und alles andere, auf das sich Mainstreammedien so einschießen. Verständlich ist es aber allemal, wenn sich die Vierte Gewalt nicht mehr sonderlich von Propagandaministerien unterscheidet, das ist der kapitalistischen Welt zu verdanken. Warum im Falle von Russland rebellieren? Warum nicht generell?

Der Zerquetscher
18.04.2014, 23:21
Vielleicht funktioniert beim Zerquetscher ja youtube (https://www.youtube.com/watch?v=22VfEe1RkH8). ;)

Youtube klappt. Hab es mir eben angeguckt.

Und ich fühle mich in einer Sache bestätigt. Ich höre bei der Frau Krone-Schmalz die Angst vor Moskau zwischen den Zeilen. Die Angst vor einem Konflikt. Und offenbar weiß sie als Russlandexpertin auch genau warum. Nur müssen wir trotz des Imperativ einer sachlichen Berichterstattung, den ich teile, sehen, dass Recht nicht gebrochen wird und im Falle eines Falles auch klare Worte finden. Und uns nicht feige davonstehlen. Egal, wo es passiert. Ich glaube, dass nicht wenige, die jetzt gegensteuern - und vielleicht machen sie das ja zurecht -, im Falle etwa der USA laut schreien würden. Denn sie wissen - jenseits persönlicher Antipathien - unter anderem auch, dass von dort keine substantielle Gefahr droht. Oder ist das ein lächerlicher, völlig aus der Luft gegriffener Verdacht?

Außerdem würde mich sehr interessieren, in welchem Umfang Moskaus Medien objektiv berichten. Da befürchte ich nämlich nichts Gutes. Setze ich mich morgen mal ran. Leider kann ich nur bearbeitete Pressestimmen lesen, denn mein Russisch ist etwas eingerostet. Wäre doch eine schönere Angelegenheit, wenn sich alle um mehr Objektivität bemühen. Und nicht nur eine Seite. Dann bliebe das Spiel nämlich trotzdem recht unfair.

Glissinda der Troll
18.04.2014, 23:26
Welches Recht wird denn gebrochen. Das der russischen Mehrheit auf der Krim über die Zugehörigkeit ihrer Region selbst zu entscheiden ja wohl nicht. Oder gilt das Selbstbestimmungsrecht der Völker für Russen nicht?

JackCrow
18.04.2014, 23:49
Und ich fühle mich in einer Sache bestätigt. Ich höre bei der Frau Krone-Schmalz die Angst vor Moskau zwischen den Zeilen. Die Angst vor einem Konflikt. Und offenbar weiß sie als Russlandexpertin auch genau warum. Nur müssen wir trotz des Imperativ einer sachlichen Berichterstattung, den ich teile, sehen, dass Recht nicht gebrochen wird und im Falle eines Falles auch klare Worte finden. Und uns nicht feige davonstehlen. Egal, wo es passiert. Ich glaube, dass nicht wenige, die jetzt gegensteuern - und vielleicht machen sie das ja zurecht -, im Falle etwa der USA laut schreien würden. Denn sie wissen - jenseits persönlicher Antipathien - unter anderem auch, dass von dort keine substantielle Gefahr droht. Oder ist das ein lächerlicher, völlig aus der Luft gegriffener Verdacht?

Ich glaube du interpretierst da etwas zu viel hinein. Ich denke zwar auch, dass ein Krieg mit Russland wahrscheinlicher ist, als einer mit den USA, halte aber, sofern wir nicht plötzlich in russischem Gebiet Unsinn machen, beides für extrem unwahrscheinlich. Im Übrigen finde ich es mal wieder amüsant, dass du zu ziemlich der einzige intelligente Mensch bist, den ich "kenne", bei dem das Worte wie "friedensbewegt" immer irgendwie einen negativen Subtext zu beinhalten scheinen. Aber das nur am Rande.

Was mich persönlich angeht, ist die Angst vor einem Krieg mit Russland aus einem Grund nicht nur unterschwellig vorhanden, den du hier überhaupt nicht ansprichst, nämliche unser Verhältnis zu den USA. Ich bin mir nämlich nicht sicher, ob die es nicht einmal mehr aus geostrategischen Überlegungen einen Konflikt riskieren. Und dann wäre der vor der Haustür. Und auf wessen Seite wir uns in einem solchen Ernstfall befinden würde, dürfte unstrittig sein.
Daher regiere ich auch extrem allergisch auf diese einseitige Bericherstattung. Wir haben unseren Freunden im Westen Folter (Guantanamo, Abu Ghreib), einen völkerrechtswidrigen Einmarsch in einen souveränen Staat unter erlogenen Voraussetzungen (Irak) und ebenfalls völkerrechtswiedriges Töten durch Drohnen auf der ganzen Welt "durchgehen" lassen, ohne auch nur einmal das Wort "Sanktionen" auch nur spekulativ in den Mund zu nehmen. Warum man nun unseren Freunden im Osten nicht ähnlich großzügig gegenüber sein sollte, sehe ich nicht. Recht und Unrecht sind in meinen Augen unabhängig davon, mit welchem Täter ich mich besser verstehe. Ich würde Deuschland da viel lieber in einer intermediären Rolle sehen.

Erschreckend finde ich in diesem Zusammenhang auch, wie oft sich ein Gerhard Schröder dafür rechtfertigen muss, mit Putin befreundet zu sein. Freundschaften verhindern, dass man aufeinander schießt. Freundschaften helfen auch bei Verhandlungen etc. Aber da sind viele wieder ganz schnell im Blockdenken des kalten Kriegs angelangt. Das macht mir eigentlich deutlich mehr Sorgen, als die Angst vor einem tatsächlichen Krieg.

Außerdem würde mich sehr interessieren, in welchem Umfang Moskaus Medien objektiv berichten. Da befürchte ich nämlich nichts Gutes. Setze ich mich morgen mal ran. Leider kann ich nur bearbeitete Pressestimmen lesen, denn mein Russisch ist etwas eingerostet. Wäre doch eine schönere Angelegenheit, wenn sich alle um mehr Objektivität bemühen. Und nicht nur eine Seite. Dann bliebe das Spiel nämlich trotzdem recht unfair.

Ich verfolge nur Russia Today und sporadisch die Voice of Russia, aber bei beiden wird die Porpaganda ziemlich hochgefahren. Ähnlich wie bei uns. Wenn man sich unsere und deren Medien ansieht und dann die goldene Mitte wählt, dürfte man aktuell recht nah an den tatsächlichen Fakten sein. Traurig eigentlich. Aber gerade Dinge wie die Unklarheit über die Scharfschützen auf dem Maidan (siehe Monitor und Co.) oder über die Svoboda als solche, kamen bei mir zuerst über die russischen Medien an. Unsere berichteten erst darüber, als das Internet und ihre Kommentarspalten schon voll mit Hinweisen und Beschwerden von Usern über diese Themen waren.

rantanplan
19.04.2014, 00:13
Welches Recht wird denn gebrochen. Das der russischen Mehrheit auf der Krim über die Zugehörigkeit ihrer Region selbst zu entscheiden ja wohl nicht. Oder gilt das Selbstbestimmungsrecht der Völker für Russen nicht?

Fraglich, inwieweit ein zusammen geschustertes Votum relevant sein kann.

DocKeule
19.04.2014, 00:27
Außerdem würde mich sehr interessieren, in welchem Umfang Moskaus Medien objektiv berichten. Da befürchte ich nämlich nichts Gutes. Setze ich mich morgen mal ran. Leider kann ich nur bearbeitete Pressestimmen lesen, denn mein Russisch ist etwas eingerostet. Wäre doch eine schönere Angelegenheit, wenn sich alle um mehr Objektivität bemühen. Und nicht nur eine Seite. Dann bliebe das Spiel nämlich trotzdem recht unfair.

Ist es nicht vollkommen egal, wie die russischen Medien berichten oder lassen wir jetzt den Schlechtesten den Standard bestimmen? Es gibt Standards die (guten) Journalismus ausmachen und einige objektive Verletzungen nennt sie ja ganz klar, wie den einseitigen Einsatz seines bestimmten Vokabulars.
Und da gibt es für mich auch wenig Raum für Diskussion, denn gerade im Gegensatz zu Russland sollte bei uns ein höherer journalistischer Standard herrschen und die publizistisch zurück geschossen werden. "Wir berichten sachlich, wenn die es auch tun" geht fast schon in die Richtung der "na dann bau mal in einem muslimischen Land eine christliche Kirche"-"Argumentation"

Daneben gibt es andere inhaltliche Fragen, die man diskutieren und da auch zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen kommen kann. Ich finde zum Beispiel, daß die Frage des Assoziationsabkommens bei der Entwicklung und Verschärfung des Konflikts tatsächlich in der Diskussion sehr vernachlässigt wird.


Ich glaube du interpretierst da etwas zu viel hinein. Ich denke zwar auch, dass ein Krieg mit Russland wahrscheinlicher ist, als einer mit den USA, halte aber, sofern wir nicht plötzlich in russischem Gebiet Unsinn machen, beides für extrem unwahrscheinlich. Im Übrigen finde ich es mal wieder amüsant, dass du zu ziemlich der einzige intelligente Mensch bist, den ich "kenne", bei dem das Worte wie "friedensbewegt" immer irgendwie einen negativen Subtext zu beinhalten scheinen. Aber das nur am Rande.

Was mich persönlich angeht, ist die Angst vor einem Krieg mit Russland aus einem Grund nicht nur unterschwellig vorhanden, den du hier überhaupt nicht ansprichst, nämliche unser Verhältnis zu den USA. Ich bin mir nämlich nicht sicher, ob die es nicht einmal mehr aus geostrategischen Überlegungen einen Konflikt riskieren. Und dann wäre der vor der Haustür. Und auf wessen Seite wir uns in einem solchen Ernstfall befinden würde, dürfte unstrittig sein.
Daher regiere ich auch extrem allergisch auf diese einseitige Bericherstattung. Wir haben unseren Freunden im Westen Folter (Guantanamo, Abu Ghreib), einen völkerrechtswidrigen Einmarsch in einen souveränen Staat unter erlogenen Voraussetzungen (Irak) und ebenfalls völkerrechtswiedriges Töten durch Drohnen auf der ganzen Welt "durchgehen" lassen, ohne auch nur einmal das Wort "Sanktionen" auch nur spekulativ in den Mund zu nehmen. Warum man nun unseren Freunden im Osten nicht ähnlich großzügig gegenüber sein sollte, sehe ich nicht. Recht und Unrecht sind in meinen Augen unabhängig davon, mit welchem Täter ich mich besser verstehe. Ich würde Deuschland da viel lieber in einer intermediären Rolle sehen.

Erschreckend finde ich in diesem Zusammenhang auch, wie oft sich ein Gerhard Schröder dafür rechtfertigen muss, mit Putin befreundet zu sein. Freundschaften verhindern, dass man aufeinander schießt. Freundschaften helfen auch bei Verhandlungen etc. Aber da sind viele wieder ganz schnell im Blockdenken des kalten Kriegs angelangt. Das macht mir eigentlich deutlich mehr Sorgen, als die Angst vor einem tatsächlichen Krieg.

Hier ehe ich allerdings auch fast alles anders. Angefangen bei Schröder, bei dem es sehr viele Gründe gibt ihm anzukreiden, warum er sich einem so zweifelhaften Autokraten an den Hals wirft (ich sage nur "lupenreiner Demokrat") und auch die Idee von Deutschland in einer quasi neutralen Mittelposition halte ich sehr wenig. (Allerdings wäre ich sowieso für eine starke und selbstständig handelnde EU, die tatsächlich unsere Standards durchzusetzen versucht).

Glissinda der Troll
19.04.2014, 00:28
Fraglich, inwieweit ein zusammen geschustertes Votum relevant sein kann.

Och du wenn Georg W. so Präsident werden konnte warum soll die Krim so nicht russisch werden können?

JackCrow
19.04.2014, 00:34
Hier ehe ich allerdings auch fast alles anders. Angefangen bei Schröder, bei dem es sehr viele Gründe gibt ihm anzukreiden, warum er sich einem so zweifelhaften Autokraten an den Hals wirft (ich sage nur "lupenreiner Demokrat") und auch die Idee von Deutschland in einer quasi neutralen Mittelposition halte ich sehr wenig. (Allerdings wäre ich sowieso für eine starke und selbstständig handelnde EU, die tatsächlich unsere Standards durchzusetzen versucht).

Naja, Schröder hielt Putin für einen lupenreinen Demokraten, Merkel den Bush. Beides sagt recht viel über unsere Politiker aus. Warum Schröder allerdings jetzt nicht mit Putin befreundet sein darf, erschließt sich mir weiterhin nicht. Dass das in seiner Amtszeit zu Entscheidungen geführt hat, die vielleicht nicht in unser aller Interesse waren, da wäre ich voll bei dir. Jetzt ist Schröder aber nicht mehr Kanzler, von daher sehe ich keinen Grund ihm das jetzt anzukreiden.
Und was denn sonst, außer neutral? Zumal ich deine "starke und selbständige EU" an keinem noch so rosaroten Horizont durchscheinen sehe.

rantanplan
19.04.2014, 00:52
Och du wenn Georg W. so Präsident werden konnte warum soll die Krim so nicht russisch werden können?

Ich glaube man muss sich in Europa weder die USA, noch Russland als demokratische Vorbilder suchen, wir haben doch mit uns schon Probleme genug.

Glissinda der Troll
19.04.2014, 00:58
Ich glaube man muss sich in Europa weder die USA, noch Russland als demokratische Vorbilder suchen, wir haben doch mit uns schon Probleme genug.

Als Vorbild sowieso nicht nur ist halt schon interessant dass im Falle von Bush niemand Sanktionen gefordert hat. Weder bei seiner unstrittenen Wahl noch bei seinem Einmarsch im Irak.

DocKeule
19.04.2014, 11:38
Es hat auch bei der Wahl von Putin niemand Sanktionen gefordert, sondern erst, als mit einer ziemlich offensichtlich gefälschten Wahl versucht wurde, ein Gebiet aus einem souveränen Staat heraus zu lösen. Und die Irak-Geschichte ging damals ja sogar über die Uno, nur gehörten die Deutschen eben zu den Wenigen, die sich von den Geschichten über Massenvernichtungswaffen damals nicht haben überzeugen lassen.

Im Gegenteil waren Bush II und Putin im "Kampf gegen den Terror" ja noch ein Herz und eine Seele.

Landnani
19.04.2014, 11:56
Welches Recht wird denn gebrochen. Das der russischen Mehrheit auf der Krim über die Zugehörigkeit ihrer Region selbst zu entscheiden ja wohl nicht. Oder gilt das Selbstbestimmungsrecht der Völker für Russen nicht?

Das ist kein Selbstbestimmungsrecht.

Selbstbestimmungsrecht macht Sinn, wenn ein Land in einer festen politischen Lage angekommen ist und eine große Minderheit sich aus historischen und perspektivischen Gründen aus einem Land lösen möchte.

Hier wird ein ohnehin in sich zerrissenes Land, das sich eigentlich erst finden und die Radikalen im Land bekämpfen müsste, auseinander gehackt.

Was die Russen machen ist FALSCH und unmoralisch. Ihr einziges valides Argument ist, dass der Westen durch seine undiplomatische expansive Politik und seine inkonsequente Haltung gegenüber Diktatoren ("wir schauen erstmal, ob wir mit Mördern gut Geschäfte machen können") noch mehr Schaden angerichtet hat als Russland.

DocKeule
19.04.2014, 13:02
Nein, das eigentlich stechenden Argument ist, daß die EU bewußt versucht hat, die Ukraine in einen gegen Russland gerichteten Block zu ziehen, indem das Assoziationsabkommen zum einen gezielt der Zollunion zwischen der Ukraine und Russland zuvor kommen sollte und es darin Paragraphen gibt, die eine weitere Zusammenarbeit mit Russland praktisch unmöglich machen (und von denen vorher auch absolut klar sein konnte, daß Russland sie nicht hinnehmen könnte).

Landnani
19.04.2014, 14:22
Undiplomatische expansive Politik halt... ;-)

Fox Black
19.04.2014, 15:28
In Polen wird einmarschiert... mal wieder!
http://www.t-online.de/nachrichten/specials/id_69061828/ukraine-konflikt-usa-wollen-bodentruppen-nach-polen-verlegen.html

JackCrow
19.04.2014, 15:56
Das ist kein Selbstbestimmungsrecht.

Selbstbestimmungsrecht macht Sinn, wenn ein Land in einer festen politischen Lage angekommen ist und eine große Minderheit sich aus historischen und perspektivischen Gründen aus einem Land lösen möchte.

Hier wird ein ohnehin in sich zerrissenes Land, das sich eigentlich erst finden und die Radikalen im Land bekämpfen müsste, auseinander gehackt.

Was die Russen machen ist FALSCH und unmoralisch. Ihr einziges valides Argument ist, dass der Westen durch seine undiplomatische expansive Politik und seine inkonsequente Haltung gegenüber Diktatoren ("wir schauen erstmal, ob wir mit Mördern gut Geschäfte machen können") noch mehr Schaden angerichtet hat als Russland.

Da möchte ich mal wiedersprechen, denn gerade in Spanien, einem Land, das die von dir angesprochene "feste politische Lage" schon recht lange erreicht hat, sieht man, wie "leicht" es separatistische Strömungen in einer solchen Lage haben, nämlich gar nicht. Gerade eine instabile politische Lage bietet sich dafür an, dass Minderheiten ihr Selbstbestimmungsrecht einfordern, schon alleine deshalb, weil eine instabile Regierung tendenziell über weniger Möglichkeiten verfügt, das (wie auch immer) zu verhindern.
Die Frage die tatsächlich im Raum steht ist, unter welchen Umständen die Weltgemeinschaft das Selbstbestimmungsrecht von Völkern anerkennen sollte und unter welchen nicht. Der aktuelle Modus operandi "wenn es uns hilft" kann da nicht die Antwort sein.

rantanplan
19.04.2014, 22:29
Fraglich, ob es in einem in sich gefestigten Land überhaupt separatistischer Bestrebungen bedarf. Spanien mit Katalonien und dem Baskenland sind ja ganz nette Beispiele, genauso die Situation in Belgien oder auch Norditalien. Autonomiebestrebungen werden gerne auf historische Gründe zurück geführt, meistens sind es aber doch eher die perspektivischen, wirtschaftliche eben. Es muss einem Land als Ganzem schon ziemlich schlecht gehen, wenn sich die wirtschaftlich noch schlechter gestellten, also die die durchgefüttert werden, gerne in Autonomie üben wollen.

Und dann kommen ja schon die politischen Aspekte hinzu, wer die EU will, aber nicht die Nationale Einheit, der bekommt ziemlich schnell Probleme, dabei wären ein unabhängiges Wallonien, Katalonien, Baskenland etc. in der EU, im Euroraum wohl schnell Nettozahler, aber man würde das Solidaritätsprinzip aufheben und eine Autonomie, ein unabhängiger Staat aus dem gefestigten Land heraus wird sehr schnell zu einem Problem, für die Region selber.

Im Übrigen ist der "modus operandi" die einzig realistische Möglichkeit, egal ob wir von der Ukraine reden oder von Katalonien. Weltpolitik ist allein von Interessen gesteuert, da wird sich auch nichts dran ändern, es ist die einzige Antwort. Internationale Abkommen unterzeichnet niemand, wenn er dadurch Schaden erleidet, der Traum von den Vereinigten Staaten der Welt ist genauso unsinnig, wie der von den Vereinigten Staaten von Europa, was im kleinen nicht funktioniert, kann im großen nicht funktionieren, wenn nicht ein paar Außerirdische die Erde zum Schulterschluss zwingen, und darauf kann man wohl nicht hoffen.

Glissinda der Troll
19.04.2014, 22:44
Das Problem ist wohl vor allen die Grenzziehung. Überall dort wo Kraftwerke Industriegebiete Bodenschätze Häfen oder Wasserreserven im Grenzgebiet liegen wird es mit Sicherheit Steitigkeiten geben zu welchem Staat die in Zukunft gehören sollen.

JackCrow
19.04.2014, 23:34
Im Übrigen ist der "modus operandi" die einzig realistische Möglichkeit, egal ob wir von der Ukraine reden oder von Katalonien. Weltpolitik ist allein von Interessen gesteuert, da wird sich auch nichts dran ändern, es ist die einzige Antwort. Internationale Abkommen unterzeichnet niemand, wenn er dadurch Schaden erleidet, der Traum von den Vereinigten Staaten der Welt ist genauso unsinnig, wie der von den Vereinigten Staaten von Europa, was im kleinen nicht funktioniert, kann im großen nicht funktionieren, wenn nicht ein paar Außerirdische die Erde zum Schulterschluss zwingen, und darauf kann man wohl nicht hoffen.

Dass das die einzig realistische Möglichkeit ist, würde ich an der Stelle bestreiten. Sie ist ja nicht einmal wirklich zweckdienlich, was man jetzt gut daran erkennen kann, wie sehr der Westen an Glaubwürdigkeit in der Welt dadurch verloren hat und wie schnell der "Osten", in diesem Fall Russland, sich plötzlich auf ähnliche Bedürfnisse und Ausgangslagen berufen kann. Da steuert man dann ganz schnell auf Koflikte zu, die realistischerweise keine der beiden Seiten wirklich wünschen kann (oder sollte).
So lange man aber verbündeten Staaten bei Völkerrechtsbrüchen nicht in den Arm fällt (von Strafen will ich da gar nicht erst anfangen), ist dieses Recht effektiv nichts wert. Dummerweise kann man die Einhaltung deselben dann aber auch nicht furios einfordern, wenn es gerade opportun erscheint, ohne sich komplett lächerlich zu machen.
Da das langfristig beiden Seiten so gehen wird, sollte allen an einem verbindlichen Völkerrecht gelegen sein. Und das wäre dann die andere, realistische Alternative.

rantanplan
20.04.2014, 20:45
Dass das die einzig realistische Möglichkeit ist, würde ich an der Stelle bestreiten. Sie ist ja nicht einmal wirklich zweckdienlich, was man jetzt gut daran erkennen kann, wie sehr der Westen an Glaubwürdigkeit in der Welt dadurch verloren hat und wie schnell der "Osten", in diesem Fall Russland, sich plötzlich auf ähnliche Bedürfnisse und Ausgangslagen berufen kann. Da steuert man dann ganz schnell auf Koflikte zu, die realistischerweise keine der beiden Seiten wirklich wünschen kann (oder sollte).
So lange man aber verbündeten Staaten bei Völkerrechtsbrüchen nicht in den Arm fällt (von Strafen will ich da gar nicht erst anfangen), ist dieses Recht effektiv nichts wert. Dummerweise kann man die Einhaltung deselben dann aber auch nicht furios einfordern, wenn es gerade opportun erscheint, ohne sich komplett lächerlich zu machen.
Da das langfristig beiden Seiten so gehen wird, sollte allen an einem verbindlichen Völkerrecht gelegen sein. Und das wäre dann die andere, realistische Alternative.

Ich glaube nicht, dass Glaubwürdigkeit in irgendeiner Form relevant ist. Glaubwürdigkeit wem gegenüber? Der Weltöffentlichkeit? Den G7, dem Westen also, kann es doch relativ egal sein, was der Rest der Welt von ihnen denken. Russland wird man es in der jetztigen Situation eh nicht recht machen, bliebe vielleicht noch China, und deren derzeitige Haltung sagt schon einiges. Schwellenländer wie die Türkei mit ihrem Twitterverbot? Oder reden wir von der Glaubwürdigkeit gegenüber den Wählern der politischen Führung des Westens? In den USA wird man vielleicht die Republikaner wählen, ein Wechsel in Bezug auf die Russlandpolitik sieht anders aus. In Deutschland ist ebenfalls nicht zu erwarten, dass die Wähler die Volksparteien abwählen, wegen unglaubwürdiger Politik gegenüber Russland bzw. in der Ukraine.

Was du schreibst, wäre eine Alternative, aber ich bezweifle, dass sie realistisch ist, weil Völkerrechtsbrüche nur bei absoluter Unterordnung zum Beispiel unter einem Weltgerichtshof möglich wäre, wie man am Weltsicherheitsrat aber schon sehen kann, findet sich da kein gemeinsamer Nenner, keiner wird sich dem anderen oder einer solchen Gerichtsbarkeit unterordnen. Es würde ja schon bei der Besetzung anfangen, auch hier wäre ein Beispiel im Kleinen die Haltung einiger CDU-Politiker gegenüber dem Bundesverfassungsgericht. In der Weltpolitik will sich doch keiner die Hände binden lassen, durch eine Instanz, die dann womöglich durch Juristen aus Uganda, Zimbabwe, Neuseeland und Bolivien zusammen gesetzt ist.

Mein GOAT Walter
28.04.2014, 11:07
Wie kann
Wjatscheslaw Ponomarjow sich nicht nur zum Bürgermeister selbst ernennen, sondern sich auch das Recht vorbehalten, die OSZE-Mitarbeiter nicht freizulassen? .. Wieso macht denn die Regierung da nichts? Spätestens jetzt muss doch Putin handeln. Von dem gibt es meines Erachtens keinerlei Stellungnahme. Der vom ukrainischen Präsidentschaftskandidaten Pjotr Poroschenko eingestufte Terrorist Wjatscheslaw ist doch pro-russisch, wie kann Putin nach dieser Zurschaustellung nicht handeln? Da müsste doch ein Anruf reichen... Ich verstehe das nicht.

Mingolan
28.04.2014, 11:08
Noch deutlicher als durch Nichteingreifen kann Putin der Welt doch gar nicht demonstrieren, dass die ukrainischen Separatisten nicht von ihm gesteuert werden.

Mein GOAT Walter
28.04.2014, 11:19
Noch deutlicher als durch Nichteingreifen kann Putin der Welt doch gar nicht demonstrieren, dass die ukrainischen Separatisten nicht von ihm gesteuert werden.

