Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Bundesregierung erkennt Völkermord an
Hennig1979
28.05.2021, 13:28
Die deutsche Bundesregierung hat nun also den Völkermord an den Herero und Nama im Kolonialgebiet Deutsch-Südwest (Namibia) als solchen anerkannt!
Daa berührt mich in sofern sehr, als dass ich in Namibia Familie (Onkel) und viele viele Freunde und Bekannte habe. Ich habe vorhin umgehend mit einem Bekannten dort telefoniert. Er hat erzählt, dass sich diese Nachricht - zumindest in seinem Umfeld - in Windhoek gerade verbreitet wie ein Lauffeuer.
Ich kann euch für meinen Teil sagen, dass ich oft in Namibia war und unser Verhältnis zu dem Land immer als etwas komisch empfunden habe. Einerseits gibt es dort immernoch zahlreiche deutsche Namen, Straßen in deutsch, Häuser, deutsche Gemeinden etc etc. Anderseits hatte ich immer das Gefühl, das die Namibianer uns/mich etwas argwöhnisch beobachtet haben. Dabei gibt und gab es immer Ausreißer nach unten oder oben.
Abgesehen von dem, was die Anerkennung jetzt für offizielle Folgen nach sich zieht (Deutschland hat wohl schon Milliarden an Entwicklungshilfe in Aussicht gestellt), glaube ich, dass der heutige Tag ein Gewinn für das Verhältnis beider Länder ist.
Entschuldigt bitte meine überbordende Euphorie; aber durch o.g. Gründe ist das evtl. etwas nachvollziehbar.
Eure Meinung?
Gut ist es schon, dass man es anerkennt. Aber 1,1 Milliarden für die nächsten 30 Jahre als Entschädigung, nach allem, was man Namibia angetan hat und auch in Folge dessen immer noch antut sind ein schlechter Witz.
Duke of Bridgewater
28.05.2021, 15:46
Es war meines Erachtens ohne Zweifel ein Völkermord, also ist es richtig, das anzuerkennen.
Aber was folgt daraus?
Keiner der heutigen Deutschen, die ja die 1,1 Milliarden bezahlen sollen, hat irgendeine Schuld an dem Verbrechen. Warum sollten wir also zu Schadenersatz verpflichtet sein? Natürlich können wir Entwicklungshilfe leisten, und sollten das auch, aber wir sollten klarstellen, dass das keine Pflicht, sondern eine freiwillige Leistung ist.
Und was soll eigentlich die "Entschuldigung" sein?
Man kann sich nicht entschuldigen, man kann nur um Entschuldigung bitten.
ich bitte niemanden darum, den Verbechern von damals zu verzeihen. Sollte es wider Erwarten eine Hölle geben, schmoren sie hoffentlich darin.
Thomas Jay
28.05.2021, 17:32
Ist natürlich gut, sowas einzugestehen. Das kann vielleicht zu einem besseren Verhältnis der Länder beitragen.
Ich weiß nichts über Namibia, kann mir vorstellen (weil Afrika), dass sie Geld gut gebrauchen können und vielleicht wird das Geld ja für Bildung und Wirtschaft nützlich eingesetzt.
Ich würde mir so viel Ehrlichkeit, sowohl bildungs-, innen- als auch außenpolitisch auch in den USA und der Türkei wünschen.
Landnani
28.05.2021, 19:05
Es war meines Erachtens ohne Zweifel ein Völkermord, also ist es richtig, das anzuerkennen.
Aber was folgt daraus?
Keiner der heutigen Deutschen, die ja die 1,1 Milliarden bezahlen sollen, hat irgendeine Schuld an dem Verbrechen. Warum sollten wir also zu Schadenersatz verpflichtet sein? Natürlich können wir Entwicklungshilfe leisten, und sollten das auch, aber wir sollten klarstellen, dass das keine Pflicht, sondern eine freiwillige Leistung ist.
Weil unser Wohlstand, von dem wir heute zehren, auf dem Unrecht der Vergangenheit basiert. Wie diesem.
