Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Nachwuchs-Krise im deutschen Fußball?
Goldberg070
12.09.2018, 11:09
Ich habe einen recht interessanten Artikel gefunden, der viele Probleme, über die wir hier shcon diskutiert haben, recht gebündelt anspricht. Den Artikel möchte ich gerne als Anfang für dieses Thema nehmen und mal sehen, wie ihr die Sache beurteilt. Ist die Krise herbeigeredet? Wird sie vielleicht erst noch kommen? Haben wir sie eventuell schon? Gerade im Zusammenhang mit dem eher mäßigen internationalen Abschneiden der letzten Zeit? Oder liegen die Gründe ganz woanders, vielleicht auch in der Ausbildung der jungen Spieler? Aktuelles Beispiel das Fehlen von klassischen "Knipsern", den zentralen Strafraumstürmern oder auch dem klassischen defensiven 6er, dem Abräumer vor der Abwehr.
Zum Artikel (https://web.de/magazine/sport/fussball/international/steckt-deutsche-fussball-nachwuchs-krise-33158190)
NarrZiss
12.09.2018, 11:39
Nur ganz kurz:
Ich denke, dass der Artikel sich in reine Ergebnisbetrachtung verrennt. Sei es nun bzgl. der deutschen U-Jugendmannschaften, die meines Wissens bis auf eine wirklich kurze Phase nie wirklich so großartig abgeschnitten haben (Olympia (https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Fu%C3%9Fballolympiamannschaft), U21 (https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Fu%C3%9Fballnationalmannschaft_(U-21-M%C3%A4nner)), U20 (https://de.wikipedia.org/wiki/U-20-Fu%C3%9Fball-Weltmeisterschaft_2017), U19 (https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Fu%C3%9Fballnationalmannschaft_(U-19-Junioren)), U18 (https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Fu%C3%9Fballnationalmannschaft_(U-18-Junioren)), U17 (https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Fu%C3%9Fballnationalmannschaft_(U-17-Junioren))) oder dem Abschneiden der deutschen Vereinsjugendmannschaften in der Youth League. Vor allem gab es diesbezüglich auch immer wieder ablehnende Stimmen der Vereine, die eben jene Zusatzbelastung und Reisen für die Jugend skeptisch gegenüber standen. Ein Erfolgsmodell war die Youth League im deutschen Raum noch nie.
Allerdings sehe ich beispielsweise eine Ausbildungskrise im Nachwuchsbereich. Sowohl im Trainerbereich als auch explizit in der Ausbildung der Spieler, die aktuell gefühlt sehr 0815 ausgebildet werden. Dementsprechend gibt es auch ein Überangebot an Spieler auf den Positionen in der Innenverteidigung als auch im zentralen Mittelfeld. Es gibt kaum noch Spezialisten auf ihrer Position, v.a. polyvalente Spieler, die größtenteils ein ähnliches Skillset aufzuweisen haben. Diese einseitige Ausbildung und v.a. auch einiger aus dem Jugendbereich kommenden Trainer mit dem Ziel auf den schnellen Erfolg lässt sich jedoch schon seit Jahren erkennen.
Goldberg070
12.09.2018, 11:43
Allerdings sehe ich beispielsweise eine Ausbildungskrise im Nachwuchsbereich. Sowohl im Trainerbereich als auch explizit in der Ausbildung der Spieler, die aktuell gefühlt sehr 0815 ausgebildet werden. Dementsprechend gibt es auch ein Überangebot an Spieler auf den Positionen in der Innenverteidigung als auch im zentralen Mittelfeld. Es gibt kaum noch Spezialisten auf ihrer Position, v.a. polyvalente Spieler, die größtenteils ein ähnliches Skillset aufzuweisen haben. Diese einseitige Ausbildung und v.a. auch einiger aus dem Jugendbereich kommenden Trainer mit dem Ziel auf den schnellen Erfolg lässt sich jedoch schon seit Jahren erkennen.Guter Punkt. Das habe ich in meinen Eingangspost mit rein editiert. :)
k-town1900
12.09.2018, 13:05
Warum echte Strafraumstürmer fehlen ist ganz einfach zu beantworten in Zeiten in denen der Ball am liebsten ins Tor getragen wird, kaum noch Flanken geschlagen werden außer die ein oder andere aus dem Halbfeld sind die eine aussterbende Rasse.