Ja klar, aber das sind doch Pro-Russen. Da kann man doch als "Ober-Russe" vermitteln.

Delta Romeo
28.04.2014, 11:42
Ja klar, aber das sind doch Pro-Russen. Da kann man doch als "Ober-Russe" vermitteln.

Es spricht sogar einiges dafür, dass es sogar Russen sind. Ich habe vor ein paar Tagen im DLF ein Interview mit einem Linguisten gehört, der sagte, einige Milizen sprächen einen klaren Petersburger Dialekt und würde für Dinge (Bsp war, glaube ich: Bürgersteig) Wörter verwenden, die man im dortigen Russisch schlicht nicht sagt.

Klare Linie von Russland ist aber eben: Damit haben wir nichts zu tun und da haben wir auch keinen Einfluss. Das Ausüben eines solchen würde diese Argumentation völlig untergraben. Zumal es Putin möglicherweise auch genau um die Eskalation gehen könnte, um irgendwann einzugreifen und damit für Ruhe und Ordnung zu sorgen.

Der Zerquetscher
30.04.2014, 15:51
Hier ist ein Artikel der FAS von Claudius Seidl, der mir zwar seit je her immer ein wenig zu links schreibt, aber nun meines Erachtens einige bedenkenswerte Gedanken zum Thema Westen und Russland spinnt (http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/der-westen-leuchtet-heller-sind-die-deutschen-zu-weich-12911762.html).

Vor allem diese Passage finde ich sehr interessant, bedingungslos unparteiisch und - ehrlich gesagt - absolut wahr:

"Das ist der Grund, weshalb jene Rechten, denen die Homosexuellen, die Frauen und alle Minderheiten schon viel zu frech geworden sind, genauso mit Putin sympathisieren wie jene Linken, die in jeder Geste, welche sich gegen die Amerikanisierung und Globalisierung richtet, nur Befreiung und Selbstermächtigung sehen. Und nicht die brutale Aggression."

umimatsu
30.04.2014, 16:32
@ Zerquetscher

Seitdem ein Medienwissenschaftler nachgewiesen hat (http://www.nachdenkseiten.de/?p=21155), dass Journalisten von DIE ZEIT (http://www.heise.de/tp/artikel/41/41289/1.html), SÜDDEUTSCHE, (GRÖ-) FAZ und DIE WELT Strategiepapiere für so genannte Think Tanks (http://de.wikipedia.org/wiki/Denkfabrik) wie das Aspen Institute (http://de.wikipedia.org/wiki/Aspen-Institut) schreiben, deren Aufgabe es ist, die deutsche Regierung zu beraten, kann mich der Qualitätsjournalismus am Arsch lecken.

In der Anstalt (http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/2142038/Die-Anstalt-vom-29.-April-2014#/beitrag/video/2142038/Die-Anstalt-vom-29.-April-2014) wird die Geschichte ab 36:10 min sehr schön erklärt.

Der Zerquetscher
01.05.2014, 09:32
@ Zerquetscher

Seitdem ein Medienwissenschaftler nachgewiesen hat (http://www.nachdenkseiten.de/?p=21155), dass Journalisten von DIE ZEIT (http://www.heise.de/tp/artikel/41/41289/1.html), SÜDDEUTSCHE, (GRÖ-) FAZ und DIE WELT Strategiepapiere für so genannte Think Tanks (http://de.wikipedia.org/wiki/Denkfabrik) wie das Aspen Institute (http://de.wikipedia.org/wiki/Aspen-Institut) schreiben, deren Aufgabe es ist, die deutsche Regierung zu beraten, kann mich der Qualitätsjournalismus am Arsch lecken.

In der Anstalt (http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/2142038/Die-Anstalt-vom-29.-April-2014#/beitrag/video/2142038/Die-Anstalt-vom-29.-April-2014) wird die Geschichte ab 36:10 min sehr schön erklärt.

Umi, es gibt ganz konkrete und objektive Gründe, warum man als überzeugter Demokrat - und dabei ist es sogar relativ egal, ob eher konservativ oder eher links gerichtet - den Westen und auch die USA dem Wesen ihres politischen Systems und der Entwicklung seiner gewachsenen Werte nach einem Staat wie Russland und dessen System vorziehen müsste, wenn man es denn ernst meint mit seinen propagierten Gesellschaftsentwürfen. Und wenn Du meinst, Du wirst irgendwo den Idealstaat oder die engelsgleichen Strippenzieher eines Hollywoodfilms auf der Welt finden unter Menschen, die Macht ausüben wollen/müssen/können, dann bist Du aber gutgläubig. Vielleicht so gutgläubig wie diese Typen in der ZDF Sendung zusammen mit Konstantin Wecker, deren vermeintlich kritisches und nur vorgeblich an Aufklärungsarbeit interessiertes Kabarett sich darauf beschränkt, der verhassten NATO und den noch verhassteren USA an den Karren zu fahren. Diese Kerle müssten mal einige Zeit in Russland leben und miterleben, wie sich die Situation insgesamt dort von der unseren oder der des Westens unterscheidet. Vielleicht würde es ihnen dann doch irgendwann dämmern, wie wenig ihr moralingedoptes Bemühen um ein Verstehen Putins selbst Putin noch interessiert, wenn es um reale Macht geht. Natürlich findet eigentlich ein Tauziehen statt zwischen West und Ost. Und ein Gut gegen Böse sehe ich da auch nicht. Es geht ernüchternd klar um Macht und Einfluss, aber eben auch der jeweiligen Wertesysteme. Als ich in Washington 2007 vor dem Weißen Haus war, war da keine 30 Meter vor dem Eingang ein Wellblechunterstand aufgebaut, der da seit Monaten stand. Auf den darauf angeklebten Plakaten war zu lesen, dass Bush ein Lügner sei. Dass er ein Faschist sei. Dass er ein Kriegstreiber sei. Kein Tourist und kein Passant konnte diesen Mann und sein Häuschen übersehen. Und dennoch wurde es nicht von der Polizei weggeräumt. Zumindest nicht für einige Monate. Man stelle sich den gleichen Mann mal auf dem Roten Platz vor dem Kreml vor, der in ähnlicher Weise Putin angreift. Ich erzreaktionärer, amihöriger Wirtshaustrottel möchte mir lieber nicht vorstellen, was mit dem Kerl passiert, wenn die Polizei vor Ort ihre Vorstellungen von Recht auf Demonstration vor Augen führt. Mit Sicherheit ist der Westen kein Engel und "die Russen" nicht die Bösen. Aber das Tauziehen etwa um die Ukraine ist letztendlich für den Westen auch ein Kampf um eine Welt, die dem zugegeben völlig utopischen Ideal einer freien Gemeinschaft von Völkern zumindest näher kommt als das angestrebte Modell Putins. Und da muss man sich, wenn man politisch aktiv ist, schon irgendwie entscheiden. Oder man macht es wie diese Leute in der von Dir verlinkten ZDF Sendung. Man beschränkt sich aufs Kritisieren, da, wo keine Gefahr droht, und lässt die noch unschöneren, aber eben brandgefährlichen Dinge geschehen. Ob ein Konstantin Wecker kapiert, dass sein russisches Pendant mit Putin nicht so umspringen kann wie er mit Merkel?

DocKeule
01.05.2014, 13:00
Der eine oder andere Absatz hätte dem Beitrag auch gut getan.


Ansonsten hat es mit dem Vorwurf von Unimatsu nicht so viel zu tun, finde ich. Ich nehme an, daß du das Interview mit Krone-Schmalz mittlerweile gesehen hast und einige ihrer Kritikpunkte lassen sich ja nun objektiv nicht leugnen, wie eben die sehr einseitige Benennung der Akteure ("pro-russischer Mob"), das komplette Weglassen der Anteils von EU und NATO sowie ihren Mitgliedern an der Verschärfung der Situation oder auch schlicht vollkommen verzerrte Wahrnehmungen, wie etwa die eines Klitschko als ernstzunehmenden Oppositionsführers.

Man könnte aber auch schon früher anfangen. Janukowytsch zu kritisieren, war ohne Zweifel berechtigt und mehr als überfällig. Gleichzeitig allerdings Julija Tymoschenko als eine Art Säulenheilige der Demokratie, die einer Märtyrerin gleich für ihr Volk leidet zu verkaufen. Und da kommen wir eben in die nähe dieser seltsam binären Berichterstattung, in der alle mit (scheinbar) pro-westlicher Ausrichtung zu "den Guten" hochgejazzt werden. Und im Fall Tymoschenko lassen die Fakten eigentlich kaum diese Interpretation zu. Sie ist kein Stück besser als ihre Gegner, sie will halt nur lieber mit dem Westen Geschäfte machen, als mit den Russen. Genauso wurden die faschistischen Anteile in den Opposition in unseren Medien lange genauso krampfhaft ignoriert, wie sie in der russischen in den Mittelpunkt gestellt wurden.

Und Vergleichbares passiert dort ja nicht zum ersten Mal in den letzten Jahren. In nahezu allen Fällen des "arabischen Frühlings" wurden uns vollkommen heterogene Mischungen, mit sehr unappetitlichen Anteilen und vollkommen uneinheitlichen Zielen als "Demokratiebewegungen" verkauft. Und das, obwohl nun wirklich nicht all zu viel Hintergrundrecherche nötig gewesen wäre, um es besser zu wissen.

Und da lohnt sich dann in meinen Augen auch der Blick auf die Tatsache, daß eine ganze Reihe führender Journalisten bei den führenden Medien unseres Landes Mitglieder bei Interessengemeinschaften sind, die einer sehr linearen und einseitigen Sichtweise auf das Weltgeschehen und der politischen Agenda vor allem eines Akteurs verpflichtet sind.

Brian Lee
01.05.2014, 13:06
Putin hat vor Monaten vor den Konsequenzen gewarnt, als Janukowitsch - immerhin legal gewählter Präsident - weggeputscht wurde. Die Russen und Ost-Ukrainer werden sich nicht von der illegalen Kiewer Hunta regieren lassen.

Der_Wrestling_Fan
01.05.2014, 13:26
Was sind denn Hunta? Oder meinst du vielleicht Junta?

Brian Lee
01.05.2014, 13:49
Ich verwechsle ständig den deutschen mit dem englischen Begriff, tschuldigung..

Der Zerquetscher
02.05.2014, 13:53
Ansonsten hat es mit dem Vorwurf von Unimatsu nicht so viel zu tun, finde ich. Ich nehme an, daß du das Interview mit Krone-Schmalz mittlerweile gesehen hast und einige ihrer Kritikpunkte lassen sich ja nun objektiv nicht leugnen, wie eben die sehr einseitige Benennung der Akteure ("pro-russischer Mob"), das komplette Weglassen der Anteils von EU und NATO sowie ihren Mitgliedern an der Verschärfung der Situation oder auch schlicht vollkommen verzerrte Wahrnehmungen, wie etwa die eines Klitschko als ernstzunehmenden Oppositionsführers.

Und warum ist es dann für diese ZDF-Kabarett Knilche völlig okay, exakt gleich zu handeln wie die von ihnen kritisierte deutsche Medienlandschaft (jetzt einmal vorausgesetzt, die berichtet tatsächlich so einseitig wie dort behauptet)? Einseitiger als die Leute dort kann man doch gar nicht mehr Informationen an ein Publikum weitergeben. Ich habe mich beim Ansehen des Kabaretts mehrfach gefragt, ob sie meinen, dass ihr Publikum blöde ist.


Man könnte aber auch schon früher anfangen. Janukowytsch zu kritisieren, war ohne Zweifel berechtigt und mehr als überfällig. Gleichzeitig allerdings Julija Tymoschenko als eine Art Säulenheilige der Demokratie, die einer Märtyrerin gleich für ihr Volk leidet zu verkaufen. Und da kommen wir eben in die nähe dieser seltsam binären Berichterstattung, in der alle mit (scheinbar) pro-westlicher Ausrichtung zu "den Guten" hochgejazzt werden. Und im Fall Tymoschenko lassen die Fakten eigentlich kaum diese Interpretation zu. Sie ist kein Stück besser als ihre Gegner, sie will halt nur lieber mit dem Westen Geschäfte machen, als mit den Russen. Genauso wurden die faschistischen Anteile in den Opposition in unseren Medien lange genauso krampfhaft ignoriert, wie sie in der russischen in den Mittelpunkt gestellt wurden.

Das ist richtig. Timoschenko und co sind wahrlich nicht die Halbgötter, als die sie uns verkauft wurden. Nein, das stimmt.

Was den Anteil der "Faschisten" an der Regierung in der Ukraine angeht, so meine ich allerdings, dass der auch in Deutschland von interessierter Seite hochgespielt wird. Da hören manche Leute irgendwo das Wort "Faschist" - und bumm, hören sie das Denken und damit das sachliche Urteilen auf.



Und Vergleichbares passiert dort ja nicht zum ersten Mal in den letzten Jahren. In nahezu allen Fällen des "arabischen Frühlings" wurden uns vollkommen heterogene Mischungen, mit sehr unappetitlichen Anteilen und vollkommen uneinheitlichen Zielen als "Demokratiebewegungen" verkauft. Und das, obwohl nun wirklich nicht all zu viel Hintergrundrecherche nötig gewesen wäre, um es besser zu wissen.

Weißt du was ich meine, woran das vornehmlich liegt? An der latenten Unfähigkeit der Masse, differenziert zu denken, sachlich zu urteilen, auch Komplexes zu analysieren und die Notwendigkeit von Kompromissen zu verstehen bzw. unschöne Umstände und Tatsachen zu akzeptieren. Sonst gäbe es keine Denkmuster wie links/rechts oder Freund/Feind. Es gäbe aber auch nie saubere Lösungen. Und das stört den Ottonormalmenschen. Es kann doch wohl nicht sein, dass utopische Idealzustände schlicht nicht herstellbar sind. Oder dass der gute Freund und Bündnispartner Dreck am Stecken hat. Und ich weiß nicht. Vielleicht sind "wir Deutschen" da besonders schlimm. Wir lieben schwarz/weiß.



Und da lohnt sich dann in meinen Augen auch der Blick auf die Tatsache, daß eine ganze Reihe führender Journalisten bei den führenden Medien unseres Landes Mitglieder bei Interessengemeinschaften sind, die einer sehr linearen und einseitigen Sichtweise auf das Weltgeschehen und der politischen Agenda vor allem eines Akteurs verpflichtet sind.

Es gibt Hunderttausend andere Journalisten, die nicht einem "Think Tank" angehören. Eine objektive Berichterstattung kann doch trotzdem jederzeit geleistet werden. Es ist doch lächerlich wegen dieser paar Hansel zu meinen, unsere komplette Medienlandschaft hätte sich gegen Russland verschworen. :freak:

Was ich schon denke ist, dass die russische Regierung bei vielen Deutschen bewusst oder unbewusst aus historischen Gründen einen schlechten Ruf genießt. Und wenn man sich da die Jahrzehnte vor der Wende ansieht, dann hat sich die Führung des Landes diesen Ruf auch durchaus erarbeitet. Allerdings hindert das viele Deutsche von Haus aus daran, sachlich zu urteilen oder zu fühlen. Da wären wir ja schon wieder beim Thema.

JackCrow
02.05.2014, 14:08
Und warum ist es dann für diese ZDF-Kararett Knilche völlig okay, exakt gleich zu handeln wie die von ihnen kritisierte deutsche Medienlandschaft (jetzt einmal vorausgesetzt, die berichtet tatsächlich so einseitig wie dort behauptet)? Einseitiger als die Leute dort kann man doch gar nicht mehr Informationen an ein Publikum weitergeben. Ich habe mich beim Ansehen des Kabaretts mehrfach gefragt, ob sie meinen, dass ihr Publikum blöde ist.

Warum das okay ist? Weil das Kabarett keinen allumfassenden, informativen Anspruch hat, sondern nur pointiert die Informationen aufgreift, die eben von der so objektiv informierenden Presse gar nicht erst berichtet wurden. Wenn über die Tagesschau, den heute-journal oder den meisten Printmedien demnächst auch der Hinweis "(NATO-)Kabarett" prangt, fände ich deren "Berichte" auch wieder völlig akzeptabel.

Es gibt Hunderttausend andere Journalisten, die nicht einem "Think Tank" angehören. Eine objektive Berichterstattung kann doch trotzdem jederzeit geleistet werden. Es ist doch lächerlich wegen dieser paar Hansel zu meinen, unsere komplette Medienlandschaft hätte sich gegen Russland verschworen. :freak:

Dass in der Praxis die meisten Journalisten bei den "Leitmedien" abschreiben ist dir bei der Aussage gerade bewusst, ja? Und genau dann ist es eben bedenklich, wenn die führenden Journalisten und Redaktuere dieser Leitmedien einseitige Interessensvertreter sind.

Brian Lee
02.05.2014, 16:15
Was den Anteil der "Faschisten" an der Regierung in der Ukraine angeht, so meine ich allerdings, dass der auch in Deutschland von interessierter Seite hochgespielt wird. Da hören manche Leute irgendwo das Wort "Faschist" - und bumm, hören sie das Denken und damit das sachliche Urteilen auf.


Genau, nur weil da welche sich stolz in der Tradition der Russen- und Juden-mordenden Nazi-Kollaborateure von damals sehen, sind sie noch lange keine Faschisten.

Der Zerquetscher
04.05.2014, 10:42
Warum das okay ist? Weil das Kabarett keinen allumfassenden, informativen Anspruch hat, sondern nur pointiert die Informationen aufgreift, die eben von der so objektiv informierenden Presse gar nicht erst berichtet wurden. Wenn über die Tagesschau, den heute-journal oder den meisten Printmedien demnächst auch der Hinweis "(NATO-)Kabarett" prangt, fände ich deren "Berichte" auch wieder völlig akzeptabel.

Aha. Na schön.

Ich finde, wenn man sich an einseitiger Berichterstattung reibt, dann aber die maximale Dröhnung an einseitiger Parteinahme in wie auch immer gearteter Form (in dem Fall Kabarett) konsumiert, dann scheint mir die Logik irgendwie ein wenig vergewohltätigt.

Ich kann diese politischen Karnevalsrundumschläge noch nachvollziehen, weil da jeder sein Fett wegkriegt. Aber Kabarett ist mir einfach meist zu einseitig und manipulativ. Da ist mir persönlich schlicht in der Mehrzahl der Fälle die Zeit zu schade dafür.

Um einen unverfälschten Eindruck zu bekommen müsste man in so einem Fall, wie der Bewertung der Stimmung in Russland, einmal selbst vor Ort sein. Oder sich auf vertrauenswürdige Menschen, die man gut kennt, verlassen. Deshalb finde ich Reisen auch so wichtig. Das baut nämlich Vorurteile ab. Naja, zumindest in den meisten Fällen.

Was die Berichterstattung angeht, denke ich, um darauf noch einmal einzugehen, dass manche NATO-Kritiker eben absolut alles versuchen, um Putin zu helfen. Und eine Diskreditierung der westlichen Berichterstattung mag da hilfreich sein. Diese Argumentation überzeugt mich aber überhaupt nicht.

Im Zeitalter intensivst vernetzter Informationsgewinnung und obrigkeitsentkoppelter Recherchemöglichkeiten will mir jemand sagen, dass man den/einen realistischen Eindruck der Zustände eines Landes wie Russland, des flächenmäßig größten Staates der Erde, einfach vertuschen kann? Ja nie im Leben. Ich denke, wenn man die Großtuerei in Russland in den westlichen Medien beschreibt, dann handelt es sich hier durchaus um einen realistischen Eindruck. Ob das einem Konstantin Wecker gefällt oder nicht mag davon ja ganz unbesehen sein. ;)

DocKeule
04.05.2014, 12:04
Aha. Na schön.

Ich finde, wenn man sich an einseitiger Berichterstattung reibt, dann aber die maximale Dröhnung an einseitiger Parteinahme in wie auch immer gearteter Form (in dem Fall Kabarett) konsumiert, dann scheint mir die Logik irgendwie ein wenig vergewohltätigt.

Das erinnert mich irgendwie an dieses Video (http://www.youtube.com/watch?v=aFQFB5YpDZE). Ich finde es nämlich eher etwas bizarr, als Gegenargument auf eine Einseitige Berichterstattung in praktisch allen großen Medien, die durch Weglassen von Aspekten teilweise an Fehlinformation grenzt, Kabarett anzuführen und damit kontern zu wollen.

Mal abgesehen davon, daß Kabarett eben nicht in erster Linie einen Informationsauftrag hat, gibt es ja auch durchaus "Unions-Kabarett". Leute wie Nuhr oder Hirschhause zum Beispiel kann ich mir genau so wenig Anschauen, wie du vermutlich den Scheibenwischer.

Allerdings muss man bei der Einseitigkeit in diesem Fall eben auch sehen, daß es sich um eine Reaktion auf die Berichterstattung handelt. Wenn ich dann allerdings etwas lese wie, daß es sich dabei um einen Versuch von Putin-Fans handelt, die (ungesagt "korrekte") westliche Berichterstattung zu diskreditieren, dann höre ich eigentlich schon auf, dich in dieser Diskussion ernst zu nehmen.

Ich finde es aber auch allgemein sehr schwach, allen Kritikern am Kurs von EU und NATO zu unterstellen, dann eben Anhänger von Putin zu sein. Das erinnert mich irgendwie an Zensur-Ulla, die seinerzeit allen Gegnern der Netzsperren unterstellen wollen, Kinderpornographie zu unterstützen.

JackCrow
04.05.2014, 12:14
Ach, Quetschi, das wäre auch einfacher gegangen: "Kabarett finde ich doof, weil mir das zu links ist und deswegen haben die schon mal grundsätzlich nicht Recht."

Im Übrigen finden diese obrigkeitsentkoppelten Berichte über Russland und die Ukraine ja durchaus im Internet statt, nur eben ohne dass sie bis in die Leitmedien durchstechen. Ob du Kritik an der Berichterstattung jetzt für sinnvoll hältst, oder nicht, ist an der Stelle tatsächlich irrelevant, denn wie man schon daran, dass das NDR sich genötigt fühlte Fr. Krone-Schmalz ein solches Interview geben zu lassen, ist eine auffallend große Anzahl von Menschen da anderer Meinung, als du, und macht dieses auch gegenüber den Sendern bemerkbar. Da reicht es mir jetzt tatsächlich nicht, wenn der Herr Zerquetscher nicht an eine Einseitigkeit glaubt und das Thema in Pofalla-Manier deshalb für beendet erklärt. :p

DocKeule
04.05.2014, 12:26
Wobei man da auch wieder sagen muss, daß die ZAPP Redaktion in den meisten Fällen eben auch dezidiert medienkritisch agiert (wobei es auch da blinde Flecken gibt) und nicht unbedingt die normale NDR-Linie darstellt. Und der Reporter schien im Interview ob der Antworten auch etwas baff gewesen zu sein. Trotzdem, immerhin wurde es ausgestrahlt.

JackCrow
04.05.2014, 12:37
Wobei man da auch wieder sagen muss, daß die ZAPP Redaktion in den meisten Fällen eben auch dezidiert medienkritisch agiert (wobei es auch da blinde Flecken gibt) und nicht unbedingt die normale NDR-Linie darstellt. Und der Reporter schien im Interview ob der Antworten auch etwas baff gewesen zu sein. Trotzdem, immerhin wurde es ausgestrahlt.

Inzwischen wurde das Interview aber auch herumgereicht. Ausschnitte davon kamen zumindest schon bei ZDF-Formaten, die kein Kabarett waren. Auf arte wurde das auch thematisiert (auch wenn das jetzt sicher nicht massentauglich war).

umimatsu
05.05.2014, 20:15
Mein lieber Zerquetscher,

bitte finde den Fehler:

Journalist A schreibt für die B. Aufgabe eines Journalisten ist die öffentlichkeitswirksame Kontrolle der Regierung. In seiner Freizeit schreibt A. Positionspapiere für Think Tanks. Think Tanks beraten die Regierung.

Falls dir das zu allgemein gehalten ist: Der Journalist Jochen Bittner, freier Redakteur DIE ZEIT, schreibt Gaucks Rede für die Münchener Sicherheitskonferenz. Danach schreibt der gleiche Journalist einen wohlwollenden Artikel (http://www.zeit.de/politik/ausland/2014-01/muenchner-sicherheitskonferenz-gauck-rede-deutsche-aussenpolitik) über dessen Auftritt - natürlich ohne Namensangabe. Heraus kam es trotzdem (http://www.heise.de/tp/artikel/41/41289/1.html).

Jetzt sage mir lieber Zerquetscher, ist das objektive Berichterstattung? Ist das demokratisch?

P.S.: Die Aufgabe des Kabaretts ist es nicht, Problemlösungen anzubieten. Aufgabe des Kabaretts ist es, in polemischer und zynischer Form auf Missstände hinzuweisen.

JackCrow
06.05.2014, 23:49
Weil wir gerade beim Thema DIE ZEIT sind, sei dem Interessierten noch folgender Artikel (http://www.heise.de/tp/artikel/41/41289/1.html) ans Herz gelegt. Bei machen Sachen fällt mir spontan McCarthy ein.

Mein GOAT Walter
07.05.2014, 13:55
Es wäre übrigens toll, wenn Ihr einfach mal ein paar Seiten / Berichterstatter postet, von den Ihr wisst bzw. ausgeht, dass sie unverfälscht und parteiunabhängig sind.
Kann nur helfen! :) Passend zum Thema:

Russian Roulette: The Invasion of Ukraine (Vice Documentary) (https://news.vice.com/video/russian-roulette-the-invasion-of-ukraine-dispatch-one)

VICE News Reporter Simon Ostrovsky berichtet seit Wochen von der Ukraine-Krise. Der US-Amerikaner mit russichen Wurzeln befindet sich dabei fast immer zwischen den Fronten der einzelnen Lager und gerät nicht selten in brenzlige Situationen. Da Ostrovsky fließend Russisch spricht, kann er sich problemlos mit den Protagonisten beider Seiten unterhalten, dadurch sind seine Filme immer sehr greifbar und authentisch.