Duke of Bridgewater
28.05.2021, 19:46
Weil unser Wohlstand, von dem wir heute zehren, auf dem Unrecht der Vergangenheit basiert. Wie diesem.
Soweit ich (bzw. Wikipedia) weiß, ging es damals vor allem um Diamanten. Das heißt, eine private Gesellschaft hat Diamanten gefördert, stand dafür unter dem Schutz des Deutschen Reiches, dessen Truppen den Völkermord begingen. Sicher sind davon auch Gewinne in die Staatskasse geflossen.
Kann man daraus schlussfolgern, dass mein und dein heutiger Wohlstand auf geraubten Diamanten beruhen und wir diese bezahlen müssen? Das bezweifle ich. Das Raubgut wurde, sofern es überhaupt in den öffentlchen Kassen landete, von den Herrschenden im Weltkrieg verpulvert. Wir haben es nicht geerbt, damit ist es auch nicht Grundlage unseres Wohlstandes.
Die Sache verhält sich natürlich bei Dingen wie den Beninbronzen oder etwa auch Kunstgegenständen der Herero anders. Hier handelt es sich um Diebesgut, das sich klar identifizieren lässt.
Im Gegensatz zu Dingen, die jemand hergestellt hat, stellt sich bei Bodenschätzen meines Erachtens auch die Frage, wem die überhaupt gehören. Die Natur hat sie geschaffen, lange bevor es Menschen gab. Im Laufe der Geschichte sind dann verschiedene Völker darüber marschiert, haben kurze oder lange Zeit dort gelebt. Kann man also grundsätzlich sagen, die einen hätten sie den anderen gestohlen, als sie sie förderten?
Weil unser Wohlstand, von dem wir heute zehren, auf dem Unrecht der Vergangenheit basiert. Wie diesem.
Nicht nur auf dem Unrecht der Vergangenheit, Stichwort Post-Kolonialismus. Es ist nicht so, dass die politische Unabhängigkeit der betroffenen Länder auch eine wirtschaftliche Unabhängigkeit bedeutete.
Interessant finde ich die Aussage der heutigen Herero, dass sie bei den Verhandlungen gar nicht zugegeben waren, sondern Deutschland ausschließlich mit Namibias Regierung gesprochen hat.
Das ist in der heutigen Zeit schon ein bisschen dämlich.
An sich finde ich das Bekennen zum Völkermord richtig. Die eine Milliarde ist ja fast schon peanuts für uns. Hoffen wir, dass es Namibia und den Herero und Nama was nutzt.
rantanplan
29.05.2021, 22:12
Im Gegensatz zu Dingen, die jemand hergestellt hat, stellt sich bei Bodenschätzen meines Erachtens auch die Frage, wem die überhaupt gehören. Die Natur hat sie geschaffen, lange bevor es Menschen gab. Im Laufe der Geschichte sind dann verschiedene Völker darüber marschiert, haben kurze oder lange Zeit dort gelebt. Kann man also grundsätzlich sagen, die einen hätten sie den anderen gestohlen, als sie sie förderten?
Die Frage ist: Was ist die Alternative dazu? Also wem könnten die Bodenschätze gehören, wenn nicht den Menschen, die auf dem Boden leben? Natürlich kann man sich eine Utopie ausmalen, dass die Bodenschätze der Welt gehören, also allen, aber das würde man sicherlich sehr schnell als Kommunismus verteufeln.
Und wo ziehst du die Grenze? Beim Bodenschatz an sich, also bei Metallen, Öl usw. zum Beispiel? Oder muss man dann auch hinterfragen, ob jemand Besitzer eines Waldes sein kann?
Duke of Bridgewater
30.05.2021, 16:09
Ich denke, es kann kein rechtmäßiges Eigentum an Grund und Boden oder Bodenschätzen geben. Es hat ja niemand vom lieben Gott persönlich geschenkt bekommen. (Herrscher "von Gottes Gnaden" sind Betrüger.)