Die Youth League ist für mich ein Witz und eine Benachrichtigung der kleinen Vereine mit guter Jugendarbeit. Anstatt die 4 Halbfinalisten der DM in die Youth League zu schicken kommen die rein wo die erste Mannschaft in der Champions League stehen egal wie sie vorher abgeschnitten haben.
Das es sich selbst auf dem Jugendmarkt nur noch ums Geld dreht spielt wohl auch eine Rolle das es im Moment nicht so rund läuft mit deutschen Talenten allerdings hatten wir solche Tiefphasen schon seit es den deutschen Fußball gibt.
Es werden halt auch viele Jugendliche schon weggekauft die besser noch bei ihrem Heimatverein geblieben wären um dort zu lernen und nicht bei Bayern, Dortmund, Schalke, Hoffenheim, Leipzig in der Masse unter zu gehen. Dann schaffen viele Vereine die U23 ab so das es nach der U19 heißt entweder du bist gut genug für die 1. Mannschaft oder du kannst gehen. Da ist bestimmt auch der ein oder andere Spätstarter darunter dem ein zwei Jahre Regionalliga gut getan hätte.
Hier kann ich nur vom FCK reden wir hatten bis Mitte der 90er von jeder Altersklasse mindestens 5 Mannschaften. Heute sind es im Höchstfall 2. So gehen dem Verein einige Talente durch die Lappen weil beim Ligabetrieb mit 5 Mannschaften viel mehr im Umfeld gescoutet werden kann als wenn nur ein oder zwei Mannschaften am Ligabetrieb teilnehmen. Außerdem kann man so auch Mal ein vielversprechendes Talent der nur noch nicht so weit ist in der 2. oder 3. Mannschaft parken.
Es werden halt auch viele Jugendliche schon weggekauft die besser noch bei ihrem Heimatverein geblieben wären um dort zu lernen und nicht bei Bayern, Dortmund, Schalke, Hoffenheim, Leipzig in der Masse unter zu gehen. Dann schaffen viele Vereine die U23 ab so das es nach der U19 heißt entweder du bist gut genug für die 1. Mannschaft oder du kannst gehen. Da ist bestimmt auch der ein oder andere Spätstarter darunter dem ein zwei Jahre Regionalliga gut getan hätte.
Hier sehe ich ebenfalls den größten Kritikpunkt. Die Zahl der Vereine, die eine U23 im Spielbetrieb haben kannst du an einer Hand abzählen. Und die, die es im Ligabetrieb gibt werden auch noch angefeindet (Stichwort: Wettbewerbsverzerrung). Hier sollte man überlegen ob nicht eventuell eine U21/23-Liga Sinn ergibt, die dann wie die U19-Bundesliga in regionalen Staffeln mit nationaler Endrunde gespielt werden könnte. Die beste Technik und Theorie ersetzt, in meinen Augen, keine Spielpraxis.
NarrZiss
12.09.2018, 14:34
Hier sehe ich ebenfalls den größten Kritikpunkt. Die Zahl der Vereine, die eine U23 im Spielbetrieb haben kannst du an einer Hand abzählen. Und die, die es im Ligabetrieb gibt werden auch noch angefeindet (Stichwort: Wettbewerbsverzerrung). Hier sollte man überlegen ob nicht eventuell eine U21/23-Liga Sinn ergibt, die dann wie die U19-Bundesliga in regionalen Staffeln mit nationaler Endrunde gespielt werden könnte. Die beste Technik und Theorie ersetzt, in meinen Augen, keine Spielpraxis.