Brian Lee
07.05.2014, 21:34
Eigentlich unglaublich was für ein hohes Rating Putin im Westen hat. Ja, im Westen, wenn man die Medien ignoriert und mit den Leuten redet. Die meisten Amis die ich in US Foren mitkriege denken momentan so: "Hoffentlich läßt er (Putin) sich vom Westen nicht zu einem falschen Schritt verleiten." , "Unsere Politiker sind total verblödet. Wie Kinder denen man scharfe Waffen in die Hand gibt. Denen wäre zuzutrauen dass sie in der Ukraine intervenieren, dann haben wir den 3. Weltkrieg." Wie gesagt, das schreiben Amis. Klar gibt es dann noch die, die in Russland den ewigen kommunistischen Feind sehen, aber die scheinen in der Minderheit zu sein...

Edit: Das hier ist auch interessant. Bürger von London äußern sich zur Ukraine-Krise.

http://www.worldbytes.org/the-view-on-the-streets-ukraine/

Nekator
08.05.2014, 10:54
Finde ich nicht so überraschend, ok, bei den Amerikanern noch eher, aber gerade in Europa sind ein Gutteil der Bürger nicht sonderlich gut auf die heuchlerische Intervention der EU zu sprechen. Jene zumindest, die noch andere Quellen zum Denken nutzen als die öffentlichen Medien....

Sugar Landy Ratannah
08.05.2014, 12:22
Jene zumindest, die noch andere Quellen zum Denken nutzen als die öffentlichen Medien....

Weil es auch irgendeine Quelle gibt die 100% unabhängig ist und absolute keine eigenen Ziele verfolgt.
Wenn man nicht beteiligt war kann man nie und nimmer auch nur annähernd die Wahrheit kennen.

Nekator
08.05.2014, 13:28
Weil es auch irgendeine Quelle gibt die 100% unabhängig ist und absolute keine eigenen Ziele verfolgt.
Wenn man nicht beteiligt war kann man nie und nimmer auch nur annähernd die Wahrheit kennen.
Die Frau eines Freundes von mir, war Mitglied in der ukrainischen Armee und hat auch jetzt noch Freunde bzw. Familie dort.. Arbeitskollegin ebenso (also familie).. glaub mir, was die Staatsmedien hierzulande von sich geben ist übelster Propagandamist...

Aber ja, natürlich sollte man jeder Quelle, gerade im Internet, mit einer gesunden Prise Vorsicht begegnen.

JackCrow
08.05.2014, 13:52
Wobei man die double standards, die bei uns von Medien und Politik angewendet werden, selbst dann erkennen kann, wenn man nur die ÖR verfolgt.

Nekator
08.05.2014, 15:26
Sei dir mal nicht so sicher.. gerade Leute die sich wenig informieren, fallen da drauf rein...

Trauriges Beispiel, meine Freundin -.-

Zuletzt erst angefangen "der blöde Putin".. auf Nachfrage wie sie denn drauf komme, kam dann irgend eine blödsinnige Schlagzeile einiger deutscher Boulevard Blättchen, dass er ja seine Ex-Frau aus der Kreml Seite "ausgelöscht" habe - war geschrieben als hätte er sie gänzlich von der Welt getilgt .. wär ja eigentlich zum Lachen, wenns nicht so traurig wäre..

Brian Lee
08.05.2014, 18:02
Ist euch aufgefallen dass die Verhandlungen bezüglich der Ukraine nahezu ganz auf der Linie Washington-Berlin-Moskau stattfinden? Paris und London scheinen hier keinen zu interessieren, die müssen ziemlich eingeschnappt sein. ^^

DocKeule
09.05.2014, 17:38
So langsam scheint sich aber auch so mancher in der russischen Führung Gedanken zu machen, was für Territorien man sich da zusammen mit den "geretteten Brüdern" ans Bein binden würde und die Begeisterung scheint etwas abzukühlen.

Der Zerquetscher
10.05.2014, 09:21
Wenn ich dann allerdings etwas lese wie, daß es sich dabei um einen Versuch von Putin-Fans handelt, die (ungesagt "korrekte") westliche Berichterstattung zu diskreditieren, dann höre ich eigentlich schon auf, dich in dieser Diskussion ernst zu nehmen.


Bitte sei nicht so hart zu mir. Armer deprimierter Zerquetscher. :(

Ich komme eben aus Riga zurück von einem Comenius-Projekt. Das ist so eine Art Lehrer/Schüler-Austausch, um Europäer einander näherzubringen, Ideen und Wesenszüge anderer Schulwesen zu sammeln und womöglich das heimische Schulsystem zu verbessern. Das war nach Riga 2012 und Vilnius 2013 nun mein dritter Besuch des überraschend schönen Baltikums. Ist aber nebensächlich.

Was nicht nebensächlich ist, sind die Dutzenden Gespräche, die ich die Woche mit Letten und Russen (!) führen konnte. Und nach diesem aufschlussreichen Besuch sind meine letzten Zweifel weggewischt, dass das Bild von Russland, das von unseren Medien gezeichnet wird, hinsichtlich der Putinschen Agitation und der Aggressivität russischer Berichterstattung absolut realistisch und authentisch ist. Jack, Umi, Keule und co,.. wenn ihr glaubt, unsere Medien liefern da ein schiefes Bild, dann seid ihr meines Erachtens ahnungslos. Aus welcher Motivation heraus auch immer.

Selbst russische Lehrer an unserer Gastschule in Riga bestätigen peinlich berührt, dass durch Putins Ukraine-Politik des starken Russland auch in Lettland ein (kleinerer) Teil der russischen Minderheit versucht, Putin dazu zu bewegen, Lettland zurück ins Reich zu holen. Am Donnerstag wurde die Siegesfeier (8./9.Mai) zum Sieg im Vaterländischen Krieg zu einer für Nichtrussen womöglich recht unangenehmen Sache, wenn sie sich als Nichtrussen zu erkennen gaben am Siegesdenkmal vor dem Maritim Hotel (in dem wir übernachtet haben). Und diese bisher völlig unauffälligen Leute werden durch nichts anderes als die Berichterstattung Moskaus aufgeheizt und aufgeputscht. Da ist man auf einmal "unterdrückte Minderheit", der von Putin geholfen werden muss, obwohl mir selbst viele verwunderte Russen bestätigten, dass in Lettland niemand (!) benachteiligt oder gar unterdrückt wird. Lettland ist ein Rechtsstaat, in dem Russen wie Letten absolut gleichberechtigt sind. Aber Gelegenheit macht Diebe oder so. Und Putin bietet (offenbar oder angeblich - je nach Sichtweise) als Dieb (?) diese Gelegenheit. Naja, jedenfalls ist da mit Moskau und seiner aggressiven Großtuerei einiges im Argen, ob man nun der AfD oder der Linkspartei glaubt und den Kopf hirnlos in den Sand steckt oder offenen Auges Schiss bekommt. Aber das werdet ihr bestimmt wieder viel besser wissen. Trotzdem, wunderschönen Samstag ihr Lieben! ;)

umimatsu
10.05.2014, 09:56
Quetschi, Lettland ist Mitglied der EU und NATO. So dumm wird Putin nicht sein. Übrigens halte ich ihn für einen Brandstifter, wie den Westen auch, der mit fingierten Beweise in den Irak einmarschierte oder unliebsame Zeitgenossen per Drohne das Zeitliche segnen lässt. Putin hatte gute Lehrmeister - und damit meine ich nicht die Schergen vom KGB.

DocKeule
10.05.2014, 10:28
Bitte sei nicht so hart zu mir. Armer deprimierter Zerquetscher. :(

Ich komme eben aus Riga zurück von einem Comenius-Projekt. Das ist so eine Art Lehrer/Schüler-Austausch, um Europäer einander näherzubringen, Ideen und Wesenszüge anderer Schulwesen zu sammeln und womöglich das heimische Schulsystem zu verbessern. Das war nach Riga 2012 und Vilnius 2013 nun mein dritter Besuch des überraschend schönen Baltikums. Ist aber nebensächlich.

Was nicht nebensächlich ist, sind die Dutzenden Gespräche, die ich die Woche mit Letten und Russen (!) führen konnte. Und nach diesem aufschlussreichen Besuch sind meine letzten Zweifel weggewischt, dass das Bild von Russland, das von unseren Medien gezeichnet wird, hinsichtlich der Putinschen Agitation und der Aggressivität russischer Berichterstattung absolut realistisch und authentisch ist. Jack, Umi, Keule und co,.. wenn ihr glaubt, unsere Medien liefern da ein schiefes Bild, dann seid ihr meines Erachtens ahnungslos. Aus welcher Motivation heraus auch immer.

Äh...hat daran irgendjemand gezweifelt?

Ich glaube, die russischen Medien waren hier überhaupt kein Thema und die (in meinen Augen nach wie vor sehr berechtigte) Kritik an den deutschen Medien trifft überhaupt keine Aussage über die Qualität oder fehlenden Qualität der dortigen Berichterstattung. Nur macht die russische Kriegspropaganda die Arbeit unserer Medien, die sich weit von journalistischen Standards entfernt haben, kein Stück besser.

Aber das zeigt für mich wieder gut das Problem. Wenn man auf Probleme hier hinweist, wird einem sofort vorgeworfen, "den Russen" damit die Absolution erteilt zu haben. Wer nicht kritiklos für uns ist, ist gegen uns und für die Anderen (also "die Bösen").
Genau so wird, wer darauf hinweist, daß EU, NATO und IWF einen wesentlichen Anteil am Zustandekommen der aktuellen Situation haben - indem sie die Ukraine vor eine Entweder-Oder-Entscheidung gestellt haben, um Russlands Einfluss abzudrängen - sofort zum "Putin-Versteher" abgestempelt, der sich auf die Seite der Russen geschlagen hat und ihre Handlungen befürwortet.

Brian Lee
10.05.2014, 13:11
Selbst russische Lehrer an unserer Gastschule in Riga bestätigen peinlich berührt, dass durch Putins Ukraine-Politik des starken Russland auch in Lettland ein (kleinerer) Teil der russischen Minderheit versucht, Putin dazu zu bewegen, Lettland zurück ins Reich zu holen.

Wenn man nach unseren objektiven Medien geht, wird er vermutlich erst Alaska besetzen. :o

JackCrow
10.05.2014, 14:12
Aber das zeigt für mich wieder gut das Problem. Wenn man auf Probleme hier hinweist, wird einem sofort vorgeworfen, "den Russen" damit die Absolution erteilt zu haben. Wer nicht kritiklos für uns ist, ist gegen uns und für die Anderen (also "die Bösen").
Genau so wird, wer darauf hinweist, daß EU, NATO und IWF einen wesentlichen Anteil am Zustandekommen der aktuellen Situation haben - indem sie die Ukraine vor eine Entweder-Oder-Entscheidung gestellt haben, um Russlands Einfluss abzudrängen - sofort zum "Putin-Versteher" abgestempelt, der sich auf die Seite der Russen geschlagen hat und ihre Handlungen befürwortet.

Das geht aber schon beim Sprachgebrauch los. Ich habe gelernt, dass ich ein böser "Putin-Versteher" bin, weil ich sowohl seine innen- als auch seine außenpolitische Motivation verstehen kann. Dass verstehen nicht unbedingt auch gutheißen bedeutet, wird da gerne ausgeklammert. Die, von denen der Vorwurf kommt, sind in der Regel Obama-Versteher oder USA-Versteher oder NATO-Versteher (alles keine Schimpfworte), die in Putin, natürlich völlig realitätsnah nur den verrückten Despoten sehen, der jetzt halt durchknallt. Also einer wie Assad, Ghaddafi, Mubarak usw.
Ich verstehe ja, dass es das Leben erleichtert, wenn man klare Feindbilder hat, aber wer ständig an Verrückte an der Spitze anderer Länder glaubt... naja. Und wer zurecht denkt, dass Putin das Völkerrecht gerade mit Füßen tritt, der muss sich schon fragen lassen, wo seine Kritik gegenüber NATO und USA in den letzten 10-15 Jahren so war? Zerquetscher?

Brian Lee
10.05.2014, 17:12
Eine weitere Diskussion mit jemand der überhaupt nicht voreingenommen ist macht natürlich Sinn. Der z. B. "weiß", dass in Lettland Russen alle Rechte genießen, und deswegen mit einem Bevölkerungsanteil von fast 30% keinerlei Autonomie haben, was die EU eigentlich schon für viel kleinere Minderheiten vorsieht. Aber sind halt Russen die immer nur erobern und russifizieren wollen, von daher...

DocKeule
11.05.2014, 14:06
Und wer zurecht denkt, dass Putin das Völkerrecht gerade mit Füßen tritt, der muss sich schon fragen lassen, wo seine Kritik gegenüber NATO und USA in den letzten 10-15 Jahren so war? Zerquetscher?

Wobei ich da auch nicht sehe, warum das Fehlverhalten in einem Fall das Fehlverhalten im anderen Fall relativieren soll. Der wichtigere Punkt ist da in meinen Augen, daß Russland eben nicht aus dem Nichts heraus agiert hat, sondern "der Westen" in Form verschiedener Akteure die Lage selbst und sehenden Auges (wenn man es denn hätte sehen wollen) zugespitzt hat. Und DARAUS (und in meinen Augen in erster Linie daraus) ergibt sich ein massives Problem, jetzt mit dem Finger auf Russland zu zeigen und Sanktionen zu fordern.

Der Zerquetscher
12.05.2014, 19:04
Quetschi, Lettland ist Mitglied der EU und NATO. So dumm wird Putin nicht sein. Übrigens halte ich ihn für einen Brandstifter, wie den Westen auch, der mit fingierten Beweise in den Irak einmarschierte oder unliebsame Zeitgenossen per Drohne das Zeitliche segnen lässt. Putin hatte gute Lehrmeister - und damit meine ich nicht die Schergen vom KGB.

Denke ich ja auch nicht, Umi. Gott sei Dank für die Letten gibt es die NATO. ;)

Und was den Irak-Krieg angeht, dann kann man mit Fug und Recht sagen, dass der das größte Fiasko der Amerikaner war seit Vietnam. Das hat sogar der größere Teil der Republikaner in den USA eingesehen. Man hat dort einen großen Preis für den Stumpfsinn der Bush-Regierung gezahlt. Schadenfrohe könnten sagen: Recht geschehen.

Und was Drohnen angeht. Wenn es islamistische Extremisten erwischt. Gut so. Hätte Putin die Möglichkeiten der Supermacht USA sähe es, was Drohneneinsätze angeht, noch ganz anders aus als zur Zeit. Da bin ich mir recht sicher. Obwohl diese Diskussion zu theoretisch ist und selbstredend zu nichts führt.


Äh...hat daran irgendjemand gezweifelt?

Ich glaube, die russischen Medien waren hier überhaupt kein Thema und die (in meinen Augen nach wie vor sehr berechtigte) Kritik an den deutschen Medien trifft überhaupt keine Aussage über die Qualität oder fehlenden Qualität der dortigen Berichterstattung. Nur macht die russische Kriegspropaganda die Arbeit unserer Medien, die sich weit von journalistischen Standards entfernt haben, kein Stück besser.

Aber das zeigt für mich wieder gut das Problem. Wenn man auf Probleme hier hinweist, wird einem sofort vorgeworfen, "den Russen" damit die Absolution erteilt zu haben. Wer nicht kritiklos für uns ist, ist gegen uns und für die Anderen (also "die Bösen").
Genau so wird, wer darauf hinweist, daß EU, NATO und IWF einen wesentlichen Anteil am Zustandekommen der aktuellen Situation haben - indem sie die Ukraine vor eine Entweder-Oder-Entscheidung gestellt haben, um Russlands Einfluss abzudrängen - sofort zum "Putin-Versteher" abgestempelt, der sich auf die Seite der Russen geschlagen hat und ihre Handlungen befürwortet.

Doch die russischen Medien sind ein Thema, lieber DocKeule. Denn das Sprachrohr des Kremls signalisiert die Marschrichtung, die von vielen im Ausland lebenden Russen eingeschlagen wird. Und das wiederum ist ein Indiz der Gefahr, die womöglich droht. Und hier plädiere ich selbstverständlich auf diplomatische Lösung, allerdings kombiniert mit einer stärkeren europäischen Komponente der NATO als wir sie derzeit haben. Erstens ist man dann nicht mehr auf Gedeih und Verderb auf die USA angewiesen und zweitens ist es unser Europa, für dessen Zukunft WIR Europäer einstehen und kämpfen müssen. Hoffentlich nur im übertragenen Sinn. Selbst bei einigen linken Medien ist das innzwischen angekommen, wie etwa der TAZ. Ich konnte meinen Ohren beim Presseclub nicht trauen. Dieses Friede-Freude-Eierkuchen mag vielleicht für klein Hänschen die einzige Option sein, nicht aber für einen denkenden, weitsichtigen Menschen. Wir reden hier von wehrhafter Friedfertigkeit. Aber das "wehrhaft" bitte nicht vergessen. Und dafür braucht es mehr Geld als derzeit in Deutschland für die Armee ausgegeben wird.

Übrigens, was sollte denn deiner Meinung nach die Reaktion des Westens sein, wenn Putin die staatliche Souveränität seiner Nachbarstaaten weiterhin missachtet? Wenn er weiterhin destabilisierend auf Nachbarländer einwirkt? Gar in EU-Mitgliedsstaaten (ein zugegeben unrealistisches Horrorszenario)?

Glissinda der Troll
12.05.2014, 19:12
Du bist also für die Todesstrafe ohne Gerichtsverfahren wenn du jemanden verdächtigst ein Islamist zu sein. Und der Nachbar der zufälligerweise gerade vorbeigeht hat halt Pech gehabt.

CM Landratomaniac
12.05.2014, 22:47
Aktuell bin ich gespannt, wie Russland mit den Folgekosten zurecht kommen will. Mir geht seit Tagen folgendes durch den Kopf:
Die Krim ist russisch - so. Am Ende wird die Ukraine in einen Ost- und einen Westteil gespalten; ähnlich wie der Nord- und der Südsudan vor ein paar Jahren. Europa wird die Westukraine auffangen können, wenn es sein muss. Aber ob Russland die Folgekosten der Krim und der Ostukraine gestemmt bekommt? Wenn dem nicht so ist, wünschen sich die Krimbewohner und die Ostukrainer den Rückanschluss an die Westukraine und wenden sich urplötzlich der EU zu, weil Mütterchen Russland in ein 'Zweiklassendenken' verfällt und zwischen 'richtigen Russen' und 'Beuterussen'(Krim und Ostukraine) unterscheidet. Und wie bekämpft man solche Strömungen? Die Sowjetunion hat es in Polen, der Tschechoslowakei und der DDR vorgemacht.

DocKeule
12.05.2014, 23:29
Doch die russischen Medien sind ein Thema, lieber DocKeule. Denn das Sprachrohr des Kremls signalisiert die Marschrichtung, die von vielen im Ausland lebenden Russen eingeschlagen wird. Und das wiederum ist ein Indiz der Gefahr, die womöglich droht. Und hier plädiere ich selbstverständlich auf diplomatische Lösung, allerdings kombiniert mit einer stärkeren europäischen Komponente der NATO als wir sie derzeit haben. Erstens ist man dann nicht mehr auf Gedeih und Verderb auf die USA angewiesen und zweitens ist es unser Europa, für dessen Zukunft WIR Europäer einstehen und kämpfen müssen. Hoffentlich nur im übertragenen Sinn. Selbst bei einigen linken Medien ist das innzwischen angekommen, wie etwa der TAZ. Ich konnte meinen Ohren beim Presseclub nicht trauen. Dieses Friede-Freude-Eierkuchen mag vielleicht für klein Hänschen die einzige Option sein, nicht aber für einen denkenden, weitsichtigen Menschen. Wir reden hier von wehrhafter Friedfertigkeit. Aber das "wehrhaft" bitte nicht vergessen. Und dafür braucht es mehr Geld als derzeit in Deutschland für die Armee ausgegeben wird.

Jetzt lenk doch nicht schon wieder ab. Du hast jede Kritik an der Berichterstattung der deutschen Medien und am Vorgehen der Europäer mindestens als Feigheit vor, wenn nicht sogar bewusster Unterstützung von Putin bezeichnet. Und nach etwas Gegenwind kommst du plötzlich mit den russischen Medien um die Ecke, was in diesem Zusammenhang einfach nichts am Thema ändert. Jetzt kommt also das nächste inhaltliche Hakenschlagen.

Aber bleiben wir mal einen Moment bei den Medien. Daß die russischen Medien überwiegend reine Propaganda-Instrumente sind, hat hier glaube ich niemand bezweifelt. Die frage ist, ob das dann der Standard ist, an dem wir ihre deutschen Pendants messen sollten, die eben teilweise nicht viel objektiver agiert haben, nur eben auf der anderen Seite des Konflikts.
Übrigens hat die taz seit einigen Monaten einen deutlichen Rechtsschwenk vollzogen, dass sie demnächst vielleicht noch zu deiner Stammzeitung wird.


Übrigens, was sollte denn deiner Meinung nach die Reaktion des Westens sein, wenn Putin die staatliche Souveränität seiner Nachbarstaaten weiterhin missachtet? Wenn er weiterhin destabilisierend auf Nachbarländer einwirkt? Gar in EU-Mitgliedsstaaten (ein zugegeben unrealistisches Horrorszenario)?

Das Problem ist, dass du dich nach wie vor weigerst, die Vorgeschichte zur Kenntnis zu nehmen und ich meine jetzt nicht mal, dass der Westen Russland seit 1989 immer weiter eingekreist hat, ohne es aber gleichzeitig auch einzubinden, sondern tatsächlich nur die Ukraine.

Die EU, IWF etc. haben bewusst versucht, die gerade im Aufbau befindliche Zollunion von Russland und der Ukraine durch ein Assoziationsabkommen zu torpedieren, das neben dieser wirtschaftlichen Zusammenarbeit faktisch auch die militärische Kooperation unmöglich gemacht hätte. Die Ukraine sollte also gezwungen werden, sich zwischen EU und Russland zu entscheiden.
Es war weder notwenig noch sinnvoll, Russland in dieser Form vor den Kopf zu stoßen. Zum einen hätte einem klar sein können und müssen, dass Russland etwa auf seine Stützpunkte auf der Krim nicht würde verzichten können, weil daran die Kontrolle des ganzen Schwarzen Meeres hängt. Aber auch wirtschaftlich war es unglaublich kurz gedacht, weil die Ukraine zum Beispiel ohne die extrem hohen Rabatte auf Energielieferungen (und das ist der Hintergrund der „Preissteigerungen“ über die unsere Medien berichtet haben) kaum überlebensfähig ist, was auch die EU und Co nicht auffangen können und vermutlich auch gar nichts ernsthaft wollen.

Weiter haben danach auch erstmal die westlichen Akteure das Land bewusst destabilisiert. Als sich eine sehr heterogene und über weiter Strecken auch sehr zweifelhafte Mischung an Gruppierungen gegen die genau so zweifelhafte, aber gewählte Regierung gestellt hat, wurde die Opposition vom Westen offen unterstützt – nicht etwa, weil sie unbedingt demokratisch gewesen wäre oder wirtschaftlich eine weißere Weste hätte, sondern weil man sich von ihr eine pro-westliche Politik erhofft hat. DAS hat den Konflikt zuallererst mal angeheizt.

Und darauf kam dann eine Reaktion von Russland, die absolut inakzeptabel ist. Darüber braucht man auch nicht diskutieren oder relativieren wollen. Was die russische Regierung da in den letzten Wochen abgezogen hat, ist unterste Schublade und eine Art von Verhalten, das man eigentlich seit Jahrzehnten überwunden geglaubt hat.

Aber jetzt nur auf Russland zu zeigen, ist billig und eben insbesondere EU, NATO und Konsorten sollten sich da sehr zurück halten – und das eben nicht wegen irgendwelcher Geschichten von vor 15 Jahren, sondern weil sie dieses Feuer maßgeblich selbst geschürt hat und weil ihre Verbündeten kaum besser sind, als die weggeputschten Vorgänger. Da ist schlicht keine Basis, um sich eine moralische Überlegenheit einzubilden.

Zur aktuellen Situation: Keine Ahnung. Die Einfache Lösung sehe ich nicht, weil man es bis zu einem Punkt getrieben hat, an dem niemand zurück kann, ohne sein Gesicht zu verlieren. Ich glaube persönlich nicht, dass Putin wirklich an weiteren Territorialgewinnen interessiert ist, die viel Geld kosten werden, aber seinen Status im Moment nicht weiter aufwerten können. (Was nicht bedeutet, dass er nicht irgendwann wieder von sich aus zu solchen Mitteln greifen könnte, wenn sein Stern sinkt). Er kann sich aber auch andererseits nicht von den panrussischen Bewegungen abwenden, die es bei den russischen Minderheiten in verschiedenen Ländern gibt, weil er dann sein ganzes gerade (zurück-) gewonnenes Prestige auf einen Schlag verlieren würde. Ich habe das Gefühl, dass man da Geister gerufen hat, die kurz nützlich waren, die man aber jetzt nicht mehr loswird.

Auf der anderen Seite haben wie den Westen, der zum einen der aggressiven Reaktion der Russen ziemlich hilflos gegenüber stand und zum anderen aber auch gar kein Interesse an einem mutmaßlich ziemlich teuren Engagement in der Ukraine hat, die aber kaum auf eigenen Füssen stehen kann.

Aber wie man dort den Dampf ablassen könnte, um mal wieder einigermaßen rational zu handeln, dazu fällt mir nicht wirklich viel ein. Vermutlich ist die Ukraine in der heutigen Form mittlerweile tatsächlich kaum mehr zu halten (und man könnte fragen, ob sie jemals lebensfähig war). Im Moment wäre es vielleicht das Wichtigste darauf zu schauen, dass man nicht am Ende in der Logik der Konfrontation und im Glauben an die eigene moralische Überlegenheit aus Versehen in einen heißen Konflikt stolpert.