Trotzdem muss es natürlich Besitz daran geben, denn wer würde sähen, ein Haus bauen oder eben auch beginnen, nach Bodenschätzen zu suchen, wenn er nicht wüsste, dass er das Ergebnis seiner Arbeit behalten kann. Letztlich muss die Gemeinschaft der Menschen irgendwie entscheiden, wer was nutzen darf, und was er dafür der Gemeinschaft ab- bzw. zurückgeben muss.
(Das wäre natürlich einen eigenen Thread wert, vielleicht auch mit Bezug auf unseren Immobilienmarkt oder das Landgrabbing.)
In Bezug auf Namibia vor ca. 115 Jahren heißt es zunächst einmal, dass die Kolonisten natürlich keinen Anspruch auf Land oder Diamenten hatten, egal ob irgendwer irgendeinem Häuptling eine Unterschrift abgetrickst hat. Wenn überhaupt, hat ein neu ins Land gekommener Siedler das gleiche Stimmmrecht wie jemand, dessen Vorfahren schon seit Menschengedenken dort lebten. Wer Diamanten abbauen will, hätte das also friedlich mit den Einheimischen klären müssen.
So ist das aber in der Menschheitsgeschichte fast nie gelaufen. Es dürfte fast immer auf Betrug oder Gewalt hinausgelaufen sein.
Wäre aber die Geschichte nicht genau so abgelaufen, wie sie geschah, würde kein Mensch in Namibia, Deutschland oder sonstwo als das Individuum leben, das er ist. Davon abgesehen hätten sich Völker, Staaten und Wirtschaftskreisläufe ganz anders entwickelt. (Man denke nur einmal daran, wie das Gold und Silber aus den spanischen Kolonien die Wirtschaft Europas ankurbelte, aber auch Machtverhältnisse auf den Kopf stellte.)
Da wir hier in Deutschland HEUTE zu denen gehören, denen es im Vergleich zum Rest der Welt am besten geht, haben wir (also du und ich, nicht unbedingt unsere Vorfahren) letztlich davon profitiert, dass die Geschichte so und nicht anders gelaufen ist.
Und das heißt meines Erachtens, dass wir die moralische Verpflichtung haben, anderen zu helfen, für die es schlechter gelaufen ist. Das sollte über sinnvolle Entwicklungshilfe laufen, und da wir eine historische Beziehung zum ehemaligen "Deutsch-Südwest" haben, ist es eine gute Sache, dort zu helfen. 1,1 Milliarden in 30 Jahren (also weniger als 50 Cent pro Jahr von jedem Deutschen) sind nun wirklich keine große Ausgabe.
Trotzdem denke ich nicht, dass man die Geschichte rückabwickeln kann. Jeder wurde in eine bestimmte Gesellschaft hineingeboren und ist an nichts schuld, was er nicht tat, anwies oder geschehen ließ, obwohl er es hätte verhindern können.
Insofern schulden wir niemandem eine Entschuldigung für die Taten anderer, oder die Rückgabe von Werten, die im Laufe der Geschichte durch viele Hände gingen.
Wir schulden aber den Menschen in anderen Teilen der Welt (einschließlich Namibias) ein gerechtes Weltwirtschaftssystem.
Landnani
02.06.2021, 08:13
Insofern schulden wir niemandem eine Entschuldigung für die Taten anderer, oder die Rückgabe von Werten, die im Laufe der Geschichte durch viele Hände gingen.
Stimmt. Aber man kann solche Entschuldigungen trotzdem formulieren, stellvertretend für frühere Generationen, die dazu nicht mehr in der Lage sind.
Ich fühle mich bspw. kein bisschen schuldig Deutscher zu sein. Aber da ich die Privilegien genieße, habe ich auch kein Problem damit die Verantwortung zu übernehmen und auch mich mal aus der "Rolle des Deutschen" heraus zu äußern. Zum Beispiel indem ich Mitgefühl für jemanden zeige, dessen Vorfahren in diesem Land vor 80 Jahren ermordet wurden.