Das halte ich für komplett kontraproduktiv. Das beste Beispiel bildet hierfür aus meiner Sicht das englische System, in dem man eine solche eigene Reserveliga hat. Natürlich bekommen die Spieler hier ihre Spielpraxis, allerdings auf einem unterirdischen Niveau und sind sehr weit vom Profibereich entfernt. Generell wüsste ich kein einziges positives Beispiel einer solchen eigenen U21/U23 Liga.
Allerdings stimme ich dir zu, dass eine zweite Mannschaft in Deutschland schon aktuell in der dritten Liga spielen muss, um ein notwendiges Niveau zu erreichen, um auch nur annähernd als nachhaltiges Sprungbrett zu funktionieren.
Der Übergang von der Jugend zur A-Mannschaft, sprich die Thematik, die du direkt ansprichst, empfinde ich wiederum im internationalen Vergleich (mit Ausnahme von Frankreich) aus den Top Ligen in Deu am wenigsten problematisch.
Ich sehe auch kein Problem darin, dass Jugendspieler von ihren Heimatvereinen zu größeren Vereinen wechseln. Das Problem bleibt für mich weiter da die Ausbildung, aber ansonsten sollten sie in der Theorie bei größeren Vereinen eine bessere, professionellere Ausbildung bzw. Versorgung sowie eine größere Konkurrenz vorfinden, in der sie sich weiterentwickeln können.
k-town1900
12.09.2018, 16:15
So einfach kannst du das nicht sagen. In deinem kleinen Verein bist du meist nicht einer von vielen sondern der beste und lernst so auch Verantwortung zu übernehmen. So zumindest mein Vater als der FCK als ich 12 war angeklopft hat ob ich nicht Lust hätte. Mir hatten die 4 Jahre im Dorfverein noch gut getan bevor der Wechsel kam (der letztendlich doch nicht kam kaputtes Knie).
Was mir bei den jungen heute etwas fehlt ist Eigeninitiative. Da ist letztes Jahr ein U14 Spieler von KL nach Schalke gewechselt mit dem Worten er hätte einen schwachen linken Fuß und der Trainer hätte sich nicht genug darum gekümmert. Ich stand im Tor, hab nach unserem Training meist noch mit denen danach trainiert das waren oft die Herren. Ich hab noch Basketball und Volleyball gespielt wegen Sprungkraft und Auge Hand Koordination. Im Winter noch mit den Radfahrern in der Halle trainiert um Kondition zu bolzen. Im Sommer eigentlich nur auf dem Bolzplatz oder im Schwimmbad (OK abends Kneipe :gluck: ). Ich hab gerne mit älteren trainiert denn nur da konnte ich etwas lernen.
Heute bekommen die jungen "Stars" schon alles an den Arsch getragen. Eigeninitiative gleich null. Allerdings werden sie auch auf Schritt und Tritt kontrolliert. Das gab es zu meiner Zeit nicht. Als der Wechsel zum FCK feststand gab ich ein paar Interviews in der Regionalzeitung, Verbandsgemeindezeitung und Schülerzeitungen das war es dann ansonsten wurde ich komplett in Ruhe gelassen.
Johnny Drama
14.09.2018, 05:07
Da stellst Du, inklusive Deinem Vater, aber eine sehr, sehr vernünftige Ausnahme dar. Genau so sollte die Vorbereitung auf eine eventuelle Profikarriere laufen. Eigener Ansporn, kein ausruhen auf das bereits erreichte und bedachtes Elternhaus/Umfeld.
Läuft heute leider meistens anders...die Kids wollen (Ich kann es einem Kind auch nicht verübeln) so schnell wie möglich bei einem großen Verein spielen und die Eltern werden mit Pseudojobs, bei denen sie einen überdurchschnittlichen Verdienst erhalten, zum Umzug geködert.