Aber ich gebe die Frage mal zurück. Was wäre denn deiner Meinung nach konkret zu tun? Aufrüsten und dann? Stellen wir wieder konventionelle Truppen an die Außengrenzen (was wenn dann eine gemeinsame europäische Streitmacht sinnvoller machen würde, als größere nationale Armeen), die in einem tatsächlichen Krieg kaum noch eine Rolle spielen würden. Und…schützen wir gerade im Fall von Osteuropa da tatsächlich unsere Wertegemeinschaft oder eher eine Peripherie, die bestenfalls wirtschaftlich interessant sind, wenn wir ehrlich sind.
Wirtschaftssanktionen gehen natürlich immer. Da zeigen ja die Beispiele der Vergangenheit wie der Iran oder Kuba, wie erfolgreich die bisher waren. Das Problem da ist allerdings auch, dass man den Schritt, den man in diese Richtung gegangen ist, nur sehr schwer wieder zurück gehen kann, selbst wenn sich die Lage irgendwann entspannt, ohne aber am eigentlichen Anlass der Sanktion etwas zu ändern.

Brian Lee
13.05.2014, 00:43
Aktuell bin ich gespannt, wie Russland mit den Folgekosten zurecht kommen will. Mir geht seit Tagen folgendes durch den Kopf:
Die Krim ist russisch - so. Am Ende wird die Ukraine in einen Ost- und einen Westteil gespalten; ähnlich wie der Nord- und der Südsudan vor ein paar Jahren. Europa wird die Westukraine auffangen können, wenn es sein muss. Aber ob Russland die Folgekosten der Krim und der Ostukraine gestemmt bekommt? Wenn dem nicht so ist, wünschen sich die Krimbewohner und die Ostukrainer den Rückanschluss an die Westukraine und wenden sich urplötzlich der EU zu, weil Mütterchen Russland in ein 'Zweiklassendenken' verfällt und zwischen 'richtigen Russen' und 'Beuterussen'(Krim und Ostukraine) unterscheidet. Und wie bekämpft man solche Strömungen? Die Sowjetunion hat es in Polen, der Tschechoslowakei und der DDR vorgemacht.

22.03 Uhr: Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat vor den Folgen harter Wirtschaftssanktionen gegen Russland im Ukraine-Konflikt gewarnt. "Ein Wirtschaftskrieg würde vor allem den Westen treffen", so Steinmeier.

Die West-Ukraine ist ohne den Ost-Teil VERLOREN, weil sie praktisch keine eigene Industrie hat. Der Westen kann nicht mal schnell einen "Marschall-Plan" für die Ukraine machen, weil er mittlerweile selber einen benötigt. Diese Milliarden die sie zusammengekratzt haben reichen gerade mal dafür, den Laden für ein paar Monate halbwegs am Laufen zu halten.

Das hier wird der Ukraine den Rest geben, wenn es eintritt:

OAO Gazprom wird der Ukraine am Dienstag die Rechnung für Juni schicken, wie Konzernchef Alexej Miller am Montag bei einem Treffen mit dem russischen Ministerpräsidenten Dmitri Medwedew ankündigte. Wenn die Rechnung nicht bis zum 2. Juni beglichen werde, dann erhalte die Ukraine ab 10 Uhr am nächsten Tag kein Gas mehr aus Russland.

"Es ist an der Zeit, aufzuhören, sie zu verhätscheln. Benachrichtige sie morgen und stell' sie auf Vorkasse um", sagte Medwedew während des Treffens. "Ich denke, dass alle möglichen Wege, um diese Situation anders zu lösen, von Gazprom unternommen wurden."

http://www.welt.de/newsticker/bloomberg/article127930855/Russische-Gazprom-droht-Ukraine-mit-Gas-Lieferstopp-am-3-Juni.html

Hier noch was Interessantes: http://www.tt.com/home/8380274-91/russland---gazprom-gesch%C3%A4ft-mit-china-kurz-vor-abschluss.csp

DocKeule
14.05.2014, 12:37
Das (http://www.spiegel.de/politik/ausland/ukraine-russland-haelt-geplante-praesidentenwahl-fuer-illegitim-a-969322.html) geht natürlich schon irgendwie in Richtung Satire, nachdem man gerade das Referendum in der Ostukraine anerkannt hat.

Der Zerquetscher
14.05.2014, 15:22
Jetzt lenk doch nicht schon wieder ab. Du hast jede Kritik an der Berichterstattung der deutschen Medien und am Vorgehen der Europäer mindestens als Feigheit vor, wenn nicht sogar bewusster Unterstützung von Putin bezeichnet. Und nach etwas Gegenwind kommst du plötzlich mit den russischen Medien um die Ecke, was in diesem Zusammenhang einfach nichts am Thema ändert. Jetzt kommt also das nächste inhaltliche Hakenschlagen.

Du überschätzt meine körperliche Agilität. Um "Haken" zu schlagen, müsste ich mich erst bewegen. Aber ich sitze hier so entspannt wie Buddha. ;)

DocKeule, hör auf zu widersprechen, nur weil das Widersprechen so schön ist. Ich habe gesagt und wiederhole das gerne, dass ich nicht glaube, dass die deutschen Medien irgendein schiefes Bild Russlands liefern - wie das manche behaupten. Dagegen meine ich, dass die derzeit vom Kreml initiierte nationale/nationalistische Bewegung in Russland Wirklichkeit ist und eben nicht (!) von unseren Medien falsch oder übertrieben dargestellt wird. Und DAFÜR ist die russische Presse eben ein interessantes Beispiel, da sie genau diese Meinungsmache, von der ich hier spreche, initiiert, kolportiert und anschaulich ausdrückt. Wenn du also nicht glaubst, dass unsere Medien halbwegs objektiv berichten, na dann glaubst du vielleicht der offenkundigen Agitation der russischen, wenn es um ein realistisches Stimmungsbild in Russland geht. Ist dir der Zusammanhang jetzt klar?


Aber bleiben wir mal einen Moment bei den Medien. Daß die russischen Medien überwiegend reine Propaganda-Instrumente sind, hat hier glaube ich niemand bezweifelt. Die frage ist, ob das dann der Standard ist, an dem wir ihre deutschen Pendants messen sollten, die eben teilweise nicht viel objektiver agiert haben, nur eben auf der anderen Seite des Konflikts.
Übrigens hat die taz seit einigen Monaten einen deutlichen Rechtsschwenk vollzogen, dass sie demnächst vielleicht noch zu deiner Stammzeitung wird.

Was stört dich an der Berichterstattung der deutschen Medien? Dass da einmal von "pro-russischem Mob" gesprochen wurde? Oder dass sie ein schiefes Stimmungsbild aus Russland liefern? Denn genau das tun sie meines Erachtens nicht. Siehe oben. Da ist die Revolution gegen Janukowitsch für Putin "vom Westen finanziert" oder eben aus "Faschisten" rekrutiert. Ja wenn das in seiner Einseitigkeit keine manipulative Propaganda ist, was denn bitte dann? Und die Menschen in Russland glauben das.



Das Problem ist, dass du dich nach wie vor weigerst, die Vorgeschichte zur Kenntnis zu nehmen und ich meine jetzt nicht mal, dass der Westen Russland seit 1989 immer weiter eingekreist hat, ohne es aber gleichzeitig auch einzubinden, sondern tatsächlich nur die Ukraine.

Die EU, IWF etc. haben bewusst versucht, die gerade im Aufbau befindliche Zollunion von Russland und der Ukraine durch ein Assoziationsabkommen zu torpedieren, das neben dieser wirtschaftlichen Zusammenarbeit faktisch auch die militärische Kooperation unmöglich gemacht hätte. Die Ukraine sollte also gezwungen werden, sich zwischen EU und Russland zu entscheiden.
Es war weder notwenig noch sinnvoll, Russland in dieser Form vor den Kopf zu stoßen. Zum einen hätte einem klar sein können und müssen, dass Russland etwa auf seine Stützpunkte auf der Krim nicht würde verzichten können, weil daran die Kontrolle des ganzen Schwarzen Meeres hängt. Aber auch wirtschaftlich war es unglaublich kurz gedacht, weil die Ukraine zum Beispiel ohne die extrem hohen Rabatte auf Energielieferungen (und das ist der Hintergrund der „Preissteigerungen“ über die unsere Medien berichtet haben) kaum überlebensfähig ist, was auch die EU und Co nicht auffangen können und vermutlich auch gar nichts ernsthaft wollen.

Weiter haben danach auch erstmal die westlichen Akteure das Land bewusst destabilisiert. Als sich eine sehr heterogene und über weiter Strecken auch sehr zweifelhafte Mischung an Gruppierungen gegen die genau so zweifelhafte, aber gewählte Regierung gestellt hat, wurde die Opposition vom Westen offen unterstützt – nicht etwa, weil sie unbedingt demokratisch gewesen wäre oder wirtschaftlich eine weißere Weste hätte, sondern weil man sich von ihr eine pro-westliche Politik erhofft hat. DAS hat den Konflikt zuallererst mal angeheizt.

Ein Großteil der Bevölkerung in der Ukraine weiß aus schmerzhafter Erinnerung noch sehr genau wie es ist, von Russland abhängig zu sein. Sie wissen, dass der "große Bruder" wieder wie früher den Ton angeben möchte und die Ukraine mit seiner Zollunion langfristig bevormunden würde. Janukowitsch hatte der gute Putin im Sack. Seine Bevölkerung leider nun einmal nicht. Die wollen sich nach Westen orientieren. Meines Erachtens im allerhöchsten Maße verständlich! Und das will Putin nicht hinnehmen. Sein Traum ist diese Zollunion. Und da funkt ihm Europa auf einmal mit seiner wesentlich wohlschmeckenderen Union dazwischen. Verständlich, dass ihn das stört, aber ein Recht zur Intervention gibt ihm das noch lange nicht. Und wieso zum Kuckuck sollte die EU es ablehnen, einem souveränen Staat die Möglichkeit zu offerieren, mit ihr Geschäfte zu machen. Nur weil Putin das gegen den Strich geht? Okay. Gut. Dann können wir fortan aber auch damit aufhören, von fairem Wettbewerb und freier Entfaltung zu schwafeln. Weil es sowieso nur gelogen wäre.

Die EU ist schmackhaft. Sie bietet enorme Freiheiten UND enorme Möglichkeiten. Dass das andere als Konkurrenz ansehen, liegt in der Natur der Sache.

Meines Wissens wurde nirgends vertraglich festgehalten, dass sich die EU nicht nach Osten erweitern darf. Oder habe ich das falsch in Erinnerung? Was Genscher damals versprochen hat, einmal beiseite. Er war garnicht in der Position Schewardnadse oder Gorbatschow irgendwetwas zu versprechen. Auch wenn selbst die sich heute darauf berufen. Du hast Recht wenn du fragst, ob es den Konflikt mit Russland wert ist, die Ukraine in den Westen mehr einzubinden? Keine unberechtigte Frage! Aber die Antwort darauf in unbedingt konfliktscheuem Sinne wäre, und ich hoffe das ist dir klar, eine rein pragmatische, keine moralische oder gar ideale.


Aber jetzt nur auf Russland zu zeigen, ist billig und eben insbesondere EU, NATO und Konsorten sollten sich da sehr zurück halten – und das eben nicht wegen irgendwelcher Geschichten von vor 15 Jahren, sondern weil sie dieses Feuer maßgeblich selbst geschürt hat und weil ihre Verbündeten kaum besser sind, als die weggeputschten Vorgänger. Da ist schlicht keine Basis, um sich eine moralische Überlegenheit einzubilden.

Oh, das tue ich aber. Allerdings nur auf Regierungsebene. Die Menschen selbst meine ich natürlich nicht. Hier gibt es, wie gesagt, kein Gut oder Böse. Ich denke aber eben, dass die EU, bei all ihren Myriaden an Fehlern, einem immer totalitärer regierten Staat wie Russland moralisch weit überlegen ist.

Und selbst wenn das nicht so wäre. Warum sollte man einem in diesem Fall offensichtlich an Expansion interessierten Gegenspieler einfach zugucken? Wer das verschreckt täte, sollte besser kein Schach spielen. Denn er hätte das Spiel verloren und dürfte beginnen zu zahlen.

Dass kein Staat meines Erachtens in auch nur entferntester Weise einem Engelsheim gleicht, habe ich oben ja schon episch ausgeführt. So funktioniert die Welt nur im Hollywoodfilm. Aber in der EU kann man sich beispielsweise auf so nette Dinge wie halbwegs faire Rechtsprechung und auf wirklich freie Wahlen verlassen. Und das finde ich alles andere als vernachlässigenswert.


Zur aktuellen Situation: Keine Ahnung. Die Einfache Lösung sehe ich nicht, weil man es bis zu einem Punkt getrieben hat, an dem niemand zurück kann, ohne sein Gesicht zu verlieren. Ich glaube persönlich nicht, dass Putin wirklich an weiteren Territorialgewinnen interessiert ist, die viel Geld kosten werden, aber seinen Status im Moment nicht weiter aufwerten können. (Was nicht bedeutet, dass er nicht irgendwann wieder von sich aus zu solchen Mitteln greifen könnte, wenn sein Stern sinkt). Er kann sich aber auch andererseits nicht von den panrussischen Bewegungen abwenden, die es bei den russischen Minderheiten in verschiedenen Ländern gibt, weil er dann sein ganzes gerade (zurück-) gewonnenes Prestige auf einen Schlag verlieren würde. Ich habe das Gefühl, dass man da Geister gerufen hat, die kurz nützlich waren, die man aber jetzt nicht mehr loswird.

Auf der anderen Seite haben wie den Westen, der zum einen der aggressiven Reaktion der Russen ziemlich hilflos gegenüber stand und zum anderen aber auch gar kein Interesse an einem mutmaßlich ziemlich teuren Engagement in der Ukraine hat, die aber kaum auf eigenen Füssen stehen kann.

Aber wie man dort den Dampf ablassen könnte, um mal wieder einigermaßen rational zu handeln, dazu fällt mir nicht wirklich viel ein. Vermutlich ist die Ukraine in der heutigen Form mittlerweile tatsächlich kaum mehr zu halten (und man könnte fragen, ob sie jemals lebensfähig war). Im Moment wäre es vielleicht das Wichtigste darauf zu schauen, dass man nicht am Ende in der Logik der Konfrontation und im Glauben an die eigene moralische Überlegenheit aus Versehen in einen heißen Konflikt stolpert.

Bis auf das manische "der Westen ist immer und überall Hauptschuld" das bei dir als überzeugtem Linken mir viel zu sehr mitschwingt ;), analysierst du die Sache IMO recht klar. Sehe ich ganz ähnlich.



Aber ich gebe die Frage mal zurück. Was wäre denn deiner Meinung nach konkret zu tun? Aufrüsten und dann? Stellen wir wieder konventionelle Truppen an die Außengrenzen (was wenn dann eine gemeinsame europäische Streitmacht sinnvoller machen würde, als größere nationale Armeen), die in einem tatsächlichen Krieg kaum noch eine Rolle spielen würden. Und…schützen wir gerade im Fall von Osteuropa da tatsächlich unsere Wertegemeinschaft oder eher eine Peripherie, die bestenfalls wirtschaftlich interessant sind, wenn wir ehrlich sind.
Wirtschaftssanktionen gehen natürlich immer. Da zeigen ja die Beispiele der Vergangenheit wie der Iran oder Kuba, wie erfolgreich die bisher waren. Das Problem da ist allerdings auch, dass man den Schritt, den man in diese Richtung gegangen ist, nur sehr schwer wieder zurück gehen kann, selbst wenn sich die Lage irgendwann entspannt, ohne aber am eigentlichen Anlass der Sanktion etwas zu ändern.

Auch für mich ist die Ukraine und selbst das Wohl ihrer Menschen keinen militärischen Konflikt mit Russland wert. Dazu bin ich viel zu sehr Pragmatiker. Auch, und da gebe ich dir/euch recht, traue ich der Ukraine nicht über den Weg. Ganz offen gesagt sogar überhaupt nicht.

Allerdings, und das ist die Crux, hat die Reaktion Putins gezeigt, aus welchem Holz der Mann geschnitzt ist. Keinesfalls lässt sich Putin von multiplizierter Friedenssehnsucht anstecken, sondern verfolgt seine Ziele, bis ihm jemand die Grenzen aufzeigt. Nicht umsonst kuscht er IMO genau dann, wenn Sanktionen drohen. Und diese Sanktionen müssen wir, sollte Putin weiterhin staatliche Souveränität anderer Länder missachten oder gar, was ich fürwahr nicht hoffe, an Ländern der EU herumfuhrwerken, bereit sein anzuwenden. Auch wenn es finanziell weh tut. "Wehret den Anfängen" passt da ganz gut. Klar sieht sich ein Putin im Recht. Aber das war wohl noch nie bei irgendeinem Staatsmann in der Geschichte anders. Ferner würde ich endlich Geld in eine funktionierende europäische Armee stecken. Die wäre für mich auf jeden Fall ein multinationales Projekt, das als lukrative und vorteilhafte Berufsmöglichkeit aufgezogen werden müsste. Wir brauchen da weder rechtsradikale Trottel noch Leute, die sonst nicht wissen wohin. Und diese Truppe müsste einsatzbereit sein. Und nicht erst ausgebildet und aufgestellt werden müssen. Denn im Falle eines Falles wäre es dann zu spät. Einen Arzt bildet man auch nicht erst aus, wenn jemand krank ist.

Und einen konkreten Fall möchte ich auch noch erfinden. Denn sonst heißt es wieder, ich drücke mich um Antworten. Sollte Russalnd etwa auf dem Gebiet Lettlands (was ich auch ganz ehrlich nie im Leben glaube) militärisch aktiv werden, würde ich ohne zu zögern dieses Handeln mit militärischer Gewalt unterbinden. Mit Fingerspitzengefühl. Mit einer Pinzette. Mit Rückzugsmöglichkeiten und Gesichtwahren auf russicher Seite. Aber unmissverständlich und ohne Ausreden. Und das meine ich ernst.

DocKeule
14.05.2014, 23:43
Du überschätzt meine körperliche Agilität. Um "Haken" zu schlagen, müsste ich mich erst bewegen. Aber ich sitze hier so entspannt wie Buddha. ;)

Also argumentativ sehe ich da eher eine hasenhafte Wendigkeit :D


DocKeule, hör auf zu widersprechen, nur weil das Widersprechen so schön ist. Ich habe gesagt und wiederhole das gerne, dass ich nicht glaube, dass die deutschen Medien irgendein schiefes Bild Russlands liefern - wie das manche behaupten. Dagegen meine ich, dass die derzeit vom Kreml initiierte nationale/nationalistische Bewegung in Russland Wirklichkeit ist und eben nicht (!) von unseren Medien falsch oder übertrieben dargestellt wird. Und DAFÜR ist die russische Presse eben ein interessantes Beispiel, da sie genau diese Meinungsmache, von der ich hier spreche, initiiert, kolportiert und anschaulich ausdrückt. Wenn du also nicht glaubst, dass unsere Medien halbwegs objektiv berichten, na dann glaubst du vielleicht der offenkundigen Agitation der russischen, wenn es um ein realistisches Stimmungsbild in Russland geht. Ist dir der Zusammanhang jetzt klar?

[…]

Was stört dich an der Berichterstattung der deutschen Medien? Dass da einmal von "pro-russischem Mob" gesprochen wurde? Oder dass sie ein schiefes Stimmungsbild aus Russland liefern? Denn genau das tun sie meines Erachtens nicht. Siehe oben. Da ist die Revolution gegen Janukowitsch für Putin "vom Westen finanziert" oder eben aus "Faschisten" rekrutiert. Ja wenn das in seiner Einseitigkeit keine manipulative Propaganda ist, was denn bitte dann? Und die Menschen in Russland glauben das.

Ich lege die beiden Teile mal zusammen, auch wenn ich dem meinem folgenden Absatz, den du ja selbst zitiert hast, eigentlich schon die wichtigsten Punkte geschrieben habe.

Es geht nicht um ein schiefes Russland-Bild, sondern um eine einseitige Perspektive auf die Krise in der Ukraine und die Abläufe, die in diese Krise geführt haben. Der grossteil der deutschen Medien schließt nach wie vor jeden Anteil „des Westens“ an einem Zustandekommen der Situation kategorisch ein und bezeichnet jeden als Putin-Fan, der das anders sieht.

Der Begriff „pro-russischer Mob“ allein ist nicht das Problem, sondern ein Symptom. Gleichzeitig wurden die „anti-russischen“ Akteure als Demokratiebewegung vorgeführt, durchaus vergleichbar mit ähnlicher Berichterstattung über verschiedene Schauplätze des „arabischen Frühlings“.

Du rennst hier dagegen gegen eine Verteidigung der russischen Medien an, die niemand in diesem Forum geäußert hat.


Ein Großteil der Bevölkerung in der Ukraine weiß aus schmerzhafter Erinnerung noch sehr genau wie es ist, von Russland abhängig zu sein. Sie wissen, dass der "große Bruder" wieder wie früher den Ton angeben möchte und die Ukraine mit seiner Zollunion langfristig bevormunden würde. Janukowitsch hatte der gute Putin im Sack. Seine Bevölkerung leider nun einmal nicht. Die wollen sich nach Westen orientieren. Meines Erachtens im allerhöchsten Maße verständlich! Und das will Putin nicht hinnehmen. Sein Traum ist diese Zollunion. Und da funkt ihm Europa auf einmal mit seiner wesentlich wohlschmeckenderen Union dazwischen. Verständlich, dass ihn das stört, aber ein Recht zur Intervention gibt ihm das noch lange nicht. Und wieso zum Kuckuck sollte die EU es ablehnen, einem souveränen Staat die Möglichkeit zu offerieren, mit ihr Geschäfte zu machen. Nur weil Putin das gegen den Strich geht? Okay. Gut. Dann können wir fortan aber auch damit aufhören, von fairem Wettbewerb und freier Entfaltung zu schwafeln. Weil es sowieso nur gelogen wäre.

Die EU ist schmackhaft. Sie bietet enorme Freiheiten UND enorme Möglichkeiten. Dass das andere als Konkurrenz ansehen, liegt in der Natur der Sache.

Oh Mann, hier ist so viel falsch, dass ich kaum weiß, wo in anfangen soll. Vielleicht einfach oben…

- Die Ukraine hat keine Erinnerungen daran, von Russland abhängig zu sein, die Ukraine ist faktisch von Russland abhängig. Das gilt vor allem in Fragen von Energielieferungen. Die hat die Ukraine weit unter Weltmarktpreisen bekommen, was teilweise ein Teil der Vereinbarungen über die russische Flotte war, teilweise aber auch nur eine Art „Bonus für Wohlverhalten“.
Beides hat sich jetzt erledigt und es ist bisher überhaupt nicht klar, wie diese Lücke aufgefangen werden soll. Ich kann mir nicht wirklich vorstellen, dass die EU sich so stark finanziell engagieren möchte.

- Zur angeblichen Russland-Hörigkeit von Janukowitsch: So einfach ist das dann doch nicht. Es war die EU, die im Dezember 2011 zunächst die Unterzeichnung des Assoziationsabkommens verweigerte, als Protest gegen die Inhaftierung von Julija Tymoschenko verweigerte (übrigens ist auch Tymoschenko ein gutes Beispiel für die unrühmliche Rolle deutscher Medien).
Janukowitsch war zwar immer gegen einen Beitritt der Ukraine zur NATO, ist allerdings Befürworter eines Beitritts zur EU – den will nur in Brüssel eigentlich niemand (aber dazu später mehr). Er hatte sogar der Zollunion mit Russland eine Absage erteilt sich erst Ende 2013 Richtung Kreml orientiert, als ihm die russische Regierung ihm dringend benötigte Finanzhilfen in Aussicht stellte, die ihm die westlichen Partner nicht geben wollten.

- Zum Thema „Putin will den Kontakt zur EU unterbinden“: Äh…falsch. Es war die EU, die entschieden hat, dass die Ukraine nicht gleichzeitig ein Assoziationsabkommen eingehen und Teil der Eurasischen Union sein kann (u.a. Barroso September 2013)und den Vertrag entsprechend ausgestaltet hat.
Interessant wäre hier die Frage, warum eigentlich nicht? Viele Länder und Länderverbände sind Teil verschiedener Freihandelszonen. Die Schweiz zum Beispiel hat erst im letzten Jahr ein eigenes Freihandelsabkommen mit China geschlossen, obwohl sie auch Teil des Schengen-Raums ist und niemand wäre auf die Idee gekommen, ihr das verbieten zu wollen.
Vor allem – und da komme ich wieder auf den letzten Absatz – hat die EU hier de wirtschaftliche und politische Handlungsfreiheit der Ukraine stark beschnitten, ohne ihr dafür eine irgendwie belastbare Perspektive zu geben. Zwar wird das Assoziationsabkommen als möglicher Schritt auf dem Weg zu einer Mitgliedschaft gesehen, aber darauf, das etwa in die Präambel zu schreiben, wurde gegen den Wunsch der Ukraine ausdrücklich verzichtet und die Stimmung in der EU ist (und das meiner Meinung nach mit teilweise sehr guten Gründen) da eher unterkühlt.
Es wäre aber, wenn man es denn gewollt hätte, durchsaus möglich gewesen, die Ukraine nicht zu einem „entweder – oder“ zu zwingen, sondern ihr ein „und“ zu ermöglichen, zumal Russland und die EU als Handelspartner ungefähr gleich wichtig für das Land sind. Wenn es einem wirklich darum gegangen wäre, die wirtschaftliche Entwicklung der Ukraine zu fördern, hätte man diesen Weg eigentlich sogar gehen müssen, weil ein Wachstum des Warenverkehrs, der die Wirtschaftsbeziehungen der Ukraine mit Russland ersetzen könnte, vollkommen utopisch ist.