Baptist Ziergiebel
02.06.2021, 13:09
Naja, Privilegien. Deutschland lag nach dem 2. WK weitestgehend in Trümmern, die Wirtschaft zerstört, Millionen tot. Irgendwelche Vorteile, die Deutschland bis dahin aus seiner vergleichsweise doch eher geringen kolonialen Vorgeschichte gezogen haben könnte, waren pulverisiert. Alles was heute an Wohlstand, Infrastruktur, Sozialstaat und sonstigen Annehmlichkeiten existiert, ist maßgeblich danach aufgebaut worden und hat mit der kolonialen Vergangenheit ziemlich gegen 0% zu tun. Im Osten noch weniger als im Westen, wohlgemerkt, da war von der Privilegienmonstranz, die heute gerne herum- und als Schlagwort geführt wird, mal gar nichts zu sehen.
Der Anspruch der Herero ist abgesehen davon gerechtfertigt. Ihnen ist damals Leid von Deutschen zugefügt worden und ich nehme mal an, dass ihre heutige Situation oder Stellung immer noch durch die starken Verluste an Menschen und Land gekennzeichnet bzw. eine Folge davon ist. Die Bundesrepublik ist in gewisser Weise Rechtsnachfolger bzw. teilidentisch mit den Vorgängersystemen auf deutschem Boden und hat somit zumindest in in Teilen auch eine Verantwortung übernommen. Ähnlich, wie wenn man etwas erbt und dabei Schulden und Ansprüche Dritter mitbekommt. In dem Zusammenhang finde ich die Zahlung der Milliarde angebracht. Es wäre wohl besser gewesen, die Mittel würden direkt an die Herero und Nama gehen, aber wenn ich`s recht sehe, leben die verteilt in mehreren Staaten. Dürfte schwierig sein, die alle problemlos einzubinden. Gibt es denn Vertreter bzw. eine Organisation, die für alle sprechen kann?
Gruß.
Naja, Privilegien. Deutschland lag nach dem 2. WK weitestgehend in Trümmern, die Wirtschaft zerstört, Millionen tot. Irgendwelche Vorteile, die Deutschland bis dahin aus seiner vergleichsweise doch eher geringen kolonialen Vorgeschichte gezogen haben könnte, waren pulverisiert. Alles was heute an Wohlstand, Infrastruktur, Sozialstaat und sonstigen Annehmlichkeiten existiert, ist maßgeblich danach aufgebaut worden und hat mit der kolonialen Vergangenheit ziemlich gegen 0% zu tun. Im Osten noch weniger als im Westen, wohlgemerkt, da war von der Privilegienmonstranz, die heute gerne herum- und als Schlagwort geführt wird, mal gar nichts zu sehen.
Tut mir leid das so drastisch zu sagen, aber das stimmt so einfach nicht. Sämtliche Importgüter, auch hier in Deutschland, sind immer noch ein Produkt bestehender kolonialer Strukturen und darüber hinaus auch nicht gerade mit fairen Preisen behaftet. Die Unruhen in Ruanda damals, welche schließlich in dem Völkermord mündeten, waren allesamt auf Strukturen begründet, die noch aus der kolonialen Zeit stammten. Die Einteilung in "Hutu" und "Tutsi" wurde damals von den Deutschen vorgenommen und war rassistisch motiviert. Darüber hinaus hatte sie keinen wirklichen, ruandischen Ursprung, Menschen wurden dort einfach nach ihrem Aussehen und ihrer Hautfarbe in diese Gruppe unterteilt. Und die Tutsis genossen nur, weil sie europäischer aussahen, sehr viel mehr Privilegien. Die Kaffee und Tee-Produktion, welche primär für Europa stattfindet, ist im übrigen sehr schlecht für die örtliche Flora. Der IWF hat am Kaffeepreis damals vor dem Genozid zusätzlich noch rumgespielt, sodass Hutu-Bauern noch schlechtere Karten hatten.