Ein ehemaliger Freund hat zu 2. Liga Zeiten in der 2ten von TeBe gespielt. Konnte dort auftrumpfen und wurde in die erste hochgezogen. Durfte dann sogar im DFB Pokal sein Debut in der Startelf feiern und stand kurz vor der Stammelf. Er zog sich dann eine kleinere Verletzung zu, ich glaube Muskelfaserriss, und seinen Platz erhielt dann ein gewisser Christian Tiffert. Das war's dann für die Saison mit den Einsätzen von Anfang an. Ich muss noch erwähnen, dass er auch kein einfacher Charakter ist... er erhielt zur nächsten Saison ein Angebot von Waldhof Mannheim, mit dem damaligen Trainer Uwe Rapolder...der wollte ihn unbedingt. Zu der Zeit hatte Waldhof ne gute talentierte Truppe mit Spielern wie Hanno Balitsch und Selim Teber unter anderem.
Ebenso erhielt er ein Angebot von der 2ten von Hansa Rostock. Er meinte dann: ich gehe zu Hansa und Spiele dann ganz schnell Bundesliga.
Kam anders und nach 2 Jahren ging er dann nach Reutlingen in die zweite Liga. Da war er nach nem halben Jahr raus , weil er Berlin vermisste und keinen Bock mehr hatte im Hotel zu wohnen...
So schmeißt man dann die Chance weg, die tausende gerne gehabt hätten.
Vom Talent her hätte es locker gereicht...Ich war mit zwei späteren Bundesligaspielern auf der Oberschule und habe gegen beide tausende Male gespielt. Einer der beiden hat sogar 2 Länderspiele für Deutschland bestritten. Die beiden hatten nicht mal annähernd sein Niveau, nie!
Zum eigentlichen Thema:
Ausser Havertz sehe ich momentan keinen deutschen Spieler, unter 20 Jahren, dem ich eine große Karriere zutraue.
Nur Mokkouko natürlich...aber da habe ich ja noch ein paar Jahre Zeit um die richtige Schreibweise seines Namens zu üben!
Marky21und23
14.09.2018, 08:52
Meiner Meinung nach sind Jugend- und Herrenbereich 2 komplett unterschiedliche paar Schuhe die ich auch so betrachten muss. Vor allem die reine Betrachtung des "Erfolges" im Jugendbereich geht für mich am Thema vorbei, genauso so zu tun als wären wir jahrzehntelang in drm Bereich führend gewesen. Wer wirklich den Sprung schafft hängt von sovielen (auch nicht kalkulierbaren) Faktoren ab. Auch bei einem Youth League Sieger wird die Stammelf nicht automatisch die nächste Herrenstammelf.
Jugendarbeit funktioniert nun mal immer in Wellen, egal ob auf dem Dorf oder bei einem Bundesligisten. Mal war europäisch Holland oben, dann Frankreich, zurzeit wohl England und Spanien. Ich kann auch nicht auf Bestellung arbeiten so dass 2020 der nächste 6er zur Verfügung steht.
Das mit der polyvalenten Ausbildung ist einerseits natürlich kritisch zu sehen, andererseits erhöht es auch die Chancen in den Kader zu rutschen wenn irgendwo Bedarf ist. Da tut sich jemand der schnell und vielleicht noch halbwegs beidfüßig ist für eine Außenposotion leichter wie eine 9 oder 6. Wobei bei der Diskussion um die fehlende 9 man natürlich auch sagen muss das es für diese spezielle Position gewisse körperliche Voraussetzungen braucht um sich im Herrenbereich behaupten zu können. Auch hier kann ich jetzt keinen züchten. Für die 6 braucht es auch ein gewisses Maß an Erfahrung die mit der Zeit kommt, ein Schweinsteiger oder ein Kroos haben zuerst auch außen angefangen.
Von einer reinen Reserverunde halte ich auch nichts, Spielpraxis sollte wenn möglich schon unter Wettkampfbedingungen ablaufen. Da halte ich zumindest für die ersten beiden Jahre, wenn nicht gleich nach oben durchgestartet wird, die Regionalliga für richtig, mit einer guten Mischung aus anderen Ausbildungsmannschaften, motivierten "Dorf"vereinen sowie dem ein oder anderen Traditionsklub mit höherer Zuschauerzahl.
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