Ab hier lege ich mal ein paar Segmente anders wieder zusammen. Wenn du dich falsch zitiert fühlst, fühl dich frei der thematischen Verbindung zu widersprechen…

Meines Wissens wurde nirgends vertraglich festgehalten, dass sich die EU nicht nach Osten erweitern darf. Oder habe ich das falsch in Erinnerung? Was Genscher damals versprochen hat, einmal beiseite. Er war garnicht in der Position Schewardnadse oder Gorbatschow irgendwetwas zu versprechen. Auch wenn selbst die sich heute darauf berufen. Du hast Recht wenn du fragst, ob es den Konflikt mit Russland wert ist, die Ukraine in den Westen mehr einzubinden? Keine unberechtigte Frage! Aber die Antwort darauf in unbedingt konfliktscheuem Sinne wäre, und ich hoffe das ist dir klar, eine rein pragmatische, keine moralische oder gar ideale.

[…]

Und selbst wenn das nicht so wäre. Warum sollte man einem in diesem Fall offensichtlich an Expansion interessierten Gegenspieler einfach zugucken? Wer das verschreckt täte, sollte besser kein Schach spielen. Denn er hätte das Spiel verloren und dürfte beginnen zu zahlen.


Hier mal auf vollkommen verschiedenen Ebenen:

Wenn du die Vorgeschichte des Konflikts mal für einen Moment nicht krampfhaft ignorierst: Ist es hier wirklich Russland, dass sich in den letzten 25 Jahren expansiv verhalten hat?

Nein, es gibt keinen Vertrag, der die EU oder die NATO an einer Osterweiterung hindert. Man kann aber zum einen von einem moralischen Standpunkt Fragen, ob nicht die Deutschen dem entschieden entgegentreten müssten, sollte das tatsächlich ein Versprechen sein, dass zur Einheit geführt hat. (Gleichzeitig müsste man schwer an Gorbatschows realpolitischem Talent zweifeln, wenn das ein entscheidender Punkt gewesen wäre und er ihn nie schriftlich fixieren lassen hat).

Dann gibt es da die pragmatische Seite. Natürlich dürfen die osteuropäischen Länder sich Mitgliedschaften in EU, NATO oder dem Knax-Club wünschen. Aber haben EU, NATO und Co nicht auch eine Verantwortung, die Konsequenzen zu bedenken? Sollte es nicht auch darum gehen, die globale Situation abzusichern und zu verbessern? Lassen sich keine anderen Formen von Zusammenarbeit finden, die Russland vielleicht sogar eingebunden hätten (vor allem in den 90er Jahren, als Russland das auch noch wirklich wollte)?


Oh, das tue ich aber. Allerdings nur auf Regierungsebene. Die Menschen selbst meine ich natürlich nicht. Hier gibt es, wie gesagt, kein Gut oder Böse. Ich denke aber eben, dass die EU, bei all ihren Myriaden an Fehlern, einem immer totalitärer regierten Staat wie Russland moralisch weit überlegen ist.

[…]

Dass kein Staat meines Erachtens in auch nur entferntester Weise einem Engelsheim gleicht, habe ich oben ja schon episch ausgeführt. So funktioniert die Welt nur im Hollywoodfilm. Aber in der EU kann man sich beispielsweise auf so nette Dinge wie halbwegs faire Rechtsprechung und auf wirklich freie Wahlen verlassen. Und das finde ich alles andere als vernachlässigenswert.

Noch mal: Es ging hier um das Zustandekommen der aktuellen Situation und eben gerade nicht um das Aufwärmen alter Geschichten. Und gerade da hat sich die EU schon lange unmoralisch verhalten, bevor Russland durchgeknallt ist.


Bis auf das manische "der Westen ist immer und überall Hauptschuld" das bei dir als überzeugtem Linken mir viel zu sehr mitschwingt ;), analysierst du die Sache IMO recht klar. Sehe ich ganz ähnlich.

Nicht immer und überall und im Gegensatz zu deiner „der Westen ist ein leuchtendes Vorbild“ Brille kann ich das in der Regel auch begründen ;)


Auch für mich ist die Ukraine und selbst das Wohl ihrer Menschen keinen militärischen Konflikt mit Russland wert. Dazu bin ich viel zu sehr Pragmatiker. Auch, und da gebe ich dir/euch recht, traue ich der Ukraine nicht über den Weg. Ganz offen gesagt sogar überhaupt nicht.

Allerdings, und das ist die Crux, hat die Reaktion Putins gezeigt, aus welchem Holz der Mann geschnitzt ist. Keinesfalls lässt sich Putin von multiplizierter Friedenssehnsucht anstecken, sondern verfolgt seine Ziele, bis ihm jemand die Grenzen aufzeigt. Nicht umsonst kuscht er IMO genau dann, wenn Sanktionen drohen. Und diese Sanktionen müssen wir, sollte Putin weiterhin staatliche Souveränität anderer Länder missachten oder gar, was ich fürwahr nicht hoffe, an Ländern der EU herumfuhrwerken, bereit sein anzuwenden. Auch wenn es finanziell weh tut. "Wehret den Anfängen" passt da ganz gut. Klar sieht sich ein Putin im Recht. Aber das war wohl noch nie bei irgendeinem Staatsmann in der Geschichte anders. Ferner würde ich endlich Geld in eine funktionierende europäische Armee stecken. Die wäre für mich auf jeden Fall ein multinationales Projekt, das als lukrative und vorteilhafte Berufsmöglichkeit aufgezogen werden müsste. Wir brauchen da weder rechtsradikale Trottel noch Leute, die sonst nicht wissen wohin. Und diese Truppe müsste einsatzbereit sein. Und nicht erst ausgebildet und aufgestellt werden müssen. Denn im Falle eines Falles wäre es dann zu spät. Einen Arzt bildet man auch nicht erst aus, wenn jemand krank ist.

Und einen konkreten Fall möchte ich auch noch erfinden. Denn sonst heißt es wieder, ich drücke mich um Antworten. Sollte Russland etwa auf dem Gebiet Lettlands (was ich auch ganz ehrlich nie im Leben glaube) militärisch aktiv werden, würde ich ohne zu zögern dieses Handeln mit militärischer Gewalt unterbinden. Mit Fingerspitzengefühl. Mit einer Pinzette. Mit Rückzugsmöglichkeiten und Gesichtwahren auf russicher Seite. Aber unmissverständlich und ohne Ausreden. Und das meine ich ernst.

IM Fall von Lettland bliebe der NATO auch kaum etwas Anderes übrig, als den Bündnisfall auszurufen. Sonst hätte sie auf einen Schlag jede Daseinsberechtigung verspielt.

Aber es geht ja jetzt um den ganz konkreten Fall. Wenn wir Sanktionen beschließen, müssen sie mehr als nur dieser kosmetische Unsinn sein. Aber Sanktionen für was genau? Für die Annexion der Krim? Dann kommen wir in eine Iran/Kuba Situation, weil die Wahrscheinlichkeit für eine Rückgabe nahe Null liegen dürfte und wir damit nicht auf einen Punkt kommen, an dem wir die Sanktionen rückgängig machen können, ohne uns selbst unglaubwürdig zu machen. Und innenpolitisch würde es Putin vermutlich sogar noch helfen, weil es die Bevölkerung in der „der Westen ist gegen Russland“ Haltung bestärken würde.

stingfan
18.05.2014, 21:40
Allerdings, und das ist die Crux, hat die Reaktion Putins gezeigt, aus welchem Holz der Mann geschnitzt ist. Keinesfalls lässt sich Putin von multiplizierter Friedenssehnsucht anstecken, sondern verfolgt seine Ziele, bis ihm jemand die Grenzen aufzeigt. Nicht umsonst kuscht er IMO genau dann, wenn Sanktionen drohen. Und diese Sanktionen müssen wir, sollte Putin weiterhin staatliche Souveränität anderer Länder missachten oder gar, was ich fürwahr nicht hoffe, an Ländern der EU herumfuhrwerken, bereit sein anzuwenden. Auch wenn es finanziell weh tut. "Wehret den Anfängen" passt da ganz gut. Klar sieht sich ein Putin im Recht. Aber das war wohl noch nie bei irgendeinem Staatsmann in der Geschichte anders. Ferner würde ich endlich Geld in eine funktionierende europäische Armee stecken. Die wäre für mich auf jeden Fall ein multinationales Projekt, das als lukrative und vorteilhafte Berufsmöglichkeit aufgezogen werden müsste. Wir brauchen da weder rechtsradikale Trottel noch Leute, die sonst nicht wissen wohin. Und diese Truppe müsste einsatzbereit sein. Und nicht erst ausgebildet und aufgestellt werden müssen. Denn im Falle eines Falles wäre es dann zu spät. Einen Arzt bildet man auch nicht erst aus, wenn jemand krank ist.

Und einen konkreten Fall möchte ich auch noch erfinden. Denn sonst heißt es wieder, ich drücke mich um Antworten. Sollte Russalnd etwa auf dem Gebiet Lettlands (was ich auch ganz ehrlich nie im Leben glaube) militärisch aktiv werden, würde ich ohne zu zögern dieses Handeln mit militärischer Gewalt unterbinden. Mit Fingerspitzengefühl. Mit einer Pinzette. Mit Rückzugsmöglichkeiten und Gesichtwahren auf russicher Seite. Aber unmissverständlich und ohne Ausreden. Und das meine ich ernst.

Pahaha :D
Und wer soll dann gegen die Russen kämpfen?
Die hippen Öko Deutschen oder die öko Franzosen aus Paris :o
Die gesamte Kraft der Nato wird nix nutzen, wenn diese Generation den geballten Krieg sehen würde.

Ich meine es ist eine Sachen in Afghanistan oder im Irak mit mini Raketen mit der Sprengkraft einer Granate rumzuballern und in einer ewig großen Wüste zu stehen, währen 10 KM von dir eine selbstgebastelte Minirakete einiger Terroristen alle 5 Tage mal einschlägt. Aber es ist eine andere Sache wenn russische Bomber mit Konventionellen Bomben ganze Großstädte zerlegt.

Wenn ich mal die Ostler weglasse und einige Bayern so besteht doch Deutschland aus 90% Kriegsgegner und Kuschelpädagogen.
Nix gegen solche Leute, aber man braucht dann auch nicht erwarten dass solche Leute in den Krieg ziehen.


Ist jetzt auch nicht böse gemeint, aber ich halte meinen Einwand für berechtigt.
(Außerdem möchte ich dir weder widersprechen noch beipflichten, denn was hier richtig oder falsch ist kann ich nicht so einfach sagen)

loco_74
19.05.2014, 08:24
Wenn ich mal die Ostler weglasse und einige Bayern so besteht doch Deutschland aus 90% Kriegsgegner und Kuschelpädagogen.





Jaja, in Ostdeutschland und Bayern leben halt noch "richtige Deutsche Männer und Frauen", die sich wehren.....oh man, selten so einen totalen Blödsinn gelesen.

stingfan
19.05.2014, 13:29
Jaja, in Ostdeutschland und Bayern leben halt noch "richtige Deutsche Männer und Frauen", die sich wehren.....oh man, selten so einen totalen Blödsinn gelesen.

Wieso richtige Deutsche? :D
Mit Deutsch hat das nix zu tun.
Den Ausländern in den anderen Bundesländern würde ich eher zutrauen sich zu wehren als den Öko Deutschen. Nicht umsonst hat die Bundeswehr mittlerweile eine beachtliche Anzahl an Soldaten mit Migrationshintergrund.

Hier braucht sich niemand angegriffen fühlen, ich hab so ca. 90% gesagt, das heißt also nicht alle.
Es ist nunmal Fakt dass das hippe Ökotum in Bayern und im Osten nicht so Fuß fasst.
Wenn ich mir die Leute so anschaue wo lauter Kriegsgegner vorhanden sind, viele gar nicht bei der Bundeswehr waren usw. dann ist klar dass wir auf Dauer einen Mangel an Soldaten bekommen.

Umgekehrt könntest du den Bayern und Ostlern unterstellen dass die weniger mit moderner Kunst zu tun haben, weil sie eben nicht so in die neue hippe Gruppe passen. Das wäre auch keine Beleidigung sondern lediglich eine normale Schlussfolgerung.
Ne Beleidigung wäre wenn du dann sagen würdest das sind alles Kunstbanausen oder Kulturlose Rüpel.
Genauso wenn ich gesagt hätte das sind alles außerhalb Bayerns und dem Osten verweichlichte Schlappschw*nze.
Das hab ich aber nicht. Kriegsgegner haben auch ihre Berechtigung und oft sogar sinnvollere Ansätze als so manch anderer, dennoch lässt sich mit ihnen kein Krieg führen.
Wenn ich sage mit lauter Handballern können wir nicht in der Champions League der Fußballer überstehen, dann ist doch auch nur eine Tatsache statt eine Beleidigung.

DocKeule
19.05.2014, 17:34
Ich bin ja froh, daß ich meine Antwort auf den Beitrag vom Zerquetscher einige Tage vor diesem offenen Brief von Günter Verheugen an Helmut Schmidt (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/ukraine-krise-helmut-schmidt-von-ex-eu-kommissar-verheugen-kritisiert-a-970150.html) geschrieben habe, sonst könnte man meinen, ich hätte dort große Teile abgeschrieben.

Der Zerquetscher
20.05.2014, 16:18
Oh Mann, hier ist so viel falsch, dass ich kaum weiß, wo in anfangen soll. Vielleicht einfach oben…

- Die Ukraine hat keine Erinnerungen daran, von Russland abhängig zu sein, die Ukraine ist faktisch von Russland abhängig. Das gilt vor allem in Fragen von Energielieferungen. Die hat die Ukraine weit unter Weltmarktpreisen bekommen, was teilweise ein Teil der Vereinbarungen über die russische Flotte war, teilweise aber auch nur eine Art „Bonus für Wohlverhalten“.
Beides hat sich jetzt erledigt und es ist bisher überhaupt nicht klar, wie diese Lücke aufgefangen werden soll. Ich kann mir nicht wirklich vorstellen, dass die EU sich so stark finanziell engagieren möchte.

- Zur angeblichen Russland-Hörigkeit von Janukowitsch: So einfach ist das dann doch nicht. Es war die EU, die im Dezember 2011 zunächst die Unterzeichnung des Assoziationsabkommens verweigerte, als Protest gegen die Inhaftierung von Julija Tymoschenko verweigerte (übrigens ist auch Tymoschenko ein gutes Beispiel für die unrühmliche Rolle deutscher Medien).
Janukowitsch war zwar immer gegen einen Beitritt der Ukraine zur NATO, ist allerdings Befürworter eines Beitritts zur EU – den will nur in Brüssel eigentlich niemand (aber dazu später mehr). Er hatte sogar der Zollunion mit Russland eine Absage erteilt sich erst Ende 2013 Richtung Kreml orientiert, als ihm die russische Regierung ihm dringend benötigte Finanzhilfen in Aussicht stellte, die ihm die westlichen Partner nicht geben wollten.

- Zum Thema „Putin will den Kontakt zur EU unterbinden“: Äh…falsch. Es war die EU, die entschieden hat, dass die Ukraine nicht gleichzeitig ein Assoziationsabkommen eingehen und Teil der Eurasischen Union sein kann (u.a. Barroso September 2013)und den Vertrag entsprechend ausgestaltet hat.
Interessant wäre hier die Frage, warum eigentlich nicht? Viele Länder und Länderverbände sind Teil verschiedener Freihandelszonen. Die Schweiz zum Beispiel hat erst im letzten Jahr ein eigenes Freihandelsabkommen mit China geschlossen, obwohl sie auch Teil des Schengen-Raums ist und niemand wäre auf die Idee gekommen, ihr das verbieten zu wollen.
Vor allem – und da komme ich wieder auf den letzten Absatz – hat die EU hier de wirtschaftliche und politische Handlungsfreiheit der Ukraine stark beschnitten, ohne ihr dafür eine irgendwie belastbare Perspektive zu geben. Zwar wird das Assoziationsabkommen als möglicher Schritt auf dem Weg zu einer Mitgliedschaft gesehen, aber darauf, das etwa in die Präambel zu schreiben, wurde gegen den Wunsch der Ukraine ausdrücklich verzichtet und die Stimmung in der EU ist (und das meiner Meinung nach mit teilweise sehr guten Gründen) da eher unterkühlt.
Es wäre aber, wenn man es denn gewollt hätte, durchsaus möglich gewesen, die Ukraine nicht zu einem „entweder – oder“ zu zwingen, sondern ihr ein „und“ zu ermöglichen, zumal Russland und die EU als Handelspartner ungefähr gleich wichtig für das Land sind. Wenn es einem wirklich darum gegangen wäre, die wirtschaftliche Entwicklung der Ukraine zu fördern, hätte man diesen Weg eigentlich sogar gehen müssen, weil ein Wachstum des Warenverkehrs, der die Wirtschaftsbeziehungen der Ukraine mit Russland ersetzen könnte, vollkommen utopisch ist.

Sorry für die späte (kurze) Antwort aber derzeit bin ich kaum online. Egal,...

Sehe ich völlig anders und Günter Verheugen ist für mich nun wahrlich kein Ausbund an Kompetenz, wenn man sich mal die Truppe in der EU-Beratungsriege so ansieht. Da haben damals bei seinem Gang zur EU-Kommission nicht wenige von "wegloben" gesprochen, oder? Dass der natürlich nicht das eigene Nest beschmutzt, sondern lieber der Bundesregierung ans Leder geht, überrascht mich nicht.

Zum Thema: Es war Janukowitsch, der dem Assoziierungsabkommen und damit der EU im November letzten Jahres den Laufpass gab, oder habe ich das falsch in Erinnerung? Klar hat ihn die EU wegen Timoschenko sehr unter Druck gesetzt, aber Janukowitsch ist wahrlich kein Unschuldslamm und Rechtsstatlichkeit ein Prinzip, das sich die EU nun einmal auf ihre Fahnen geschrieben hat.

Ich bin außerdem noch nicht einmal der Meinung, dass Janukowitsch in den letzten Jahren ein "doppeltes Spiel" gespielt hat, wie oft behauptet wird. Er war, und die Wahl seines Exils oder das Eintreten Putins zeigen das ja auch einem Blinden überdeutlich, letzten Endes auf Seiten Russlands. Von dem er übrigens als Staatschef, der sich hemmungslos und gesetzeswidrig am Staat bereichert, weit weniger zu befürchten hat, als von der EU. ;) Natürlich waren die ersten Jahre von Janukowitschs Tätigkeit als Präsident geprägt von einer Annäherung an die EU. Bestreitet ja auch keiner, aber ab 2010 setzte eine Kehrtwende seiner Politik ein, die wenig Spielraum zur Interpretation bietet. Und große Teile der ukrainischen Bevölkerung wussten das, als sie auf die Barrikaden gingen.

Du sprichst doch immer von Blick in die Vergangenheit (wenn es dir gerade passt), dann wird es dich nicht wundern, wenn sich viele Ukrainer an die unfassbaren Verbrechen der Sowjets in der Ukraine in den 30ern erinnern, als Stalin reinen Tisch machte mit allen Nörglern und Hemmschuhträgern in der Ukraine. Dass man eine Bevormundung durch Russland in weiten Teilen der Bevölkerung traditionell kritisch sieht, dürfte da nun wirklich niemanden überraschen.

Mit einem Punkt hast du allerdings recht und ich habe das ja auch schon gefragt: Wollen wir die Ukraine in der EU? Das ist eine interessante und nur ehrliche Frage, die oft unter den Tisch fällt.


Nicht immer und überall und im Gegensatz zu deiner „der Westen ist ein leuchtendes Vorbild“ Brille kann ich das in der Regel auch begründen ;)


Ist das eine Anspielung auf den weiblichen Zyklus?

Jetzt muss ich mein Dockeule-Bild neu justieren. :p

Mich würde übrigens doch sehr interessieren, was du tätest, wenn Russland auf dem Boden der EU militärisch tätig werden würde? Auch wenn es hypothetisch ist? Die Antwort musst du mir bitte gönnen.

DocKeule
20.05.2014, 18:36
Sehe ich völlig anders und Günter Verheugen ist für mich nun wahrlich kein Ausbund an Kompetenz, wenn man sich mal die Truppe in der EU-Beratungsriege so ansieht. Da haben damals bei seinem Gang zur EU-Kommission nicht wenige von "wegloben" gesprochen, oder? Dass der natürlich nicht das eigene Nest beschmutzt, sondern lieber der Bundesregierung ans Leder geht, überrascht mich nicht.

Die ist aber schon aufgefallen, daß er explizit auch Mitglieder seiner eigenen Partei angreift, die ja Teil der Bundesregierung ist und ohne deren Zustimmung er auch kein Kommissar mehr wäre?


Zum Thema: Es war Janukowitsch, der dem Assoziierungsabkommen und damit der EU im November letzten Jahres den Laufpass gab, oder habe ich das falsch in Erinnerung? Klar hat ihn die EU wegen Timoschenko sehr unter Druck gesetzt, aber Janukowitsch ist wahrlich kein Unschuldslamm und Rechtsstatlichkeit ein Prinzip, das sich die EU nun einmal auf ihre Fahnen geschrieben hat.

Janukowitsch hat das Assoziationsabkommen Ende 2013 abgelehnt, das ist richtig. Er hat es aber erst abgelehnt, nachdem seine Regierung von russischen Finanzhilfen abhängig war, um die er vorher (also bevor er überhaupt in Russland angefragt hat) auch im Westen gebeten hatte, dort allerdings erfolglos.

Ein Jahr vorher allerdings hat eben die EU wegen der Timoschenko-Frage die Unterzeichnung ebendieses Abkommens ausgesetzt, das die Janukowitsch-Regierung zu diesem Zeitpunkt noch unterschrieben hätte. Es ist also doch sehr kurz gegriffen, das Nicht-Zustandekommen des Abkommens allein Janukowitsch zuschieben zu wollen.


Ich bin außerdem noch nicht einmal der Meinung, dass Janukowitsch in den letzten Jahren ein "doppeltes Spiel" gespielt hat, wie oft behauptet wird. Er war, und die Wahl seines Exils oder das Eintreten Putins zeigen das ja auch einem Blinden überdeutlich, letzten Endes auf Seiten Russlands. Von dem er übrigens als Staatschef, der sich hemmungslos und gesetzeswidrig am Staat bereichert, weit weniger zu befürchten hat, als von der EU. ;) Natürlich waren die ersten Jahre von Janukowitschs Tätigkeit als Präsident geprägt von einer Annäherung an die EU. Bestreitet ja auch keiner, aber ab 2010 setzte eine Kehrtwende seiner Politik ein, die wenig Spielraum zur Interpretation bietet. Und große Teile der ukrainischen Bevölkerung wussten das, als sie auf die Barrikaden gingen.

Fangen wir mal von hinten an: Welche ersten Jahre meinst du? Er wurde überhaupt erst 2010 zum Präsidenten gewählt. Und welche Wahl hätte Janukowitsch bei der Wahl eines Exils denn gehabt, nachdem ihn die EU noch während seiner Amtszeit zum Gegner erklärt hatte.

Viel wichtiger ist aber, dass du hier mal wieder gegen Windmühlen anrennst. Niemand hier hat Janukowitschs zu einem sympathischen Menschen oder einem guten Präsidenten erklärt. Aber dass er ein mieser Präsident war und sich auf Kosten seiner Bevölkerung bereichert hat (das trifft aber eben auch auf praktisch alle Köpfe der damaligen Opposition zu), bedeutet eben nicht die Alleinschuld am Zustandekommen der Krise, was ein Blick auf die Abläufe im Vorfeld auch recht klat zeigt, wenn man nicht auf eine Gut-Böse-Dichotomie mit unveränderlich festgelegten Rollen besteht und alles was dagegen spricht nicht sehen will.


Du sprichst doch immer von Blick in die Vergangenheit (wenn es dir gerade passt), dann wird es dich nicht wundern, wenn sich viele Ukrainer an die unfassbaren Verbrechen der Sowjets in der Ukraine in den 30ern erinnern, als Stalin reinen Tisch machte mit allen Nörglern und Hemmschuhträgern in der Ukraine. Dass man eine Bevormundung durch Russland in weiten Teilen der Bevölkerung traditionell kritisch sieht, dürfte da nun wirklich niemanden überraschen.

Wann stand denn eine „Bevormundung durch Russland“ erstmals im Raum und wer hat der Ukraine zuerst die Pistole auf die Brust gesetzt?

Noch mal: Was hätte gegen eine Mitgliedschaft in der Zollunion mit Russland UND einer Freihandelszone mit der EU (und mehr will die EU ja im Moment ohnehin nicht) gesprochen? Die Chancen, insbesondere in Fragen der wirtschaftlichen Entwicklung) für das Land wären ungleich größer als jede Entweder-Oder-Lösung, weil da in jedem Fall ein wichtiger Handelspartner (wie gesagt: Beide bei etwa 25%) wegfällt.

Man hätte auch problemlos Sicherheitsgarantien für die Ukraine einfügen können, ohne die militärische Zusammenarbeit mit Russland unmöglich zu machen und es etwa in Fragen der Flottenstützpunkte in Bedrängnis zu bringen.


Mit einem Punkt hast du allerdings recht und ich habe das ja auch schon gefragt: Wollen wir die Ukraine in der EU? Das ist eine interessante und nur ehrliche Frage, die oft unter den Tisch fällt.

Aus meiner Sicht absolut nein, was auch schon für weite Teile der EU Osterweiterung gilt. Praktisch keines dieser Länder war oder ist wirtschaftlich, wirtschaftlich oder politisch so weit (gewesen). Dadurch wurde die Stabilität der EU und die Möglichkeit, selbst als Akteur zu gestalten, deutlich abgeschwächt.

Wirtschaftliche Aufbauhilfe kann man auch anders leisten.