Und Post-Kolonialismus beinhaltet nicht nur den Schrecken alter Zeiten, sondern auch zeitgenössisches Versagen der Politik und der Entwicklungshilfe. Aber das würde den Rahmen sprengen.
Baptist Ziergiebel
02.06.2021, 16:01
Ach was drastisch, du drückst dich vernünftig aus und unrecht hast du ja jetzt auch nicht. Von daher, nur zu. Mir ging es jetzt speziell um Namibia und Herero/Nama und etwaige Privilegien, die man als heutiger Deutscher aus der Kolonialzeit von dort noch habe.
Im weiteren Blickwinkel hast du selbstverständlich recht. Dass die koloniale Selbstherrlichkeit der Europäer damals Mitgrundlage für viele heutige Probleme speziell Afrikas ist, ist unbestritten. Zumal das heutzutage "fröhlich" weitergeht, Afrika ist ja mittlerweile zum Selbstbedienungsladen für die ganze Welt geworden. Traurigerweise sehe ich auch nicht, wie der Kontinent aus dieser Falle herauskommen kann. Faire Preise mögen ein Mittel sein, können durch Konzernmächte aber ausgekontert werden. Entwicklungshilfe? Schon schwieriger, mein ich. Da stellen sich die Fragen, wo setzt man an? Ist das nicht eventuell schon wieder eine Art koloniales Gönnertum? Wem gibt man was und ganz wichtig, wem nicht? Entstehen da nicht wieder Konflikte draus, wenn den einen geholfen wird, den andren nicht?
Wie oben angedeutet, die 1,1 Milliarden gehen wohl an die Regierung Namibias, nicht direkt an die Herero/Nama, was wieder für Unstimmigkeiten sorgt.
Gruß.
Duke of Bridgewater
02.06.2021, 18:54
Sämtliche Importgüter, auch hier in Deutschland, sind immer noch ein Produkt bestehender kolonialer Strukturen und darüber hinaus auch nicht gerade mit fairen Preisen behaftet
Ich denke, das ist ein Problem, an das sich kein Politiker der früher so genannten "Ersten Welt" wagen möchte.
Wir beziehen Rohstoffe und Waren aus Ländern, die früher (nicht zwingend unsere) Kolonien waren oder auch auf andere Weise an der Entwicklung gehindert werden. Das ist nicht ausschließlich zu unserem Vorteil, denn unsere eigenen Produzenten können da ja oft nicht mithalten, wodurch Arbeitsplätze verloren gehen.
In einem gerechten Weltwirtschaftssystem müssten wir in gleichem Umfang in diese Länder exportieren, etwa hochwertige Industrieprodukte, bei denen wir immer noch einen Vorsprung haben. Aber tun wir das? Es wandert ja auch die Produktion solcher Güter immer mehr nach Asien ab.
Wir entwickeln uns immer mehr zur postindustriellen "Dienstleistungs- und Informationsgesellschaft". Wir müssten also Dienstleistungen und Informationen exportieren, um Rohstoffe, Fertigprodukte und Nahrungsmittel zu importieren. Meines Erachtens exportieren wir (euphemistisch ausgedrückt) vor allem Finanzdienstleistungen. Das heißt, dadurch, dass die Länder bei uns verschuldet sind und wir große Anteile an den Minen und Fabriken halten, kommt das Geld auch so zu uns zurück.
Dadurch werden die Löhne in den ehemaligen Kolonien niedrig gehalten, womit die Rechnung noch aufgeht. Aber nicht mehr lange, denn Schuldscheine und Aktien wandern immer mehr nach China. Irgendwann geht es der gesamten "Ersten Welt" wie Griechenland. Wir stellen nicht mehr genug her und das Geld, um es zu kaufen, kommt nicht mehr in ausreichender Menge herein. Das wird ein böses Erwachen.