Mich würde übrigens doch sehr interessieren, was du tätest, wenn Russland auf dem Boden der EU militärisch tätig werden würde? Auch wenn es hypothetisch ist? Die Antwort musst du mir bitte gönnen.

Da nahezu alle EU Staaten, auf die Russland direkten Zugriff hätte, auch Teil der NATO sind, beantwortet sich die Frage eigentlich selbst.

umimatsu
20.05.2014, 18:56
Im Angesicht der Krise wird sogar Steinmeier emotional (https://www.youtube.com/watch?v=AX5m5swD-QU#t=98). :D

Der Zerquetscher
20.05.2014, 22:19
Janukowitsch hat das Assoziationsabkommen Ende 2013 abgelehnt, das ist richtig. Er hat es aber erst abgelehnt, nachdem seine Regierung von russischen Finanzhilfen abhängig war, um die er vorher (also bevor er überhaupt in Russland angefragt hat) auch im Westen gebeten hatte, dort allerdings erfolglos.

Ein Jahr vorher allerdings hat eben die EU wegen der Timoschenko-Frage die Unterzeichnung ebendieses Abkommens ausgesetzt, das die Janukowitsch-Regierung zu diesem Zeitpunkt noch unterschrieben hätte. Es ist also doch sehr kurz gegriffen, das Nicht-Zustandekommen des Abkommens allein Janukowitsch zuschieben zu wollen.

Also gut. Ich komme dir entgegen. Es ist nicht ganz allein ihm zuzuschreiben. Die EU hätte theoretisch mehr Chancen offerieren können. Die Frage wäre immer noch, ob das angebracht gewesen wäre, angesichts der mangelnden Rechtsstaatlichkeit in der Ukraine.



Fangen wir mal von hinten an: Welche ersten Jahre meinst du? Er wurde überhaupt erst 2010 zum Präsidenten gewählt. Und welche Wahl hätte Janukowitsch bei der Wahl eines Exils denn gehabt, nachdem ihn die EU noch während seiner Amtszeit zum Gegner erklärt hatte.

Viel wichtiger ist aber, dass du hier mal wieder gegen Windmühlen anrennst. Niemand hier hat Janukowitschs zu einem sympathischen Menschen oder einem guten Präsidenten erklärt. Aber dass er ein mieser Präsident war und sich auf Kosten seiner Bevölkerung bereichert hat (das trifft aber eben auch auf praktisch alle Köpfe der damaligen Opposition zu), bedeutet eben nicht die Alleinschuld am Zustandekommen der Krise, was ein Blick auf die Abläufe im Vorfeld auch recht klat zeigt, wenn man nicht auf eine Gut-Böse-Dichotomie mit unveränderlich festgelegten Rollen besteht und alles was dagegen spricht nicht sehen will.

"Ministerpräsident" muss es natürlich heißen. Der war er in den ersten zehn Jahren des neuen Jahrtausends ja mehrfach.

Okay. So, wie du das schreibst, kann ich nicht widersprechen. :(



Wann stand denn eine „Bevormundung durch Russland“ erstmals im Raum und wer hat der Ukraine zuerst die Pistole auf die Brust gesetzt?

Noch mal: Was hätte gegen eine Mitgliedschaft in der Zollunion mit Russland UND einer Freihandelszone mit der EU (und mehr will die EU ja im Moment ohnehin nicht) gesprochen? Die Chancen, insbesondere in Fragen der wirtschaftlichen Entwicklung) für das Land wären ungleich größer als jede Entweder-Oder-Lösung, weil da in jedem Fall ein wichtiger Handelspartner (wie gesagt: Beide bei etwa 25%) wegfällt.

Man hätte auch problemlos Sicherheitsgarantien für die Ukraine einfügen können, ohne die militärische Zusammenarbeit mit Russland unmöglich zu machen und es etwa in Fragen der Flottenstützpunkte in Bedrängnis zu bringen.

Also die Meinungen bezüglich der Vorteile einer Zollunion mit Russland und des Freihandelsabkommens mit der EU gehen und gingen ja weit auseinander. Aber dass das beides miteinander vereinbar sein soll, steht irgendwie wenig im Raum. Und selbst ich als volkswirtschaftlicher Laie denke mir, dass es dem Prinzip einer Zollunion widerspricht, Freihandel mit Außentstehenden zu treiben beziehungsweise vice versa. Oder stehe ich jetzt da völlig auf dem Schlauch?



Aus meiner Sicht absolut nein, was auch schon für weite Teile der EU Osterweiterung gilt. Praktisch keines dieser Länder war oder ist wirtschaftlich, wirtschaftlich oder politisch so weit (gewesen). Dadurch wurde die Stabilität der EU und die Möglichkeit, selbst als Akteur zu gestalten, deutlich abgeschwächt.

Wirtschaftliche Aufbauhilfe kann man auch anders leisten.

Mit der Ukraine gebe ich dir absolut recht.



Da nahezu alle EU Staaten, auf die Russland direkten Zugriff hätte, auch Teil der NATO sind, beantwortet sich die Frage eigentlich selbst.

Du bist ein Schelm, Dockeule. :D Ein alter Schelm.

Du bist politisch hochmotiviert, an Problemlösungen interessiert und wenn ich meinen Monatslohn wetten müsste, würde ich darauf setzen, dass ein Dockeule jeden vergehenden Monat seines Lebens ein wenig mehr merkt, dass es nicht glücklich macht, einzig in den Denkmustern seiner Altvorderen (oder auch Eltern) zu denken oder eine bestimmte Partei vorbehaltlos toll zu finden - zumindest nicht, wenn man an der be****enen Wirklichkeit bastelt. Und dennoch kommt dir das Wort "Militäreinsatz" noch nicht problemlos über die Lippen.

DocKeule
21.05.2014, 00:09
Also gut. Ich komme dir entgegen. Es ist nicht ganz allein ihm zuzuschreiben. Die EU hätte theoretisch mehr Chancen offerieren können. Die Frage wäre immer noch, ob das angebracht gewesen wäre, angesichts der mangelnden Rechtsstaatlichkeit in der Ukraine.

Das verwirrt mich jetzt allerdings etwas. Die EU hat 2012 die Unterzeichnung des Abkommen wegen der Timoschenko-Frage abgelehnt und du bist dir nicht sicher, ob das angesichts der mangelnden Rechtsstaatlichkeit nicht auch richtig sein könnten.

Als sich ein Jahr später an dieser Situation nichts geändert hat (das Timoschenko-Problem eingeschlossen) ist es jetzt aber ein unverzeihlicher Fehler von Janukowitsch, das Abkommen seinerseits nicht zu unterzeichnen (was er sich allein wirtschaftlich zu diesem Zeitpunkt nicht mehr leisten kann).

Mit dem Thema Rechtsstaatlichkeit gebe ich dir übrigens absolut Recht. Allerdings war das Beispiel, an dem der Westen das endlich „erkannt“ hat ziemlich fragwürdig. Auch wenn der Zeitpunkt für Julia Timoschenkos Anklage mit Sicherheit politisch motiviert war, sagt das aber über den Gehalt der Anklage nicht zwingend etwas aus. Das wurde aber vom Westen sofort abgeschmettert und die Darstellung von Timoschenko als Märtyrerin der Demokratie, weil sie nicht wegen eines Rückenleidens aus der Haft entlassen wurde, war eine erbärmliche Schmierenkomödie.


Also die Meinungen bezüglich der Vorteile einer Zollunion mit Russland und des Freihandelsabkommens mit der EU gehen und gingen ja weit auseinander. Aber dass das beides miteinander vereinbar sein soll, steht irgendwie wenig im Raum. Und selbst ich als volkswirtschaftlicher Laie denke mir, dass es dem Prinzip einer Zollunion widerspricht, Freihandel mit Außentstehenden zu treiben beziehungsweise vice versa. Oder stehe ich jetzt da völlig auf dem Schlauch?

Die EU tut grundsätzlich ja auch nichts Anderes. Wir verhandeln gerade zwei parallele Freihandelsabkommen mit den USA und Kanada (neben anderen, die bereits existieren). Die Schweiz ist Teil des Schengen-Raums und hat letztes Jahr ein Freihandelsabkommen mit China geschlossen.

Ich bin da vermutlich nicht weniger Laie als du, aber ich denke schon, dass diese Beispiele andeuten, dass es möglich (gewesen) wäre, wenn man den politischen Willen dazu (gehabt) hätte (übrigens hat sich Putin selbst vor einigen Jahren für ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und Russland stark gemacht und ist im Dezember des gleichen Jahres der WTO beigetreten).

Was mich dabei vor allem irritiert, ist der sehr exklusive Anspruch der EU an die Ukraine, während man selbst im Gegenzug nur sehr wenige sichere Zusagen zu geben bereit ist. Das weckt bei mir zumindest Zweifel, ob es da wirklich um die beste Lösung für die Ukraine ging (die Russland ganz sicher genau so wenig im Auge hatte, um das gleich vorweg zu nehmen).


Du bist ein Schelm, Dockeule. :D Ein alter Schelm.

Du bist politisch hochmotiviert, an Problemlösungen interessiert und wenn ich meinen Monatslohn wetten müsste, würde ich darauf setzen, dass ein Dockeule jeden vergehenden Monat seines Lebens ein wenig mehr merkt, dass es nicht glücklich macht, einzig in den Denkmustern seiner Altvorderen (oder auch Eltern) zu denken oder eine bestimmte Partei vorbehaltlos toll zu finden - zumindest nicht, wenn man an der be****enen Wirklichkeit bastelt. Und dennoch kommt dir das Wort "Militäreinsatz" noch nicht problemlos über die Lippen.

Ich bin weit davon entfernt, Pazifist zu sein (oder irgendeine Partei vorbehaltlos gut zu finden). Aber wenn man zu Gewalt als Werkzeug greift, dann sollte man dafür eine sehr gute Begründung haben, sowohl was das Ziel angeht, die Erreichbarkeit dieses Ziel und die Rechfertigung des Zieles und der Mittel.

Es gab durchaus Fälle, in denen ich die Notwendigkeit eines militärischen Eingreifens absolut gesehen hätte. Ruanda war so ein Thema, aber da hat die „internationale Gemeinschaft“ alles getan, um nicht eingreifen zu müssen und wenn man krampfhaft wegsehen musste. Auch über Libyen könnte man diskutieren, wenn man sich darauf beschränkt hätte, beide Seiten zu trennen und sich nicht auf die Seite einer Bürgerkriegspartei geschlagen hätte.

Und da fängt das Problem, wie so oft in den letzten Jahren, im konkreten schon bei der Wahl der Verbündeten an, auf deren Seite wir uns hier schlagen, eben sehr ähnlich zu nahezu sämtlichen Beispielen im arabischen Frühling usw. In diesem Fall sind die vom Westen unterstützen Köpfe nicht wirklich besser, als die gerade entmachteten – sie wollen halt nur lieber mit dem Westen Geschäfte machen, als mit den Russen.
Dazu kommt, dass man sich, wenn man ein Eingreifen, wie du es hier möchtest, mit moralischer Überlegenheit rechtfertigen will, auf sehr dünnes Eis begibt, gerade eben bei der direkten Vorgeschichte des Konflikts. Der hätte gar nicht so weit eskalieren müssen, wenn man eben Beispielsweise das ach so wichtige Abkommen planmäßig 2012 unterzeichnet hätte, als es weder eine so extreme Opposition durch Russland gab noch man dafür eine Regierung aus dem Amt putschen musste oder das Abkommen von Anfang an weniger auf einen Ausschluss Russlands hin ausgerichtet hätte.

Aber sich jetzt hinzustellen und sich mit „typisch, der Russe mal wieder“ aufs hohe Ross zu schwingen oder Putin mit Küchenpsychologie zu analysieren, bringt im echten Leben nicht weiter.

Der Zerquetscher
24.05.2014, 10:36
Ich bin weit davon entfernt, Pazifist zu sein (oder irgendeine Partei vorbehaltlos gut zu finden).

Hätte ich bei einem schlauen Kerlchen wie dir auch nicht gedacht.


Aber wenn man zu Gewalt als Werkzeug greift, dann sollte man dafür eine sehr gute Begründung haben, sowohl was das Ziel angeht, die Erreichbarkeit dieses Ziel und die Rechfertigung des Zieles und der Mittel.

Es gab durchaus Fälle, in denen ich die Notwendigkeit eines militärischen Eingreifens absolut gesehen hätte. Ruanda war so ein Thema, aber da hat die „internationale Gemeinschaft“ alles getan, um nicht eingreifen zu müssen und wenn man krampfhaft wegsehen musste. Auch über Libyen könnte man diskutieren, wenn man sich darauf beschränkt hätte, beide Seiten zu trennen und sich nicht auf die Seite einer Bürgerkriegspartei geschlagen hätte.

Und da fängt das Problem, wie so oft in den letzten Jahren, im konkreten schon bei der Wahl der Verbündeten an, auf deren Seite wir uns hier schlagen, eben sehr ähnlich zu nahezu sämtlichen Beispielen im arabischen Frühling usw. In diesem Fall sind die vom Westen unterstützen Köpfe nicht wirklich besser, als die gerade entmachteten – sie wollen halt nur lieber mit dem Westen Geschäfte machen, als mit den Russen.
Dazu kommt, dass man sich, wenn man ein Eingreifen, wie du es hier möchtest, mit moralischer Überlegenheit rechtfertigen will, auf sehr dünnes Eis begibt, gerade eben bei der direkten Vorgeschichte des Konflikts. Der hätte gar nicht so weit eskalieren müssen, wenn man eben Beispielsweise das ach so wichtige Abkommen planmäßig 2012 unterzeichnet hätte, als es weder eine so extreme Opposition durch Russland gab noch man dafür eine Regierung aus dem Amt putschen musste oder das Abkommen von Anfang an weniger auf einen Ausschluss Russlands hin ausgerichtet hätte.

Aber sich jetzt hinzustellen und sich mit „typisch, der Russe mal wieder“ aufs hohe Ross zu schwingen oder Putin mit Küchenpsychologie zu analysieren, bringt im echten Leben nicht weiter.

Es ist in der Tat manchmal unglaublich schwierig zu beurteilen, wie und wann man militärische Gewalt anwenden sollte. Und dass ein solcher Einsatz durchaus manchmal auch wirtschaftliche und nicht rein oder sogar keine humanitären Hintergründe hat, das sollte man auch ehrlich zugeben. Auch wenn das die wenigsten Politiker tun. Aber selbst hier mit moralischer Schwarz-Weiß-Malerei zu hantieren entspräche nicht den realen Gegebenheiten.

Ein weiteres Beispiel, das für mich unter die Kategorie "notwendiger, moralisch gerechtfertigter Einsatz" fällt, ist der Kampf gegen die Islamisten in Mali. Für mich könnte der Einsatz militärischer Gewalt nicht gerechfertigter sein als dort.

Was die Ukraine angeht, so bin ich mir nicht sicher, ob du recht hast, wenn du meinst, dass man 2011 das Abkommen hätte perfekt machen sollen, als es noch ohne größere Probleme möglich gewesen wäre. DAS wäre dann doch ein Musterbeispiel rein pragmatischer Weltpolitik gewesen. Dann, und genau dann, wäre doch die Moral wirklich unter den Tisch gefallen, oder?

Und "DIE Russen" sind in der Tat nicht die Bösen. Da gebe ich dir vollkommen recht. Ich würde wetten, dass "der Russe" im Schnitt ein überaus hilfsbereiter, kameradschaftlicher Mensch mit Anstand ist. Was Putin und seine Propagandamaschinerie angeht, die das russische Volk tagtäglich systematisch mit Fehlinformationen und Lügen füttern, mag ich mich da nicht so festlegen. ;)

DocKeule
24.05.2014, 12:47
Es ist in der Tat manchmal unglaublich schwierig zu beurteilen, wie und wann man militärische Gewalt anwenden sollte. Und dass ein solcher Einsatz durchaus manchmal auch wirtschaftliche und nicht rein oder sogar keine humanitären Hintergründe hat, das sollte man auch ehrlich zugeben. Auch wenn das die wenigsten Politiker tun. Aber selbst hier mit moralischer Schwarz-Weiß-Malerei zu hantieren entspräche nicht den realen Gegebenheiten.

Wobei es dann in meinen Augen mit stichhaltigen Rechtfertigungen schon sehr dünn wird.


Ein weiteres Beispiel, das für mich unter die Kategorie "notwendiger, moralisch gerechtfertigter Einsatz" fällt, ist der Kampf gegen die Islamisten in Mali. Für mich könnte der Einsatz militärischer Gewalt nicht gerechfertigter sein als dort.

Das wäre wieder so eine "ja, aber" Situation. Ja, solange man wirklich nur gegen die Islamisten vorgeht und Übergriffe auf die Bevölkerung unterbindet aber ohne dabei einer der anderen Bürgerkriegsparteien zur Macht (zurück) zu verhelfen.


Was die Ukraine angeht, so bin ich mir nicht sicher, ob du recht hast, wenn du meinst, dass man 2011 das Abkommen hätte perfekt machen sollen, als es noch ohne größere Probleme möglich gewesen wäre. DAS wäre dann doch ein Musterbeispiel rein pragmatischer Weltpolitik gewesen. Dann, und genau dann, wäre doch die Moral wirklich unter den Tisch gefallen, oder?

Das einzige moralische Problem auf das man sich 2011/2012 gestützt hat, war die Inhaftierung von Timuschenko. Und das war auch vor allem deshalb ein "Problem", weil man sie schon zu "unserer Frau in der Ukraine" erklärt hatte.

Zumindest - und da wären wir wieder bei den doppelten Standards - macht uns der Umgang mit aus politischen Gründen inhaftierten sonst sehr viel wenige Sorgen, sonst dürften wir mit China überhaupt nicht sprechen und ich kann mich auch nicht erinnern, daß beim TIPP Abkommen die Inhaftierung von Mannings oder die Jagd auf Snowden eine Rolle spielen würde.

Wobei ich meine Kritik auch sehr viel mehr auf das Ausgestalten des Assoziationsabkommen richte und eher am Rande auf das Nicht-Unterzeichnen 2012. Das ist für mich nur insofern relevant, als daß man das Nicht-Unterzeichnen durch die Janukowitsch-Regierung zum Sündenfall in dieser Krise stilisiert.


Und "DIE Russen" sind in der Tat nicht die Bösen. Da gebe ich dir vollkommen recht. Ich würde wetten, dass "der Russe" im Schnitt ein überaus hilfsbereiter, kameradschaftlicher Mensch mit Anstand ist. Was Putin und seine Propagandamaschinerie angeht, die das russische Volk tagtäglich systematisch mit Fehlinformationen und Lügen füttern, mag ich mich da nicht so festlegen. ;)

Noch mal, es geht nicht darum, daß die Russen die Guten in dieser Sache sein sollen, sondern daß der Westen keinen Anlass hat, sich selbst als die strahlenden Ritter ohne Fehl und Tadel darzustellen.

umimatsu
18.09.2014, 13:26
Wer hätte das gedacht: Ukraine-Konflikt: ARD-Programmbeirat bestätigt Publikumskritik (http://www.heise.de/tp/artikel/42/42784/1.html)

"Fragmentarisch", "tendenziös", "mangelhaft" und "einseitig": Der Programmbeirat teilt über weite Strecken die Publikumskritik an der Berichterstattung

JackCrow
25.09.2014, 12:42
Wer hätte das gedacht: Ukraine-Konflikt: ARD-Programmbeirat bestätigt Publikumskritik (http://www.heise.de/tp/artikel/42/42784/1.html)

Und wer hätte das gedacht: Die Welt antwortet (http://www.welt.de/kultur/medien/article132588734/Putins-langer-Arm-reicht-bis-in-Gremien-der-ARD.html).

Dazu fällt mir nur noch das (http://www.youtube.com/watch?v=ZnxJtfKlRac) ein.

umimatsu
25.09.2014, 14:58
Und wer hätte das gedacht: Die Welt antwortet (http://www.welt.de/kultur/medien/article132588734/Putins-langer-Arm-reicht-bis-in-Gremien-der-ARD.html).


Qualitätsjournalisten (https://www.youtube.com/watch?v=tAPu3OnOSnE#t=2115)

Einen ähnlich indiskutablen Artikel findet man im aktuellen SPIEGEL. Was ist bloß los mit den Journalisten dieses Landes? Sind die nicht mehr in der Lage, beide Seiten der Medaille zu betrachten? Zugegeben, Jochen Bittner (http://www.heise.de/tp/artikel/41/41289/1.html) hat's versucht - und wurde in den Leserkommentaren - zurecht - niedergemacht. Auch der ein oder andere WELT-Leser ist offenkundig schlauer als die Journaillisten dort.


Dazu fällt mir nur noch das (http://www.youtube.com/watch?v=ZnxJtfKlRac) ein.

Spontaner Applaus während einer Fernsehsendung? Ist mir bislang noch nie passiert, hier musste ich. Ein sehr gelungenes Abschlusssegment. Pointiert, polemisch, informativ und aufschlussreich. Die Spitzen gegen DIE ZEIT und deren Herausgeber Joffe famos! Die Anstalt hat mit Uthoff und von Wagner massiv an Qualität gewonnen. Momentan die beste Kabarettsendung im deutschen Fernsehen.

JackCrow
25.09.2014, 16:29
Spontaner Applaus während einer Fernsehsendung? Ist mir bislang noch nie passiert, hier musste ich. Ein sehr gelungenes Abschlusssegment. Pointiert, polemisch, informativ und aufschlussreich. Die Spitzen gegen DIE ZEIT und deren Herausgeber Joffe famos! Die Anstalt hat mit Uthoff und von Wagner massiv an Qualität gewonnen. Momentan die beste Kabarettsendung im deutschen Fernsehen.

Unbestritten. Das erste Kabarettprogramm, das wieder an die Qualität des alten "Scheibenwischer" (mit Hildebrandt) heran reicht.
Was mich allerdings besorgt ist, dass es kein Print- oder TV-Format mehr gibt, das inhaltlich dort ansetzt, wo Uthoff und von Wagner die Lücke füllen. Früher gabs dafür ja mal den SPIEGEL, aber spätestens seit Blome da Chefredakteur und Leiter des Hauptstadtbüros ist, sollte klar sein, dass der inzwischen auch nur noch die BILD mit mehr Text ist.

DocKeule
25.09.2014, 16:59
Das ist tatsächlich sehr dünn geworden. Die Tag hat in den letzten n Monaten eine sehr seltsame Wendung Richtung "Mitte"/Mainstream hinter sich gebracht, die FR gibt es nicht mehr in der alten Form, dafür sind Springer, Focus, aber auch seit einiger Zeit FAZ komplett auf Kampflinie.

umimatsu
25.09.2014, 17:33
Was mich allerdings besorgt ist, dass es kein Print- oder TV-Format mehr gibt, das inhaltlich dort ansetzt, wo Uthoff und von Wagner die Lücke füllen. Früher gabs dafür ja mal den SPIEGEL, aber spätestens seit Blome da Chefredakteur und Leiter des Hauptstadtbüros ist, sollte klar sein, dass der inzwischen auch nur noch die BILD mit mehr Text ist.

DER SPIEGEL war schon mit Austs Chefredaktion qualitativ auf dem absteigenden Ast. Der ehedem liberale und demokratische Duktus des Blattes ist einem neoliberalen, unsozialen, überheblichen, kleptokratischen Singsang gewichen. Ich lese ihn nach wie vor, ebenso FAZ, TAZ, DIE ZEIT und allle anderen Blätter; als Korrektiv Telepolis, Nachdenkseiten, konkret und andere.

JackCrow
25.09.2014, 17:43
DER SPIEGEL war schon mit Austs Chefredaktion qualitativ auf dem absteigenden Ast. Der ehedem liberale und demokratische Duktus des Blattes ist einem neoliberalen, unsozialen, überheblichen, kleptokratischen Singsang gewichen. Ich lese ihn nach wie vor, ebenso FAZ, TAZ, DIE ZEIT und allle anderen Blätter; zur Korrektur Telepolis, Nachdenkseiten, konkret und andere.

Naja, unter Aust haben sie sich wenigstens noch einen vermeintlich linken Anstrich verpasst. Das Thema ist inzwischen komplett durch. Augstein rotiert im Grab.

Cactus
26.09.2014, 15:37
Eine hervorragende Ausgabe von "Die Anstalt". Was ich beschämend finde: Dass die (anderen) Medien nicht darüber berichten. Ich kann mich erinnern, dass noch rund um die erste Ausgabe unter Uthoff & von Wagner ziemlich viel bei Spiegel & Co geschrieben wurde. Ich lese auch immer wieder, wie die meisten Medien hinterher über irgendwelche Talkshows schreiben. Aber gerade über diese Sendung nicht? Hat den faden Beigeschmack, dass da mancher Journalist mit der angebrachten Medienkritik nicht souverän umgehen kann. Eine Schane.

Der_Wrestling_Fan
26.09.2014, 15:46
Naja, unter Aust haben sie sich wenigstens noch einen vermeintlich linken Anstrich verpasst. Das Thema ist inzwischen komplett durch. Augstein rotiert im Grab.

Ich finde, dass der Spiegel vor allem krampfhaft versucht, investigativ zu sein, auch wenn es dazu eigentlich keinen Grund gibt. Liest man sich so die Überschrifften der Artikel durch, entsteht nicht selten der eindruck, als wolle man einen Skandal produzieren. Mal ein ganz absurdes Beispiel: Nehmen wir mal an, irgendwie kommt im Sinne einer typischn Medienhysterie der Gedanke bei den Leuten auf, Schokopudding sein giftig, was relativ schnell dann von Forschern wiederlegt wird. Dann stünde im Spielgel so etwas wie

"Forscher finden heraus dass Pudding nicht gifitg ist - lesen sie wieso er doch giftig sein kann"

oder

"Person XYZ beseitigt mit seiner Aussage über Pudding alle Zweifel - und Zweifel bleiben dennoch."