Wir sind also schon aus Eigeninteresse an einem planvollen Wechsel zu einem gerechten Weltwirtschaftssystem interessiert. Aber das hieße, dass wir sehr viel mehr für Waren und Dienstleistungen bezahlen müssten, und das es keine Arbeit gibt, für die sich Deutsche zu fein sein dürfen. Kann man das dem Wähler vermitteln?
Marky21und23
02.06.2021, 19:44
Ich denke, das ist ein Problem, an das sich kein Politiker der früher so genannten "Ersten Welt" wagen möchte.
Wir beziehen Rohstoffe und Waren aus Ländern, die früher (nicht zwingend unsere) Kolonien waren oder auch auf andere Weise an der Entwicklung gehindert werden. Das ist nicht ausschließlich zu unserem Vorteil, denn unsere eigenen Produzenten können da ja oft nicht mithalten, wodurch Arbeitsplätze verloren gehen.
In einem gerechten Weltwirtschaftssystem müssten wir in gleichem Umfang in diese Länder exportieren, etwa hochwertige Industrieprodukte, bei denen wir immer noch einen Vorsprung haben. Aber tun wir das? Es wandert ja auch die Produktion solcher Güter immer mehr nach Asien ab.
Wir entwickeln uns immer mehr zur postindustriellen "Dienstleistungs- und Informationsgesellschaft". Wir müssten also Dienstleistungen und Informationen exportieren, um Rohstoffe, Fertigprodukte und Nahrungsmittel zu importieren. Meines Erachtens exportieren wir (euphemistisch ausgedrückt) vor allem Finanzdienstleistungen. Das heißt, dadurch, dass die Länder bei uns verschuldet sind und wir große Anteile an den Minen und Fabriken halten, kommt das Geld auch so zu uns zurück.
Dadurch werden die Löhne in den ehemaligen Kolonien niedrig gehalten, womit die Rechnung noch aufgeht. Aber nicht mehr lange, denn Schuldscheine und Aktien wandern immer mehr nach China. Irgendwann geht es der gesamten "Ersten Welt" wie Griechenland. Wir stellen nicht mehr genug her und das Geld, um es zu kaufen, kommt nicht mehr in ausreichender Menge herein. Das wird ein böses Erwachen.
Wir sind also schon aus Eigeninteresse an einem planvollen Wechsel zu einem gerechten Weltwirtschaftssystem interessiert. Aber das hieße, dass wir sehr viel mehr für Waren und Dienstleistungen bezahlen müssten, und das es keine Arbeit gibt, für die sich Deutsche zu fein sein dürfen. Kann man das dem Wähler vermitteln?
So lange man es nicht mal im eigenen Land schafft überall für gleiche Lebens- und Einkommensverhältnisse zu sorgen, braucht man sich über den Wähler keine Sorgen machen ;)
So lange es noch Weltmachsfantasien wie in USA & China gibt, ist ein nationaler Alleingang bei einem globalen Problem in die Richtung sowieso sinnlos. Sich aus Afrika zurückzuziehen und diesen beiden das Feld zu überlassen, trägt auch sicher nicht zur Besserung vor Ort bei. Zudem geben unterschiedliche Bevölkerungsstrukturen und "Bedürfnisse" dieses modellhafte Exportgleichgewicht dauerhaft gar nicht her.
k-town1900
02.06.2021, 20:05
Solange es so weiter geht sind die 1,1 Milliarden nur ein Tropfen auf dem heißen Stein und am Ende fließt das Steuergeld doch nur wieder zurück in die großen Taschen der sowieso schon Reichen Bevölkerung und die Armen zahlen das meiste davon nicht nur in Afrika sondern auch in der EU:
https://www.zdf.de/dokumentation/zdfzoom/der-irrsinn-mit-der-milch-100.html
China hängt sich da auch seit Jahren mit rein (nicht nur) bei den Tomaten:
https://www.zdf.de/dokumentation/zdfinfo-doku/rotes-gold--die-geheimnisse-der-tomatenindustrie-100.html
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