Wie gesagt, das sind jetzt ziemlich absrude Beispiel (wobei irgendwie auch nicht, siehe die Sache damals um das Acrylamid in Chips :D); es geht mir halt darum, als wolle der Spiegel krankhaft an seine investigative Vergangenheit anknüpfen, auch wenn es mal nichts investigatives gibt. o.o

rantanplan
27.09.2014, 19:29
Was die Onlineausgabe angeht, sehe ich beim Spiegel nun wirklich nichts Investigatives, auch in den Überschriften nicht. Das ist alles eher plakativ gehalten, manchmal nicht weit von der Bild entfernt. Inhaltlich ist dann meistens nicht viel dahinter, oftmals sind es sowieso nur Texte von dpa, reuters und Co, mit einer hübschen Spiegel-Headline versehen. Schlimmer finde ich allerdings noch, das die tatsächlich von SPON/Spiegel-Redakteuren geschriebenen Artikel oftmals, und das kritisiert man u.A. hier ja auch, von mutmaßlich eigenen Meinungen durchtränkt, ohne das sie als solche gekennzeichnet sind.

Was die Print-Ausgabe angeht, bin da allerdings nur Gelegenheitsleser (Wartezimmer, wenn ne DVD-Beilage dabei ist, die mein Dad haben will usw.), steckt dann finde ich schon etwas mehr in den Artikeln drin. Mag manches mal mehr Schein als Sein sein, aber gespickt mit wörtlicher Rede z.B. von Politikern etc. aus nicht-öffentlichen Gesprächen, scheint zumindest hier die Informantenlage ganz ordentlich zu sein. Investigativ ist das natürlich auch nicht, jedem muss klar sein, das Politiker PR-Experten sind, oder zumindest einige zu ihren Beratern zählen und da mag dann vieles auch bewusst lanciert sein. Wie wichtig Umfragen aber z.B. für Frau Merkel wirklich sind, da mag man dann aber durchaus mal "investigativ" gewesen sein, nur hätte man dann vielleicht auch den nächsten Schritt gehen können und die Politik der Regierungen Merkel als das deklarieren können, was sie sind, populistisch. Insofern ist der Spiegel, mithin die gesamten Mainstreammedien dann aber eben genau das, Mainstream.

Aber kann man es denen wirklich verdenken? Online will jeder alles umsonst, es gibt nen Aufschrei, wegen diesen Paywalls und die Auflagen/Aboverkäufe der Printausgaben gehen zurück, viel Raum für wirklich unabhängige Berichterstattung, die dann vielleicht auch nicht unbedingt viele lesen wollen ist da nicht, und Anzeigekunden will man ja auch nicht vergraulen. Na gut, diese Probleme haben die ÖR natürlich nicht, da ist es also umso schlimmer. Aber die manipulieren ja auch Rankings.

umimatsu
16.10.2014, 17:59
Obama-Vize blamiert Merkel: USA haben EU zu Sanktionen gegen Russland gezwungen (http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2014/10/05/obama-vize-blamiert-merkel-usa-haben-eu-zu-sanktionen-gegen-russland-gezwungen/)

Glissinda der Troll
16.10.2014, 18:10
Obama-Vize blamiert Merkel: USA haben EU zu Sanktionen gegen Russland gezwungen (http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2014/10/05/obama-vize-blamiert-merkel-usa-haben-eu-zu-sanktionen-gegen-russland-gezwungen/)

Wie hiess es noch die Tage hier? Wer die Souveränität Deutschlands anzweifelt ist ein rechter Spinner?

The great Fozzy
16.10.2014, 18:53
Wie hiess es noch die Tage hier? Wer die Souveränität Deutschlands anzweifelt ist ein rechter Spinner?

Das gilt ja - grade wenn man sich mal wieder die Quelle anschaut - immer noch: https://netzpolitik.org/2014/medienkompetenz-fuer-einsteiger-deutsche-wirtschafts-nachrichten/

Wobei Politik in meinen Augen ohnehin nur so souverän ist, wie Großkonzerne es zulassen.

umimatsu
16.10.2014, 19:05
Das gilt ja - grade wenn man sich mal wieder die Quelle anschaut - immer noch: https://netzpolitik.org/2014/medienkompetenz-fuer-einsteiger-deutsche-wirtschafts-nachrichten/


Die DWN zitieren Biden wortwörtlich:

Throughout we’ve given Putin a simple choice: Respect Ukraine’s sovereignty or face increasing consequences. That has allowed us to rally the world’s major developed countries to impose real cost on Russia.

It is true they did not want to do that. But again, it was America’s leadership and the President of the United States insisting, oft times almost having to embarrass Europe to stand up and take economic hits to impose costs.

Quelle (http://www.whitehouse.gov/the-press-office/2014/10/03/remarks-vice-president-john-f-kennedy-forum)

The great Fozzy
16.10.2014, 19:20
Die DWN zitieren Biden wortwörtlich:

Throughout we’ve given Putin a simple choice: Respect Ukraine’s sovereignty or face increasing consequences. That has allowed us to rally the world’s major developed countries to impose real cost on Russia.

It is true they did not want to do that. But again, it was America’s leadership and the President of the United States insisting, oft times almost having to embarrass Europe to stand up and take economic hits to impose costs.

Quelle (http://www.whitehouse.gov/the-press-office/2014/10/03/remarks-vice-president-john-f-kennedy-forum)

Von Zwang kann ich da aber nichts rauslesen. Durchaus von diplomatischem Druck und man kann sicherlich darüber diskutieren, ob europäische Regierungen solchem Druck zu schnell nachgeben. Die von dir verlinkte Überschrift ist dennoch, wie bei solchen Publikationen üblich, maßlos überzogen

Delta Romeo
16.10.2014, 19:41
Dazu sollte man auch wissen, dass Biden in den Staaten wohl als das gilt, was man hierzulande am ehesten als ziemlichen Dampfplauderer bezeichnen würde.

Kain
16.10.2014, 19:43
Von Zwang kann ich da aber nichts rauslesen. Durchaus von diplomatischem Druck und man kann sicherlich darüber diskutieren, ob europäische Regierungen solchem Druck zu schnell nachgeben. Die von dir verlinkte Überschrift ist dennoch, wie bei solchen Publikationen üblich, maßlos überzogen

Aye. Das ist allenfalls ein Zugzwang. Wenn die deutsche Regierung dem nachgibt, ist das vielleicht etwas zweifelhaft, aber dennoch deren eigene Entscheidung.

Glissinda der Troll
16.10.2014, 19:52
Aye. Das ist allenfalls ein Zugzwang. Wenn die deutsche Regierung dem nachgibt, ist das vielleicht etwas zweifelhaft, aber dennoch deren eigene Entscheidung.

Das ist so eine ähnliche Argumentation wie der Alkoholiker der sagt ich muss nicht trinken ich will trinken.

Kain
16.10.2014, 19:58
Auch der Alkoholiker muss aufhören wollen. Wenn er das nicht will, ist jede Therapie zwecklos. In den meisten Fällen zumindest. Unterm Strich ist es aber eine Entscheidungsfrage.

umimatsu
23.02.2016, 12:19
Der Schweizer Blog Swiss Propganda (https://swisspropaganda.wordpress.com/die-nzz-studie/) hat die Berichterstattung der Neue Zürcher Zeitung zum Ukraine / Syrien - Konfikt untersucht und kommt zu Ergebnis, dass das Blatt "bei geopolitischen Konflikten überwiegend Propaganda der Konfliktpartei USA/NATO verbreitet, Propaganda nur auf der Gegenseite identifiziert, unausgewogene und teilweise wenig transparente Drittquellen verwendet und damit insgesamt einseitig und wenig objektiv berichtet und kommentiert." Eine entsprechende Untersuchung deutscher Qualitätsmedien würde vermutlich zu demselben Befund führen.

Der Landknecht
23.02.2016, 17:12
Der Schweizer Blog Swiss Propganda (https://swisspropaganda.wordpress.com/die-nzz-studie/) hat die Berichterstattung der Neue Zürcher Zeitung zum Ukraine / Syrien - Konfikt untersucht und kommt zu Ergebnis, dass das Blatt "bei geopolitischen Konflikten überwiegend Propaganda der Konfliktpartei USA/NATO verbreitet, Propaganda nur auf der Gegenseite identifiziert, unausgewogene und teilweise wenig transparente Drittquellen verwendet und damit insgesamt einseitig und wenig objektiv berichtet und kommentiert." Eine entsprechende Untersuchung deutscher Qualitätsmedien würde vermutlich zu demselben Befund führen.

Ich weiß nicht, wie objektiv sie ist, aber das Problem aus der anderen Seiten betrachtet eigentlich nur Gabriele Krone-Schmalz; zumindest ist sie die einzige, die mir da einfiele.

DocKeule
23.02.2016, 19:13
Im Blog-Bereich gab es einige und auch die Anstalt hat sich mehrmals zu dem Thema ausgelassen - in meinen Augen auch zu Recht. Diese Zeit war sicher keine Sternstunde der deutschen Medien.

Robobob
23.02.2016, 20:30
Dennoch: Nichts rechtfertigt die Annexion der Krim.

The-Deadman
14.08.2016, 13:30
Der vermeintliche Waffenstillstand in der Ostukraine. (http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/krieg-in-der-ostukraine-wer-bricht-den-waffenstillstand-14375280.html)
Die Frankfurter Allgemeine hat 100 Tage OSZE-Beobachtungen bzw. deren Protokolle ausgewertet und hält fest:

Die Untersuchung ergibt dabei folgendes Bild: Die permanente Verletzung der Waffenruhe im Donbass erfolgt sowohl durch die ukrainischen Streitkräfte wie auch durch die prorussischen Milizen der „Volksrepublik Donezk“ („DPR“) und der „Volksrepublik Luhansk“ („LPR“), die gemeinsam veranschlagt werden. Die Verstöße der prorussischen Rebellen überwiegen.
Zitatquelle: s.o.

Auf einer interaktiven Karte (http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/europa/datenanalyse-hier-herrscht-krieg-in-der-ostukraine-14385257.html) kann man sich das Ganze auch visualisiert darstellen lassen.

CM Landratomaniac
15.08.2016, 08:34
Steinmeier sucht das Gespräch mit Lawrow (http://www.tagesschau.de/ausland/steinmeier-lawrow-121.html)
Zuletzt ist die Sorge vor einer neuerlichen Eskalation der Ukraine-Krise wieder gewachsen, nun sucht Bundesaußenminister Steinmeier das Gespräch mit seinem russischen Amtskollegen Lawrow. Doch die Vorzeichen für das Treffen in Jekaterinburg sind schlecht.Fazit weiß ich jetzt schon: konstruktive Gespräche. :o Eben irgendwelche inhaltlosen Worthülsen, damit die internationale Presse etwas schreiben kann.

Mir ist es da schon egal, ob da manche mit "der böse Russe" und manche mit "der böse Westen" argumentieren. Das ist ermüdend. Unorthodox gesagt haben alle Konftliktparteien nicht mehr alle Tassen im Schrank.

CM Landratomaniac
20.10.2016, 01:48
Vielleicht sind doch noch ein paar Tassen im Schrank:
Gipfel in Berlin - Einigung auf "Roadmap" für die Ostukraine (http://www.tagesschau.de/ausland/poroschenko-ukraine-road-map-101.html)
Die Ukraine, Russland, Frankreich und Deutschland haben sich bei ihrem Gipfeltreffen in Berlin darauf verständigt, eine bewaffnete Polizeitruppe in der Ostukraine zu stationieren. Zudem einigte man sich auf einen Fahrplan, um eine Friedenslösung zu erreichen.
Das glaube ich erst, wenn der Friedensplan in der Realität umgesetzt ist. Oder wenn zumindest erfreuliche Anzeichen in der Ukraine auf Entspannung hindeuten. Bis dahin bleiben es für mich weiterhin inhaltlose Worthülsen.

Sugar Landy Ratannah
26.11.2018, 07:41
Die Ukraine hat ihre Reservisten in Bereitschaft versetzt und im Parlament wird über das Kriegsrecht abgestimmt. Vorausgegangen war ein Beschuss und die Kaperung von drei ukrainischen Kriegsschiffen durch Russland (https://www.tagesschau.de/ausland/russland-ukraine-107.html).

Face
21.02.2022, 20:36
Momentan ist das Thema ja wieder hochaktuell. Steuern wir auf den größten Krieg in Europa seit dem 2. Weltkrieg zu? Ist alles ein Bluff von Putin um sich viele Zugeständnisse des Westens herauszuholen? Will die NATO die Ukraine nutzen um Russland zu schwächen? Was passiert eigentlich wirklich in den östlichen Rebellengebieten? Ich sehe hier noch einige heiße Wochen auf uns zukommen, ehe das Frühlingswetter eine Entspannung bringen könnte wenn der tiefe, schlammige Boden eine Invasion sehr schwierig macht.

k-town1900
21.02.2022, 20:57
Ich weiß nicht genau was ich von dem ganzen Spektakel halten soll das Putin gerade abzieht. Auf der einen Seite wurde von der Nato nach Auflösung des Warschauer Pakt versprochen das es keine Osterweiterung gibt, jetzt steht die Nato quasi vor der russischen Grenze und der Hunger der Nato scheint immer noch nicht gestillt. Die EU rückt auch immer weiter Richtung Osten vor das dann ein Land wie Russland irgendwann mal die Schnauze voll hat konnte man sich denken gerade wenn da ein Machtmensch wie Putin im Chefsessel sitzt der auch in den noch kommunistischen Ländern immer mehr an Einfluss verliert.

Ich gehe davon aus daß es in den nächsten 1-3 Wochen knallt, Russland bekommt mit ein paar Sanktionen auf die Finger geschlagen weil die selbst ernannte Weltpolizei USA auch den Schwanz einzieht und in 1-2 Jahren redet kein Mensch mehr über den kleinen Krieg in Europa außer vielleicht in einer Doku hier und da.

rantanplan
21.02.2022, 21:59
Ich weiß nicht genau was ich von dem ganzen Spektakel halten soll das Putin gerade abzieht. Auf der einen Seite wurde von der Nato nach Auflösung des Warschauer Pakt versprochen das es keine Osterweiterung gibt, jetzt steht die Nato quasi vor der russischen Grenze und der Hunger der Nato scheint immer noch nicht gestillt. Die EU rückt auch immer weiter Richtung Osten vor das dann ein Land wie Russland irgendwann mal die Schnauze voll hat konnte man sich denken gerade wenn da ein Machtmensch wie Putin im Chefsessel sitzt der auch in den noch kommunistischen Ländern immer mehr an Einfluss verliert.

Ich gehe davon aus daß es in den nächsten 1-3 Wochen knallt, Russland bekommt mit ein paar Sanktionen auf die Finger geschlagen weil die selbst ernannte Weltpolizei USA auch den Schwanz einzieht und in 1-2 Jahren redet kein Mensch mehr über den kleinen Krieg in Europa außer vielleicht in einer Doku hier und da.

Ich weiß ehrlich nicht, wo dieses "Versprechen" immer wieder herkommt. Es ging damals um den Übergangsstatus der ehemaligen DDR, nicht um Polen, die baltischen Staaten usw., da hat seinerzeit kein Mensch darüber nachgedacht, dass diese irgendwann mal der EG bzw. EU oder der NATO beitreten könnten. Dass selbstbestimmte Nationen dann aber irgendwann Interesse haben könnten und aus freien Stücken beigetreten sind, hat doch weder was mit "Hunger der Nato" noch mit mit "Vorrücken" zu tun.

Russland bietet hier außer für Diktaturen leider kein ansprechendes Angebot, im Gegenteil, es strahlt Bedrohung aus, deshalb rennen die ehemaligen Ostblockstaaten doch NATO und EU die Türe ein. Mit ausreichender Entwicklung könnte Russland doch selbst Beitrittskandidat für die EU und/oder die NATO werden. Wenn man stattdessen im Osten den Dackel von China spielen will und im Westen den großen Macker, dann kommt es halt zu solchen Situationen.

Duke Skywalker
21.02.2022, 22:23
Ich weiß nicht genau was ich von dem ganzen Spektakel halten soll das Putin gerade abzieht. Auf der einen Seite wurde von der Nato nach Auflösung des Warschauer Pakt versprochen das es keine Osterweiterung gibt, jetzt steht die Nato quasi vor der russischen Grenze und der Hunger der Nato scheint immer noch nicht gestillt. Die EU rückt auch immer weiter Richtung Osten vor das dann ein Land wie Russland irgendwann mal die Schnauze voll hat konnte man sich denken gerade wenn da ein Machtmensch wie Putin im Chefsessel sitzt der auch in den noch kommunistischen Ländern immer mehr an Einfluss verliert.

Ich gehe davon aus daß es in den nächsten 1-3 Wochen knallt, Russland bekommt mit ein paar Sanktionen auf die Finger geschlagen weil die selbst ernannte Weltpolizei USA auch den Schwanz einzieht und in 1-2 Jahren redet kein Mensch mehr über den kleinen Krieg in Europa außer vielleicht in einer Doku hier und da.

Das Lied wird auch von Wagenknecht 1:1 gesungen. Es gibt genau ein Land bzw. eine Bevölkerung, die zu entscheiden hat ob sie sich der EU und der Nato öffnet: Die Ukraine.
Putin muss im Ausland den starken Mann geben, weil er innenpolitisch ein Versager ist.

k-town1900
21.02.2022, 22:34
Das Versprechen der Nato ist in genügend Dokus dokumentiert und auch von Politiker beider Seiten die damals bei den Verhandlungen dabei waren bestätigt. Gorbatschow und seine Minister haben nur "vergessen" schriftlich eine Demarkatioslinie festzulegen.

Auf ZDF Info lief erst wieder eine Doku über die Geschichte der Nato und ob sie überhaupt noch gebraucht wird (zeitgemäß ist). Da ging es ua um die Absprachen was nach der Auflösung vom Warschauer Pakt passiert. Es stand wohl sogar im Raum die Nato mit dem Warschauer Pakt aufzulösen.

Für mich persönlich ist die Nato nicht mehr zeitgemäß sondern eine Bedrohung für den (Welt)Frieden. Ich finde es auch schwachsinnig und nicht mehr zeitgemäß idas jeder EU Staat sich seine eigene Armee hält.

Face
21.02.2022, 22:49
Aber es ist doch völlig schnuppe ob die NATO, die USA oder wer auch immer unmittelbare Nachbarn Russlands sind. Es würde doch niemand auf die dumme Idee kommen in Russland einzumarschieren. Die Bedrohung für Russland (oder eher Putin) ist doch nicht militärisch, sondern besteht einzig und allein darin, dass die Russen sehen könnten, dass es sich in einem freieren Land nach westlichem Vorbild besser leben lässt.

k-town1900
21.02.2022, 23:04
Ich möchte mal die Amis sehen wenn Russland ein neues Bündnis auf den Weg bringt in das Cuba, Mexiko, Peru, Chile,... beitreten würden. Die würden ganz genauso reagieren sah man ja auch bei der Cuba Krise obwohl natürlich die Vorraussetzungen noch andere waren weil der kalte Krieg noch heiß war.

CM Landratomaniac
21.02.2022, 23:07
Frankreich zog sich in den 1960er Jahren selbstbestimmt aus der militärischen Struktur der NATO für mehrere Jahrzehnte zurück und kehrte in den 2000er Jahren selbstbestimmt zurück.
Das Vereinigte Königreich trat in den 1970er Jahren selbstbestimmt in die EWG ein und trat selbstbestimmt aus der EU aus.

Die Ukraine als unabhängiger Staat hat sich dazu entschlossen, dass ihr Blick Richtung NATO und EU geht. Das fing schon in den 2000er Jahren an. Stand heute können 30 NATO-Staaten zustimmen oder 1 NATO-Staat kann blockieren. Stand heute können 27 EU-Staaten zustimmen oder 1 EU-Staat kann blockieren.

Bei den Beispielen Frankreich und Vereinigtes Königreich kamen keine Soldaten und Panzer zum Einsatz. Diese beiden unabhängigen Staaten entschieden sich dagegen und dafür, dafür und dagegen. Warum wohl schauen immer mehr Menschen in der Ukraine zum Beispiel nach Estland, Lettland und Litauen, sehen deren Mitgliedschaft in NATO und EU, und schauen zum Beispiel nicht nach Belarus und dessen Mitgliedschaft in OVKS und EAWU?

Diese Selbstgefälligkeit und Selbstgerechtigkeit, wie manchmal über die Ukraine debattiert und philosophiert wird, ist unfassbar. Es geht um nichts anderes als um die Ukraine als Staat und nicht um das russische Zarenreich. Es geht um ukrainische Selbstbestimmung und nicht um russischen Kolonialismus. Warum es manche Friedensaktivisten und Antiimperialisten im Westen vor lauter Selbstzweifel und Sturheit nicht begreifen können - oder besser wollen. Diese unerträgliche ideologische Verunsicherung, weil es weder ein amerikanischer Krieg, noch der US-Imperialismus ist. Das ist ein 2014 gestarteter russischer Krieg - da ist kein Frieden. Russland ist der Imperialist - da ist kein Antiimperialismus.

"Aber was ist mit [hier ausfüllen]?" Der Whataboutism dringt zu mir nicht durch. Es geht um die Ukraine.

Duke Skywalker
21.02.2022, 23:21
Ich möchte mal die Amis sehen wenn Russland ein neues Bündnis auf den Weg bringt in das Cuba, Mexiko, Peru, Chile,... beitreten würden. Die würden ganz genauso reagieren sah man ja auch bei der Cuba Krise obwohl natürlich die Vorraussetzungen noch andere waren weil der kalte Krieg noch heiß war.

Es passiert aber nicht. Und wird auch nicht passieren. Ich finde diese Argumentation schon reichlich abenteuerlich. Genau wie dieses "wir müssen endlich mehr mit Russland reden".
Ich sehe eine Menge verzweifelte westliche Politiker, die versuchen einen Krieg zu verhindern...

rantanplan
22.02.2022, 00:07
Das Versprechen der Nato ist in genügend Dokus dokumentiert und auch von Politiker beider Seiten die damals bei den Verhandlungen dabei waren bestätigt. Gorbatschow und seine Minister haben nur "vergessen" schriftlich eine Demarkatioslinie festzulegen.

Auf ZDF Info lief erst wieder eine Doku über die Geschichte der Nato und ob sie überhaupt noch gebraucht wird (zeitgemäß ist). Da ging es ua um die Absprachen was nach der Auflösung vom Warschauer Pakt passiert. Es stand wohl sogar im Raum die Nato mit dem Warschauer Pakt aufzulösen.

Für mich persönlich ist die Nato nicht mehr zeitgemäß sondern eine Bedrohung für den (Welt)Frieden. Ich finde es auch schwachsinnig und nicht mehr zeitgemäß idas jeder EU Staat sich seine eigene Armee hält.

Weil Gorbatschow "vergessen" hat, schriftlich eine Demarkationslinie festzulegen, kann er sich 2014 nicht mehr an dieses Versprechen erinnern?

Zitat aus der Zeit:
Der frühere sowjetische Staats- und Parteichef Michail Gorbatschow hat der Darstellung widersprochen, ihm sei in Gesprächen über die deutsche Vereinigung ein Verzicht auf eine Ost-Erweiterung der Nato zugesagt worden. Bei den Verhandlungen 1990 sei dies kein Thema gewesen, sagte Gorbatschow dem heute-journal im ZDF. Er fügte hinzu: "Der Warschauer Pakt existierte doch noch. Die Frage stellte sich damals gar nicht."

Und selbst wenn, die Beteiligten hatten ja nicht einmal das Recht, über eine künftige Mitgliedschaft von Polen, den Balten usw. in der NATO zu entscheiden. Keine Ahnung, was du daran nicht verstehst, aber wenn unabhängige Nationen Mitglied in der NATO werden wollen, warum sollte es denen irgendwer verwehren, solange sie die Aufnahmekriterien erfüllen? Und ob Russland das gut oder schlecht findet, ist halt kein Aufnahmekriterium.

y2jforever
22.02.2022, 00:39
Putin schickt Truppen in Separatistengebiete. (https://www.tagesschau.de/ausland/europa/russland-separatistengebiete-103.html) Er erkennt die beiden Seperatistengebiete als unabhängige Staaten an und spricht der Ukraine die "echte Staatlichkeit" ab. Das wird spassig.

rantanplan
22.02.2022, 00:50
De facto eine Kriegserklärung Russlands an die Ukraine - wenigstens aus ukrainischer Sicht - oder sehe ich das falsch?

Der Zerquetscher
22.02.2022, 06:27
Das hatte Putin schon die ganze Zeit vor. Deshalb auch das Desinteresse an Deeskalation oder Gesprächen (siehe München). Die Politik der kleinen Schritte und des Testens der Reaktionen der alliierten Gegnerschaft. Kennt man aus der Geschichte. Nicht nur einmal.

Putin steht innenpolitisch unter Druck. Die Wirtschaft seines korrupten Systems ist immer malader. Er hat seinem Volk nichts zu bieten, außer Nationalismus und plumpem Hurra-Kino. Im Gegensatz übrigens zu den Chinesen, die zwar nicht anständiger sind, aber wirtschaftlich extrem erfolgreich. Also sucht Putin auch nach dem desaströsen Katastrophenmanagement der Corona-Krise (in der seine Administration völlig versagt hat) nach einem Ventil für den Druck innerhalb der Gesellschaft unter seiner Diktatur. Einem Rally-round-the-flag-Phänomen, das die Bevölkerung möglichst wieder hinter der Regierung vereint. Auch wenn sowas nur kurzlebig ist. Stolz und Ehre. Wieder wer sein. Vaterländisch.

Das haben die Ukrainer jetzt davon, dass sie gutgläubig im Budapester Memorandum von 1994 (https://de.wikipedia.org/wiki/Budapester_Memorandum) daran geglaubt haben, ihr machtkomplexbehafteter Nachbar mit Weltmachtstreben würde langfristig ihre staatliche Souveränität anerkennen, wenn sie nur im Gegenzug ihre Atomwaffen (an den machtkomplexbehafteten Nachbarn mit Weltmachtstreben) abliefern. *Sarkasmus aus*. Selbstverständlich gebe ich der Ukraine keinerlei Schuld an der Situation derzeit. Frech von den Menschen dort, dass sie möglichst frei leben wollen. Ohne die Knute der russischen Regierung.

Biden hatte Recht. Putin ist ein Mörder. Und er hatte Recht. Putin ist ein Kriegstreiber. Aber diese Erkenntnis hat sich unter den lesenden, aufmerksamen Zeitgenossen seit Jahren durchgesetzt. Und ich muss ehrlich sagen, wenn ich in die Landschaft der deutschen "Linken" so reinblicke, dann ziehe ich den Hut. Da sehe ich keinen "sturen Antiamerikanismus", sondern eine klipp und klare Absage an Despotie und militärische Aggression. Egal, woher sie kommt. Jetzt muss sich noch in der Breite die Erkenntnis durchsetzen, dass Anständigkeit und Friedensliebe allein noch keinen Frieden garantieren, sondern dass dazu wohl oder übel auch militärische Druckmittel vonnöten sind. Stichwort Bundeswehr. Da reden sich Menschen wie ich nämlich seit Jahren den Mund fusselig.

CM Landratomaniac
22.02.2022, 06:36
Putin hat offiziell die Entsendung von russischen Soldaten angekündigt und russische Soldaten überschreiten offiziell die Grenze zur Ukraine; marschieren in ukrainisches Gebiet ein, ohne dass die ukrainische Regierung in Kiew dem zustimmte. Das ist eine Invasion. Und jetzt ist es keine Invasion mit "kleinen, grünen Männchen" ohne Abzeichen wie bei der Halbinsel Krim - das war die erste Invasion. Das ist jetzt eine offizielle Invasion - die zweite Invasion. Wenn da jetzt, bei der zweiten Invasion, echt noch verzweifelt nach irgendeinem Strohhalm gesucht wird, um irgendwie vor lauter Differenzierungswahnsinn noch einen Ausweg zu finden - da bricht das Rückgrat. Wie offensichtlich muss Putin es noch machen? Soll er eine Atombombe auf Kiew schmeißen, damit es eventuell vielleicht unter Umständen nach einer aggressiv anmutenden möglichen Handlung aussehen könnte, die zutiefst beunruhigend ist? Das ist Krieg. Seit 2014 zwar, aber jetzt hämmert einem Putin ja die Soldaten ins Gesicht. Übersehen kann man das jetzt nicht mehr - es sei denn, man verdreht sich das Genick vor lauter Wegschauen, weil Sanktionen auch ungemütlich für den eigenen Staat sind.

Sirius
22.02.2022, 08:45
Purin will "seine Sowjetuinion" zurück haben, in der allein Moskau das sagen hat. In den asiatischen Republiken sichert er sich diesen Einfluss, in dem er seine Männer in Position bringt, wie zuletzt in Kasachstan. An der Ukraine will er ein Exempel statuieren und schauen wie weit er gehen kann bevor er auf Widerstand stößt. Ein offener Krieg kann allerdings nicht in seinem Interesse sein. Die Frage ist allerdings wie weit wird er gehen? Das er auch gerne das Baltikum zurück hätte und Osteuropa als Puffer zwischen sich under Nato ist kein Geheimnis.

Es wird auch immer wieder über "Russlands Sicherheit" gesprochen. Die Sicherheit der anderen Staaten und ihre Selbstbestimmungsrecht (welches übrigens auch von Russland annerkannt wurde) scheinen da keine Rolle zu spielen. Neben Putins Politik ist es auch die Geschichte, die Osteuropa Richtung Westen treibt. Staaten wie Polen oder die baltischen Demokratien haben unter Moskaus Knute mehr als einmal gelitten.

Das ganze Verhalten von Russland in der Ostukraine erinnert doch sehr stark an Deutschlands Annektion der Sudetengebiete in den 30er Jahren. Am Ende stand, bei allem Appeasement dann doch noch der Einmarsch und die Unterjochung des tschechischen Teils der damaligen Tscheschoslowakei.

Wenn ich Sarah Wagenknecht bei Anne Will sehe denke ich mir: "Standen die Linken nicht mal für Antiimperealismus und Frieden?" Aber scheinbar ist die Moskau-Treue schon mit der Muttemilch aufgenommen worden, egal welche Kommunisten, Imperealisten, Faschisten oder sonstwelche -isten im Kreml das Sagen haben.

rantanplan
22.02.2022, 20:02
Biden hatte Recht. Putin ist ein Mörder. Und er hatte Recht. Putin ist ein Kriegstreiber. Aber diese Erkenntnis hat sich unter den lesenden, aufmerksamen Zeitgenossen seit Jahren durchgesetzt. Und ich muss ehrlich sagen, wenn ich in die Landschaft der deutschen "Linken" so reinblicke, dann ziehe ich den Hut. Da sehe ich keinen "sturen Antiamerikanismus", sondern eine klipp und klare Absage an Despotie und militärische Aggression. Egal, woher sie kommt. Jetzt muss sich noch in der Breite die Erkenntnis durchsetzen, dass Anständigkeit und Friedensliebe allein noch keinen Frieden garantieren, sondern dass dazu wohl oder übel auch militärische Druckmittel vonnöten sind. Stichwort Bundeswehr. Da reden sich Menschen wie ich nämlich seit Jahren den Mund fusselig.

Die Amerikaner haben diese militärischen Druckmittel - und setzen sie zum Glück bisher nicht ein. Sind nicht Sanktionen, wie sie jetzt geplant und umgesetzt werden, das Mittel der Wahl?

Mich würde interessieren, warum du in einer Bundeswehr als Druckmittel einen relevanten Unterschied in dieser Situation siehst. Was könnten wir jetzt anders oder besser machen, wenn wir in den letzten 20 Jahren das 2%-Ziel erreicht hätten und die Bundeswehr vielleicht auch insgesamt besser gemanaged hätten, als das tatsächlich der Fall war?

Erwin
22.02.2022, 20:39
Gibt es eigentlich in Kaliningrad was zu holen? Laut Putins Argumentation ist das ja nicht wirklich russisch, sondern auch nur ein Konstrukt, das nach dem Ende eines Staates entstanden ist. Dann könnten wir Deutschen uns das auch zurückholen. :rolleyes:

Putin wird auch nicht nur die Ukraine im Auge haben, sondern auch Estland, Lettland und Litauen - und das sind Staaten der NATO und der EU! Als ich vor einigen Jahren in Riga war, konnte ich mich mit einem Letten unterhalten, der hatte damals schon Angst, dass es ihnen genauso geht wie den Ukrainern, mit separatistischen Russen im Land und wie er es nannte einem "Krieg der Informationen".

Riddler
22.02.2022, 21:31
Russland/Putin möchte schlichtweg einen (oder mehrere) Hafen, welcher nicht ständig vereist ist und unter russischer Kontrolle steht.
Putin nutzt diese schon fast jahrhundertealte Sehnsucht, um sich vor allem innenpolitisch zu stärken.

Diese Pseudoargumentation mit NATO-Osterweiterung oder, dass der Staat Ukraine nur künstlich erschaffen sei, sind mMn nur politische Störfeuer, die der Ablenkung dienen sollen.

Entscheidend wird jetzt sein, wie UNO und NATO reagieren. Wir können nur hoffen, dass es möglichst wenige menschliche Verluste geben wird.

Der Zerquetscher
23.02.2022, 07:59
Die Amerikaner haben diese militärischen Druckmittel - und setzen sie zum Glück bisher nicht ein. Sind nicht Sanktionen, wie sie jetzt geplant und umgesetzt werden, das Mittel der Wahl?

Mich würde interessieren, warum du in einer Bundeswehr als Druckmittel einen relevanten Unterschied in dieser Situation siehst. Was könnten wir jetzt anders oder besser machen, wenn wir in den letzten 20 Jahren das 2%-Ziel erreicht hätten und die Bundeswehr vielleicht auch insgesamt besser gemanaged hätten, als das tatsächlich der Fall war?

Doch, natürlich sind die (möglichst heftigen!) Sanktionen im Moment das Mittel der Wahl. Auch die USA riskieren keinen direkten Konflikt mit Putin für ein Nicht-Nato-Land im direkten Dunstkreis Russlands. Aber es geht eben nicht nur um die Ukraine. Putin will mehr. Er sagt es ja inzwischen ganz offen selbst. Er will wieder das, was einst Großmacht war. Und dazu gehören nicht nur Länder wie Aserbaidschan, Weißrussland, die Ukraine oder Kasachstan, sondern auch das Baltikum. Und das ist unzweifelhaft Europa und sogar NATO-Gebiet.

Jetzt kann man natürlich hergehen und auf die Atomwaffen zeigen. So nach dem Motto, diese Länder (Lettland, Estland, Litauen) wird sich Putin nicht holen, denn "dann gäbe es doch Atomkrieg". Aber - gäbe es den? Gäbe es den wirklich? Gäbe es nicht weit vorher konventionell geführte Auseinandersetzungen? Mit Panzern, Drohnen und infanteristischem Kampf? Und noch davor hybride Kriegsführung, Infiltration und Subversion? Ich denke schon. Putin ist clever. Er fährt die Politik der kleinen Schritte. Und sieht, was passiert und wohin sie ihn bringt. Und unsere Bundeswehr ist, wie ich das als Offizier der Bundeswehr aus Erfahrung weiß und hier seit Jahren predige, nicht einsatzfähig. Kleinste Unternehmungen wie die Evakuierung weniger Personen aus einem Krisenstaat stellen die BW jedes Mal vor logistische Probleme, die man oft nur lösen kann, indem man das Ausland um Hilfe bittet. Schon Ende der 90er wurden in einem KRK-Bataillon (PzGrenBat 112 Regen) zwei Panzer ausgeschlachtet, um zwei andere Panzer im Einsatz (Kosovo) am Laufen halten zu können. Mit den Helikoptern ist die Quote, wie ich oft gehört habe, noch schlimmer. Weil damals schon kein Geld da war. Und heute, nach zwanzig Jahren, sieht es noch wesentlich schlimmer aus. Das kann doch alles nicht wahr sein. Und wir diskutieren hier in Deutschland in seliger Ignoranz der Sachlage, ob deutsche Drohnen Waffen tragen dürfen. Da fasse ich mir nur noch an den Kopf bei soviel politischer Unreife, Unwissen und Unvernunft. Als wäre ein Artilleriegeschoss, das von weit her irgendwo einschlägt und detoniert, irgendwie etwas Besseres und für Zivilisten sicherer als eine mit einer Kamera über dem Ort des Ziels schwebende Drohne. Aber ich fange gar nicht erst an. Putin wird es jedenfalls freuen, wenn wir Deutschen in unserem umnachteten Dornröschenschlaf von einer besseren Welt träumen. Die wird nämlich vorerst nicht kommen. Außer als Schimäre. Die Geschehnisse von vorgestern Abend sind dafür beredtes Zeugnis.

Landnani
23.02.2022, 10:42
Hier wurden schon eine Menge kluge Sachen geschrieben, auf die ich nur kurz eingehen möchte. Die NATO als Aggressor zur stilisieren ist absurd. Dafür ist die NATO viel zu harmlos. Die militärischen Supermächte sind in den 2020ern immer noch die großen Staaten USA, Russland, China usw.

Quetschies mieses Gefühl über den Zustand der deutschen Bundeswehr teile ich. Meiner alte Leier. Auf öffentliche Güter wird in diesem Land schon seit Jahrzehnten gepflegt geschissen, was sich selbst dann nicht ändert, wenn man wieder einen Denkstempel bekommt (Bildungskrise, Gesundheitskrise, jetzt Ukraine-Krise). - Natürlich wäre es schöner, wenn wir in einer klugen Welt leben würden, in der Militär nicht notwendig ist. Aber schauen wir uns doch mal die globale Realität an. Selbst die sich moralisch permanent selbstbeweihräuchernden Amis nutzen noch immer gerade dieses Mittel, um politischen Druck auszuüben, gescheiterte Innenpolitik zu übertünchen oder knallhart-imperialistisch anderen Ländern die Politik vorzuschreiben. Deutschland ist mE auch nur deshalb so zahnlos, weil wir schon lange am Rock der Amis hängen (bzw. die DDR am Rock der SU) und das bis vor kurzem im Konzert der Weltpolitik von diesen Ländern gerngesehen wurde. Die Linken unseres Landes sind in der Hinsicht zwar tatsächlich größtenteils Traumtänzer, aber die hatten in den letzten 40 Jahren ja nun wirklich nicht viel zu sagen.

Ich stimme daher auch zu, dass es Putin hier v.a. um sein Ansehen geht. Vielleicht sogar noch mehr und noch gefährlicher. Der Mann wird alt. Er wirkt körperlich nicht mehr tough, seine Fähigkeiten nehmen ab und nach all den Jahren am Hebel der Macht nimmt für gewöhnlich auch die Sorge darüber ab, was nach einem kommt. Alte Männer entrücken sich gern von der Menschlichkeit und verhärten geistig. Als Folge dessen schicken alte Männer sehr gern junge Männer in Krieg und Tod. Ironischerweise, weil sie selbst den Tod nicht mehr so sehr fürchten (müssen), denn sie sind eh nicht mehr weit davon entfernt.
Darum bin ich in dieser Angelegenheit auch sehr pessimistisch. Zum einen, weil ich Putin - im Gegensatz zu vor 10 Jahren - alles zutraue. Zum anderen, weil er innenpolitisch ein Versager ist.

Das sage ich, obwohl ich nie ein Putin-Gegner war. Natürlich ist der Mann ein skrupelloser Mörder und Machtmensch. Zwar klug, aber auch korrupt und autokratisch. In dem Zusammenhang muss man aber auch sehen, wie autokratiegeil die russische Gesellschaft ist. Das Land steckt im Geist immer noch mehrheitlich in der Zarenzeit fest. Anstelle der Monarchie kamen irgendwann Pseudo-Kommunisten an die Macht, die statt einer Kronendiktatur eine Parteidiktator durchgesetzt haben. Spätestens mit Stalin - den ich menschlich auf Augenhöhe mit Hitler sehe - wurde das zementiert. Als man dann irgendwann den ersten und einzigen "demokratischen" Präsidenten mit Gorbatschow bekam, hat dieser aus Sicht der Russen ihr Weltreich zerstört. Das hat sich in die Köpfe eingebrannt. Auch wenn es absurd ist, denn das Land war schon vorher kaputtgewirtschaftet worden und es war halt mal wieder der "Ehrliche", der am Ende die Schuld bekam.
Die Mehrheit der Russen wünschen sich also einen starken Führer. Putin hat diese Rolle lange Zeit erfüllt. Aus Sicht des Westen hätte es auch deutlich schlimmer kommen können, denn immerhin hat er seinen kluge, harte Führung "nur" dafür genutzt, sich und seine Freunde zu bereichern, wobei das Land zurückgefallen ist. Mit ihrem Potenzial wäre Schlimmeres drin gewesen.

Leider ist dieser Scherbenhaufen nun genau das, was einen Flächenbrand begünstigen könnte. Das einzige was die russische Politik in den letzten Jahrzehnten produziert hat, sind arme, wütende, harte Jungs, die gern die Waffe in die Hand nehmen um ihre Umstände zu verbessern. Dabei macht es ihnen auch nichts aus, dass diejenigen die sie in den Krieg schicken, dieselben sind, die sie zu armen, harten Jungs ohne Perspektive gemacht haben. Das alte nationalistische Erfolgsrezept. Mörder schaffen Mörder, die sie auf ihre Feinde loslassen.

Früher oder später wird alles explodieren. Nicht nur, weil Putin immer weiter machen wird. Nicht nur, weil Russland auch ohne Putin ein Krisenherd ist. Sondern, weil es keinen stabilisierenden Faktoren gibt. USA und EU sind gespalten und demontieren sich zunehmend selbst. Die praktizierte moralische Reife der Weltbevölkerung steht im bitteren Kontrast zu unserer moralischen Erwartungshaltung an andere. Statt Sozialgesellschaften sind wir Ego-Gesellschaften aus Konsum und Gier. Selbst im Angesicht von globalem Systemversagen wird fast schon religiös nur für Eigeninteressen gekämpft. Wir leben im Zeitalter der Sucht, die uns fast komplett handlungsunfähig macht.
Welche Alternative soll man den Russen denn unter diesen Umständen bitte bieten? Die anderen gesellschaftlichen Konzepte sind doch ebenfalls dabei zu scheitern. Solange es keinen positiven Präzedenzfall in dieser Welt gibt, wird sich die Abwärtsspirale weiter nach unten drehen.

Meine Oma hat immer gesagt, sie hofft, dass wir keinen Krieg erleben müssen. Leider ist diese Hoffnung genauso naiv wie der Wunsch, die Kinder mögen ohne Narben durch das Leben kommen.

Goldberg070
23.02.2022, 11:32
Hier wurden schon eine Menge kluge Sachen geschrieben, auf die ich nur kurz eingehen möchte. Die NATO als Aggressor zur stilisieren ist absurd. Dafür ist die NATO viel zu harmlos. Die militärischen Supermächte sind in den 2020ern immer noch die großen Staaten USA, Russland, China usw.

Quetschies mieses Gefühl über den Zustand der deutschen Bundeswehr teile ich. Meiner alte Leier. Auf öffentliche Güter wird in diesem Land schon seit Jahrzehnten gepflegt geschissen, was sich selbst dann nicht ändert, wenn man wieder einen Denkstempel bekommt (Bildungskrise, Gesundheitskrise, jetzt Ukraine-Krise). - Natürlich wäre es schöner, wenn wir in einer klugen Welt leben würden, in der Militär nicht notwendig ist. Aber schauen wir uns doch mal die globale Realität an. Selbst die sich moralisch permanent selbstbeweihräuchernden Amis nutzen noch immer gerade dieses Mittel, um politischen Druck auszuüben, gescheiterte Innenpolitik zu übertünchen oder knallhart-imperialistisch anderen Ländern die Politik vorzuschreiben. Deutschland ist mE auch nur deshalb so zahnlos, weil wir schon lange am Rock der Amis hängen (bzw. die DDR am Rock der SU) und das bis vor kurzem im Konzert der Weltpolitik von diesen Ländern gerngesehen wurde. Die Linken unseres Landes sind in der Hinsicht zwar tatsächlich größtenteils Traumtänzer, aber die hatten in den letzten 40 Jahren ja nun wirklich nicht viel zu sagen.

Ich stimme daher auch zu, dass es Putin hier v.a. um sein Ansehen geht. Vielleicht sogar noch mehr und noch gefährlicher. Der Mann wird alt. Er wirkt körperlich nicht mehr tough, seine Fähigkeiten nehmen ab und nach all den Jahren am Hebel der Macht nimmt für gewöhnlich auch die Sorge darüber ab, was nach einem kommt. Alte Männer entrücken sich gern von der Menschlichkeit und verhärten geistig. Als Folge dessen schicken alte Männer sehr gern junge Männer in Krieg und Tod. Ironischerweise, weil sie selbst den Tod nicht mehr so sehr fürchten (müssen), denn sie sind eh nicht mehr weit davon entfernt.
Darum bin ich in dieser Angelegenheit auch sehr pessimistisch. Zum einen, weil ich Putin - im Gegensatz zu vor 10 Jahren - alles zutraue. Zum anderen, weil er innenpolitisch ein Versager ist.

Das sage ich, obwohl ich nie ein Putin-Gegner war. Natürlich ist der Mann ein skrupelloser Mörder und Machtmensch. Zwar klug, aber auch korrupt und autokratisch. In dem Zusammenhang muss man aber auch sehen, wie autokratiegeil die russische Gesellschaft ist. Das Land steckt im Geist immer noch mehrheitlich in der Zarenzeit fest. Anstelle der Monarchie kamen irgendwann Pseudo-Kommunisten an die Macht, die statt einer Kronendiktatur eine Parteidiktator durchgesetzt haben. Spätestens mit Stalin - den ich menschlich auf Augenhöhe mit Hitler sehe - wurde das zementiert. Als man dann irgendwann den ersten und einzigen "demokratischen" Präsidenten mit Gorbatschow bekam, hat dieser aus Sicht der Russen ihr Weltreich zerstört. Das hat sich in die Köpfe eingebrannt. Auch wenn es absurd ist, denn das Land war schon vorher kaputtgewirtschaftet worden und es war halt mal wieder der "Ehrliche", der am Ende die Schuld bekam.
Die Mehrheit der Russen wünschen sich also einen starken Führer. Putin hat diese Rolle lange Zeit erfüllt. Aus Sicht des Westen hätte es auch deutlich schlimmer kommen können, denn immerhin hat er seinen kluge, harte Führung "nur" dafür genutzt, sich und seine Freunde zu bereichern, wobei das Land zurückgefallen ist. Mit ihrem Potenzial wäre Schlimmeres drin gewesen.

Leider ist dieser Scherbenhaufen nun genau das, was einen Flächenbrand begünstigen könnte. Das einzige was die russische Politik in den letzten Jahrzehnten produziert hat, sind arme, wütende, harte Jungs, die gern die Waffe in die Hand nehmen um ihre Umstände zu verbessern. Dabei macht es ihnen auch nichts aus, dass diejenigen die sie in den Krieg schicken, dieselben sind, die sie zu armen, harten Jungs ohne Perspektive gemacht haben. Das alte nationalistische Erfolgsrezept. Mörder schaffen Mörder, die sie auf ihre Feinde loslassen.

Früher oder später wird alles explodieren. Nicht nur, weil Putin immer weiter machen wird. Nicht nur, weil Russland auch ohne Putin ein Krisenherd ist. Sondern, weil es keinen stabilisierenden Faktoren gibt. USA und EU sind gespalten und demontieren sich zunehmend selbst. Die praktizierte moralische Reife der Weltbevölkerung steht im bitteren Kontrast zu unserer moralischen Erwartungshaltung an andere. Statt Sozialgesellschaften sind wir Ego-Gesellschaften aus Konsum und Gier. Selbst im Angesicht von globalem Systemversagen wird fast schon religiös nur für Eigeninteressen gekämpft. Wir leben im Zeitalter der Sucht, die uns fast komplett handlungsunfähig macht.
Welche Alternative soll man den Russen denn unter diesen Umständen bitte bieten? Die anderen gesellschaftlichen Konzepte sind doch ebenfalls dabei zu scheitern. Solange es keinen positiven Präzedenzfall in dieser Welt gibt, wird sich die Abwärtsspirale weiter nach unten drehen.

Meine Oma hat immer gesagt, sie hofft, dass wir keinen Krieg erleben müssen. Leider ist diese Hoffnung genauso naiv wie der Wunsch, die Kinder mögen ohne Narben durch das Leben kommen.Auch wenn wir nicht immer einer Meinung sind, von deinem Statement ist einfach jedes Wort wahr...

Face
23.02.2022, 12:06
Ganz würde ich den Part mit der Zarenzeit und dem Wunsch nach einem russischen Großreich nicht unterschreiben. Gerade die größeren Profiteure der Putinschen Politik sind relativ westlich orientiert und können mit dem Großmachtdenken nicht so viel anfangen. Die Russen haben einen enormen Brain-Drain und wirtschaftlich werden sie sowieso schon lange vom Rest der Welt abgehängt, weil sie außer Rohstoffen eigentlich nichts zu bieten haben. Also ja, eine große Menge kann mit Weltmachtfantasien etwas anfangen, aber nein, eine durchaus große Menge hat darauf null Bock, kann aber in Putins Reich das nur sehr eingeschränkt äußern und wenn es ihnen reicht, sind sie eben ganz weg.

Insofern stimmt wohl die Analyse des sterbenden Reiches das unglücklicherweise historisch noch einen großen Militärapparat unterhält (der aber wohl auch nur teilweise modern ist) und daher machtpolitisch derzeit noch eine größere Rolle spielen kann, als ihm eigentlich zusteht.

Landnani
23.02.2022, 13:15
Ganz würde ich den Part mit der Zarenzeit und dem Wunsch nach einem russischen Großreich nicht unterschreiben. Gerade die größeren Profiteure der Putinschen Politik sind relativ westlich orientiert und können mit dem Großmachtdenken nicht so viel anfangen.

Mehrheit bedeutet ja nicht alle. ;) Ich habe eine russische Kollegin, die ist intelligent und liberal (und anti-Putin). Ich kenne aber auch einige kluge Russen, bei denen die Sehnsucht nach scheinbarer Stärke stärker ist als Kriterien der Vernunft. - Letztlich tragen die mundtoten und emigrierten Klugen natürlich zu den russischen Verhältnisses bei.

Was Putins Mitprofiteure angeht, die stehen auf einem anderen Blatt. Solche Leute glauben ja selten die Narrative, mit denen sie die Menschen steuern. Bei Putin sind bspw. viele konservative Ansätze mE eher Masche, um seine Leute gegen die liberale Welt zu polarisieren und dabei altmodisch völkisch zu wirken. Das dürfte für viele seiner Mitprofiteure gelten. Wasser predigen, Wein saufen.

Johnny Bravo
24.02.2022, 05:41
Der russische Angriffskrieg hat begonnen. (https://www.spiegel.de/ausland/ukraine-raketenangriffe-und-explosionen-in-mehreren-staedten-a-295cb51f-059a-4a45-ab50-b21860f5e1cf) Unfassbar. Mir fehlen die Worte.

Charlie Harper
24.02.2022, 05:54
Unfassbar traurig
Putin sagt auch: "Jeder der sich versucht einzumischen oder mehr noch, eine Bedrohung für unser Land und unser Volk zu schaffen, muss wissen, dass Russlands Antwort sofort erfolgen und zu solchen Konsequenzen führen wird, wie Sie sie in Ihrer Geschichte noch nie erlebt haben!"